Update: Die GmbH ist online!

Im Beitrag vom 11. März 2021 haben wir über den Gesetzesentwurf zur Umsetzung der EU-Digitalisierungsrichtlinie berichtet. Die Gründung von Gesellschaften und die Errichtung von Zweigniederlassungen soll europaweit zunehmend digitalisiert und die zugehörigen Verfahren sollen vereinfacht werden. Das deutsche Gesetz zur Umsetzung der Digitalisierungsrichtlinie (DiRUG) ist seit dem 1. August 2022 in Kraft. Kurz vor Inkrafttreten des DiRUG hatte die Ampelregierung zudem nochmals nachgebessert mit dem Gesetz zur Ergänzung der Regelungen zur Umsetzung der Digitalisierungsrichtlinie (DiREG); auch die Änderungen durch das DiREG traten teilweise schon am 1. August 2022 in Kraft.

Es gelten damit grundlegende Neuerungen:

Online-Gründung

Die Bar-Gründung einer GmbH ist nun auch online möglich. Hierfür wurde vor allem das Beurkundungsgesetz geändert, um die gesetzlichen Rahmenbedingungen für eine notarielle Beurkundung per Videokommunikation zu schaffen. Beteiligte müssen sich mittels eines elektronisch übermittelten Lichtbildes und eines qualifizierten elektronischen Identitätsnachweises eines EU- oder EWR-Staates identifizieren, z.B. mit einem deutschen Personalausweis mit eID-Funktion. Die – ebenfalls elektronisch zu erstellende – Niederschrift des Notars ist mit qualifizierten elektronischen Signaturen zu versehen.

Weiter besteht jetzt die Möglichkeit, auch die öffentliche Beglaubigung qualifizierter elektronischer Signaturen per Videokommunikation durchzuführen, z.B. für Handelsregisteranmeldungen. Die Beglaubigung mittels Videokommunikation war ursprünglich nur für Einzelkaufleute und Kapitalgesellschaften vorgesehen, wurde aber durch das DiREG zwischenzeitlich umfassend ausgestaltet. Online-Registeranmeldungen sind nach dem DiREG auch zum Genossenschafts- und Partnerschaftsregister bereits zulässig, zum Vereinsregister jedoch erst ab dem 1. August 2023.

Auch die Vollmacht zur Gründung einer GmbH kann nach dem DiREG schon jetzt per Videokommunikation beglaubigt werden. Möglich ist darüber hinaus die Einreichung einer Gesellschafterliste mit qualifizierter elektronischer Signatur.

Nach den Änderungen durch das DiREG wird die Online-GmbH-Gründung ab dem 1. August 2023 schließlich auch für Sachgründungen und gemischte Bar- und Sachgründungen möglich sein. Das Online-Beurkundungsverfahren wird ferner für einstimmig gefasste Beschlüsse zur Satzungsänderung sowie für Kapitalmaßnahmen bei der GmbH geöffnet werden. Auch 2023 nach wie vor nicht online möglich ist die Gründung unter Einbringung von Gegenständen, deren Übertragung ihrerseits eine notarielle (Präsenz-) Beurkundung erfordert, z.B. die Gründung unter Einbringung von GmbH-Geschäftsanteilen oder von Immobilien.

Kostenlose Abrufe aus dem Handelsregister

Für den Abruf von Informationen und Dokumenten aus dem Handelsregister fallen keine Gebühren mehr an. Entsprechendes gilt für Abrufe aus dem Vereins-, Partnerschafts- und Genossenschaftsregister. Die Kosten für die Bereitstellung dieser Daten und Dokumente soll durch Erhebung einer Bereitstellungsgebühr bei den eingetragenen Rechtsträgern kompensiert werden.

Online-Bekanntmachung von Handelsregisterinformationen

Einer separaten Bekanntmachung von zum Handelsregister einzureichenden Informationen in einem Amtsblatt oder auf einem weiteren Portal bedarf es nicht mehr. Es genügt, dass die Eintragung im Handelsregister erstmalig online abrufbar ist. Sie gilt dann mit Ablauf des Tages der Eintragung als bekannt gemacht.

Die Einreichung von Rechnungslegungsunterlagen und Unternehmensberichten, also etwa von Jahresabschlüssen, zur Offenlegung erfolgt künftig nur noch zum Unternehmensregister als zentraler Plattform für die Zugänglichmachung von Unternehmensdaten, und nicht mehr zum Bundesanzeiger. Auch der Abruf von Unterlagen erfolgt nur noch über das Unternehmensregister.

Grenzüberschreitender Informationsaustausch über Zweigniederlassungen

In das Handelsregister sind nunmehr auch Informationen über ausländische Zweigniederlassungen einer inländischen Kapitalgesellschaft einzutragen, die dem Recht eines anderen Mitgliedsstaates der EU oder eines EWR-Staates unterliegen, und zwar u.a. bzgl. ihrer Errichtung oder Aufhebung, ihrer Firma, ihres Sitzes, der Geschäftsanschrift usw.

Für die Anmeldung und Eintragung der Zweigniederlassungen einer EU- oder EWR-Kapitalgesellschaft im Inland wurden ebenfalls Erleichterungen eingeführt, so z.B. ebenfalls im Hinblick auf die Möglichkeit der Online-Beglaubigung der Registeranmeldung.

Grenzüberschreitender Informationsaustausch über disqualifizierte Geschäftsführer

Außerdem wurde der grenzüberschreitende Informationsaustausch im Hinblick auf disqualifizierte Geschäftsführer ausgebaut. Nach deutschem Recht muss ein Geschäftsführer gegenüber dem Registergericht versichern, dass er in den zurückliegenden fünf Jahren im In- und Ausland nicht wegen einer in § 6 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 und 3 GmbHG genannten Straftat verurteilt wurde. Entsprechendes gilt für den Vorstand einer AG. Das Unternehmensregister soll hierzu ausländische Anfragen beantworten und Informationsersuchen deutscher Gerichte an die zuständigen ausländischen Stellen weiterleiten. Aus deutscher Sicht sind Gegenstand des Informationsaustauschs insbesondere Informatio-nen aus dem Bundeszentralregister oder dem Gewerbezentralregister, die dann ggf. im betreffenden EU- oder EWR-Mitgliedsstaat die Disqualifikation des Geschäftsführers nach sich ziehen.

Darüber hinaus führen ab dem 1. Januar 2023 auch im Ausland ausgesprochene Berufs- und Gewerbeverbote zur Disqualifikation von Geschäftsführern oder Vorständen deutscher Gesellschaften (§ 6 Abs. 2 S. 3 GmbHG bzw. § 76 Abs. 3 S. 3 AktG in Verbindung mit § 11 EGGmbHG und § 26m EG-AktG).

Fazit

Es ist selbstverständlich zeitgemäß und zu begrüßen, dass auch das Verfahren zur Gesellschaftsgründung sowie das Handelsregisterverfahren weiter modernisiert und digitalisiert werden. Insbesondere die Erweiterungen des DiRUG durch das DiREG haben die Digitalisierung des Gesellschaftsrechts in Deutschland maßgeblich vorangetrieben. Es werden zahlreiche Möglichkeiten eröffnet, die sicherlich geeignet sind, das Gründungsverfahren oder die Beschlussfassung für GmbH-Gesellschafter deutlich zu erleichtern. So sollen etwa auch gemischte Online- und Präsenzbeurkundungen möglich sein, was z.B. einem im Ausland ansässigen Gesellschafter die Anreise ersparen kann. Wie sich die Verfahren in der Praxis bewähren, muss sich noch zeigen. Viele Beteiligte verfügen möglicherweise noch nicht über die erforderliche eID und Ausrüstung zur elektronischen Identifizierung und Signatur. DiRUG und DiREG halten zudem auch für Online-Beurkundungen am Amtsbereich des Notars fest, d.h. der Notar darf die Beurkundung online nur vornehmen, wenn ein Bezug zu seinem Amtsbereich besteht, also etwa die zu gründende Gesellschaft ihren Sitz im Amtsbereich des Notars nimmt (§ 10a Abs. 3 BNotO), was etwas aus der Zeit gefallen wirkt.

Ob der erhoffte Beschleunigungseffekt im Gründungsverfahren tatsächlich eintritt, erscheint zumindest bei Gründungen durch ausländische Gesellschaften zweifelhaft. Für diese ist das Online-Beurkundungsverfahren zwar besonders interessant. In der Praxis verzögert sich die GmbH-Gründung aber häufig durch den langwierigen Prozess der Eröffnung eines Bankkontos im Inland oder infolge der gegenüber dem Registergericht nach wie vor vorzulegenden Nachweise zur Gründungsgesellschaft, also etwa ausländische Gesellschaftsdokumente, beglaubigt und mit Apostille versehen oder legalisiert, usw. Auch eine notariell beglaubigte und legalisierte Vollmacht aus dem Ausland ist dem beurkundenden Notar nach wie vor in Urschrift oder Ausfertigung vorzulegen. Gründer aus Drittstaaten, z.B. aus den U.S.A. oder Großbritannien, können das Online-Verfahren schon mangels der erforderlichen Identifizierungsmöglichkeiten nicht in Anspruch nehmen.

Bei Fragen oder Anregungen zu diesem Beitrag kontaktieren Sie mich gerne unter v.berger@melchers-law.com.