Weiter so mit der GroKo – auch im Unternehmensrecht

Nach dem positiven SPD-Mitgliederentscheid steht nun fest, dass die GroKo ihre Arbeit aufnehmen kann. Daher lohnt es sich jetzt, einen Blick in den Koalitionsvertrag zu werfen, um festzustellen, welche Änderungen für Unternehmen die neue Bundesregierung plant.
Der Koalitionsvertrag enthält an mehreren Stellen mehr oder minder konkrete Aussagen über Reformvorhaben im Bereich des Unternehmensrechts:

1.) Sanktionsmöglichkeiten gegenüber Unternehmen

Zur Eindämmung der Wirtschaftskriminalität hat es sich die neue GroKo zum Ziel gesetzt, diese „wirksam“ und „angemessen“ zu verfolgen. Dies soll dadurch erreicht werden, dass zukünftig auch die vom Fehlverhalten von Mitarbeitern profitierenden Unternehmen stärker sanktioniert werden. Die Verfolgung des jeweiligen Unternehmens stand bisher im Ermessen der Behörden. Künftig soll dieser Ermessensspielraum wegfallen und durch einen Verfolgungszwang inklusive der Möglichkeit einer vorzeitigen Verfahrenseinstellung ersetzt werden.

Daneben will die neue Bundesregierung die geltenden Obergrenzen für Bußgelder ggü. Unternehmen überarbeiten. Diese seien „für kleinere Unternehmen zu hoch und für große Konzerne zu niedrig.“ Daher soll sich die Höhe zukünftig an der Wirtschaftskraft des Unternehmens orientieren. Für Unternehmen mit einem Umsatz von mehr als 100 Mio. € soll die Höchstgrenze zukünftig bei 10 % des Umsatzes liegen. Dass dies bereits nach der geltenden Rechtslage möglich ist, um die aus den vorgeworfenen Straftaten und Ordnungswidrigkeiten erlangte Vermögensvorteile abzuschöpfen, verschweigt der Koalitionsvertrag allerdings. Außerdem sollen „weitere Sanktionsinstrumente“ geschaffen werden, ohne diese jedoch konkret zu benennen.

Schließlich plant die GroKo, die gegen Unternehmen verhängten Sanktionen „auf geeignetem Weg öffentlich bekannt“ zu machen Auch hier bleibt der Koalitionsvertrag jedoch Einzelheiten schuldig. Ob eine solche Veröffentlichung von Sanktionen wegen der damit einhergehenden „Pranger-Wirkung“ verfassungskonform geregelt werden kann, bleibt abzuwarten.

2.) Interne Untersuchungen rechtssicher gestalten

Auch die „Internal Investigations“ finden sich im Koalitionsvertrag wieder. Auslöser hierfür waren wohl unter anderem die internen Untersuchungen bei VW zum Dieselskandal, die durch eine Kanzlei durchgeführt wurden.

Bisher gelten für in solchen internen Untersuchungen erhaltene Informationen die Privilegien des Anwaltsgeheimnisses. Die künftige Bundesregierung plant nun neue gesetzliche Regelungen wie mit solchen Daten bei Durchsuchung und Beschlagnahme im Unternehmen umzugehen ist.

Verbindliche Regelungen für die strafmindernde Wirkung von internen Ermittlungen fehlen bisher in der deutschen Rechtsordnung völlig, solche sieht der Koalitionsvertrag nun erstmals vor.

Beide Neuregelungen liegen insgesamt durchaus im Interesse der betroffenen Unternehmen, da diese durch interne Untersuchungen die Aufklärung aktiv fördern und damit die zu erwartenden Strafzahlungen spürbar reduzieren können.

Durch die Möglichkeit, einen Strafabschlag zu erhalten, wird die Bedeutung der Früherkennung etwaiger Regelverstöße durch geeignete Compliance-Management-Systeme noch weiter zunehmen.

3.) Grenzüberschreitende Sitzverlegung

Laut Koalitionsvertrag wird sich die neue Bundesregierung „für eine europäische Harmonisierung der Regelungen der grenzüberschreitenden Sitzverlegung  von Kapitalgesellschaften“ einsetzen. Die bereits Jahre andauernde – ergebnislose – Diskussion um eine Sitzverlegungs-Richtlinie zur Erleichterung der Sitzverlegung lässt jedoch wenig Hoffnung aufkommen, dass die GroKo dieses Thema erfolgreich zu einem Abschluss führen kann.

4.) Europäische Privatgesellschaft

Auch die Schaffung einer neuen europäischen Gesellschaftsform, die Europäische Privatgesellschaft (SPE), möchte die GroKo fördern. Dieses Ziel stand allerdings bereits im vorherigen Koalitionsvertrag. Wirklich Zählbares zur SPE gibt es jedoch bis heute noch nicht. Dies lag nicht zuletzt auch am Widerstand der Bundesrepublik, die bei der Schaffung der SPE auf die Geltung der Arbeitnehmermitbestimmung pochte.

5.) Onlineregistrierung

Die Digitalisierung macht auch vor den Handelsregistern nicht halt. Laut Koalitionsvertrag möchte sich die Bundesregierung in diesem Zusammenhang auch auf europäischer Ebene für eine effektive und präventive Kontrolle einsetzen, um die Richtigkeit der Eintragungen und den Vertrauensschutz öffentlicher Register zu gewährleisten. Einfache Online-Anmeldungen lehnt der Koalitionsvertrag gänzlich ab. Angesichts der von der Europäischen Kommission vorgesehenen digitalen Begleitung von Unternehmen von der Gründung bis zur Liquidation (COM (2016) 710 final), bleibt abzuwarten, wie sich die neue Bundesregierung hierzu verhalten wird.

6.) Reform des Personengesellschaftsrechts

Die GroKo plant, das Recht der Personengesellschaften zu reformieren und hierdurch „an die Anforderungen eines modernen, vielfältigen Wirtschaftslebens“ anzupassen. Hierfür soll eine Expertenkommission eingesetzt werden, die Vorschläge für eine „ grundlegende Reform“ erarbeiten soll. Auch hier bleibt die neue Bundesregierung jedoch vage. Am Ehesten dürften hier Anpassungen der Gesetzeslage an die jüngere Rechtsprechung des BGH zu erwarten sein.

7.) Neue Gesellschaftsform für Forschungskooperationen

Zur Erleichterung der Arbeit von Forschungskooperationen ist die Prüfung der Einführung einer hierauf zugeschnittenen Rechtsform vorgesehen. Die neue Bundesregierung reagiert hiermit auf den Umstand, dass es in der Praxis an einer geeigneten Rechtsform für die Zusammenarbeit in der Forschung fehlt. Scheuen die Kooperationspartner die Gründung einer GmbH oder UG, verbleibt in der Praxis meist nur die BGB-Gesellschaft mit den damit einhergehenden Haftungsrisiken für die Kooperationspartner.

Fazit

Der neue Koalitionsvertrag enthält einige Absichtserklärungen, aber auch konkrete Maßnahmen. Gerade im Bereich der Unternehmenssanktionen dürfte von den neu zu schaffenden Verfahrens- und Sanktionsregelungen bei den Ermittlungsbehörden rege Gebrauch gemacht werden.

Völlig neu und begrüßenswert ist die Schaffung gesetzlicher Vorgaben für die Strafzumessung, wenn Unternehmen mittels interner Untersuchungen die Aufklärung von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten aktiv fördern.

Auch die Schaffung einer neuen, auf die Bedürfnisse von Forschungskooperationen zugeschnittenen Gesellschaftsform ist wünschenswert, um den Forschungsstandort Deutschland zu erhalten und auszubauen.