Gesetzesänderung zur Vergütung von Betriebsräten: Folgen für die Praxis?

Im November 2023 hat die Bundesregierung das „Zweite Gesetz zur Änderung Betriebsverfassungsgesetzes“ beschlossen. Nachdem der Bundesrat dem Entwurf im Dezember 2023 zugestimmt hat, fehlt nur noch die Beratung im Bundestag. Kern des Gesetzes ist die Klarstellung der Grundsätze, die für die Vergütung von Betriebsräten gelten.

Hintergrund

Die Vergütung der Betriebsräte war bislang nur rudimentär gesetzlich geregelt. Es war vor allem normiert, dass sie ohne Gehaltseinbußen von ihrer beruflichen Tätigkeit im notwendigen Umfang freigestellt werden. Dabei sollten sie die Vergütung erhalten, die ohne Ausübung des Ehrenamts verdient worden wäre. Aber wie bemisst man das? Im Gesetz war bislang lediglich geregelt, dass dieses Entgelt nicht geringer sein darf als das vergleichbarer Arbeitnehmer. Gleichzeitig muss beachtet werden, dass ein Betriebsratsmitglied für seine Tätigkeit weder benachteiligt noch begünstigt werden darf. Mit Leben gefüllt wurden die dürren gesetzlichen Regelungen in der Vergangenheit durch die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG).

Diese Grundsätze haben in der Praxis nicht selten zu Unsicherheiten bei der richtigen Bemessung des Arbeitsentgelts geführt und wurden durch ein Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 10. Januar 2023 (Az.: 6 StR 133/22) noch massiv verstärkt, weil der BGH andere und vom BAG abweichende Kriterien zur Ermittlung der Vergütungshöhe angeführt hat.

Gesetzliche Änderungen

Mit dem Änderungsgesetz werden an zwei bestehende Vorschriften (§ 37 Abs. 4 und § 78 BetrVG) Ergänzungen vorgenommen. Tatsächlich handelt es sich um keine wirkliche „Neuregelung“, sondern im Wesentlichen eine Klarstellung der aktuellen Rechtslage unter Berücksichtigung der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts.

So wird beispielsweise ein wesentlicher Unsicherheitsfaktor beseitigt, weil im Gesetz jetzt geregelt ist, auf welchen Zeitpunkt abzustellen ist, um die Vergleichsgruppe, nach der sich das hypothetische Gehalt des Betriebsratsmitglieds bemessen lassen soll, festzulegen. Aber damit nicht genug: Diese Gesetzesänderung schafft auch mehr Flexibilität, weil aus gegebenem Anlass eine spätere Neubestimmung möglich sein soll. Auch mehr Transparenz wird ermöglicht, weil klargestellt wird, dass die Betriebsparteien auch selbst das Verfahren zur Bildung der Vergleichsgruppen – oder sogar konkrete Vergleichspersonen – vorab festlegen dürfen. Der Gesetzgeber räumt bei diesen individuellen Vereinbarungen den Betriebsparteien einen großen Entscheidungsspielraum ein, weil diese nur auf „grobe Fehlerhaftigkeit“ überprüft werden können. Solange sich nicht an sachfremden Kriterien orientiert wird, sondern an solchen, die auf die konkrete berufliche Tätigkeit und die jeweils erforderlichen Qualifikationen abzielen, ist das im Einklang mit der gesetzlichen Regelung.

Der Gesetzgeber stellt außerdem nun klar: Das Betriebsratsmitglied soll vor finanziellen Nachteilen wegen seiner Ehrenamtstätigkeit geschützt werden. Der Mindestanspruch aus § 37 Abs. 4 BetrVG stellt nicht zugleich auch einen Höchstanspruch dar. Das bedeutet: Das Betriebsratsmitglied hat einen Anspruch auf Entgelterhöhung, wenn dessen Arbeitsentgelt hinter dem vergleichbarer Arbeitnehmer bei betriebsüblicher Entwicklung zurückbleibt.

Der Gesetzgeber versucht auch, das für Betriebsratsmitglieder bestehende Benachteiligungs- und Begünstigungsverbot insofern zu konkretisieren, dass er klarstellt, wann bei der Bemessung deren Arbeitsentgelts kein Verstoß gegen dieses Verbot vorliegt: Nämlich dann, wenn das Betriebsratsmitglied die konkreten Stellenanforderungen erfüllt und kein anderer Bewerber vorzugswürdig ist. Vereinfacht gesagt: Hätte das Betriebsratsmitglied den Bewerbungsprozess für sich entschieden – auch wenn er z.B. aufgrund einer (vollständigen) Freistellung tatsächlich nicht auf der Stelle arbeiten kann – ist es gerechtfertigt, ihm das entsprechende Arbeitsentgelt zu zahlen.

Fazit

Die Gesetzesänderung hat primär klarstellende Wirkung, weil vor allem die Rechtsprechung des BAG zugrunde gelegt wurde. Wer sich bislang an diesen Grundsätzen orientiert hat, muss sich nach Inkrafttreten der Gesetzesänderung nicht wesentlich umstellen. Gleichwohl stellt die umfangreiche Gesetzesbegründung eine hilfreiche und komprimierte Zusammenfassung der Rechtsprechung dar. Zudem enthält sie auch einige wertvolle Hinweise für den praktischen Umgang und die Bemessung der Vergütung von Betriebsratsmitgliedern. Darauf können und sollten Arbeitgeber wie auch Betriebsratsmitglieder als „Leitfaden“ bei Bedarf zurückgreifen.