Mitarbeiterbeteiligungen an Start-ups werden steuerlich attraktiver

Seit dem 1. Juli 2021 gelten wesentliche Teile des neuen Fondsstandortgesetzes (FoStoG) (siehe hierzu auch Blog-Beitrag vom 25. Februar 2021). Das Gesetz enthält bedeutsame Änderungen für die Besteuerung von Mitarbeiterkapitalbeteiligungen. Die direkte Beteiligung von Mitarbeitern an Start-ups wird durch die Neuregelungen steuerlich attraktiver. Ob die Änderungen den gewünschten Beitrag zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandorts Deutschland und insbesondere der hiesigen Start-up-Szene leisten können, muss sich zeigen.

Bisher galt: Die direkte Beteiligung unterlag im Zeitpunkt des Erwerbs der Lohn- und Einkommenssteuer

Direkte Kapitalbeteiligungen werden einem Mitarbeiter üblicherweise nicht zum Verkehrswert, sondern regelmäßig vergünstigt oder sogar zum Nominalwert übertragen. Übersteigt der tatsächliche Wert der Unternehmensbeteiligung im Zeitpunkt des Erwerbs durch den Mitarbeiter den von diesem zu zahlenden Kaufpreis, führte dies bei dem betreffenden Mitarbeiter bislang zu Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit und unterlag als geldwerter Vorteil der Lohnsteuer. Da der Mitarbeiter die Beteiligung üblicherweise zunächst halten und nicht veräußern will oder kann (Sperrfrist für Belegschaftsaktien), kam regelmäßig eine hohe Steuerbelastung auf ihn zu, ohne dass tatsächlich ein Liquiditätszufluss erfolgte (Besteuerung von sog. „dry income“). Trotz womöglich guter Aussichten auf eine Steigerung des Anteilswertes und erhebliche Kapitalerträge – beides deutlich günstiger zu versteuern und insbesondere auch im Vergleich zur Besteuerung von Auszahlungen aus einer virtuellen Beteiligung vorteilhaft – waren direkte Beteiligungen an Start-ups, die schon einen erheblichen Unternehmenswert gebildet hatten, daher bislang letztlich unattraktiv. Der steuerliche Freibetrag in Höhe von 360 Euro fiel insoweit kaum ins Gewicht.

Neuerungen durch FoStoG: Erhöhung des Freibetrages und Aufschub der Besteuerung

Hier setzen die seit dem 1. Juli 2021 geltenden Neuerungen durch das FoStoG an: Der steuerliche Freibetrag wird von bisher 360 Euro auf 1.440 Euro angehoben (§ 3 Nr. 39 EStG). Darüber hinaus wird erneut ein neuer § 19a in das Einkommenssteuergesetz (EStG) eingefügt für Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit bei Vermögensbeteiligungen. Die Neuregelung gilt für Kapitalbeteiligungen von Mitarbeitern an solchen Unternehmen, die unter die EU-Definition von Kleinstunternehmen sowie kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) fallen und deren Gründung nicht länger als 12 Jahre zurückliegt. Neue Kapitalbeteiligungen für Mitarbeiter solcher Unternehmen, die vergünstigt oder unentgeltlich gewährt werden, sollen im Jahr der Übertragung mit Zustimmung des Mitarbeiters im Lohnsteuerabzugsverfahren nicht der Besteuerung durch die Lohnsteuer unterliegen; lediglich die Abgaben zur Sozialversicherung fallen an. Eine Besteuerung als geldwerter Vorteil soll nach Maßgabe des neuen § 19a Abs. 4 EStG vielmehr erst dann erfolgen, wenn (1) die Vermögensbeteiligung übertragen wird, (2) seit Übertragung der Vermögensbeteiligung 12 Jahre vergangen sind, oder (3) das Dienstverhältnis zum bisherigen Arbeitgeber beendet wird.

Das Gesetz regelt damit letztlich einen Aufschub der Besteuerung, was die direkte Kapitalbeteiligung am Unternehmen zunächst durchaus attraktiver erscheinen lässt. Abweichend vom Regierungsentwurf wurde auch der steuerliche Freibetrag nochmals weiter angehoben, statt wie ursprünglich vorgesehen auf 720 EUR nunmehr auf 1.440 EUR – was allerdings immer noch eher dürftig erscheint. Vom neuen § 19a EStG werden auch mittelbare Beteiligungen erfasst, wenn ein Mitarbeiter also über eine Beteiligungsgesellschaft am betreffenden Start-up beteiligt ist, sofern die Beteiligungsgesellschaft eine Personengesellschaft ist. Schwierigkeiten könnten sich im Hinblick auf die Bewertung der Beteiligung im Zeitpunkt des Erwerbs ergeben, da insbesondere bei jungen Start-ups die Zukunftsaussichten als Parameter für die Unternehmensbewertung mit hohen Unsicherheiten verbunden sind und die gängige Fortschreibung anhand der Vergangenheitsdaten zur Bewertung nicht geeignet ist. § 19a Abs. 4 EStG sieht aber immerhin vor, dass im Falle eines Wertverlustes seit dem Anteilserwerb im Zeitpunkt der Besteuerung der Verkehrswert der Beteiligung (abzüglich geleisteter Zuzahlungen) maßgeblich sein soll. Kritisiert wird an der Neuregelung, dass der Besteuerungsaufschub nach Zeitablauf oder bei einem Arbeitgeberwechsel endet, was letztlich zu einem späteren Zeitpunkt doch zur Besteuerung von „dry income“ oder aber faktisch zu einer unangemessenen Einschränkung des Kündigungsrechts des Mitarbeiters führen kann. Die Vor- und Nachteile der Neuregelung sowie ihre Anwendungsvoraussetzungen sollten daher im Einzelfall geprüft und abgewogen werden. Für jegliche Form der virtuellen Beteiligung oder sonstige geldwerte Vorteile, z.B. Entgeltumwandlungen, gilt die Neuregelung nicht. Für virtuelle Beteiligungen erfolgt die Besteuerung aber ohnehin erst in dem Zeitpunkt, in dem der Mitarbeiter eine Auszahlung erhält.

Fazit

Trotz offener Fragen und teils berechtigter Kritik dürften die Änderungen durch das FoStoG im Grundsatz dazu beitragen, die direkte Beteiligung an einem Start-up für Mitarbeiter attraktiver zu machen. Der nach wie vor geringe Freibetrag von EUR 1.440 schränkt den Anwendungsbereich allerdings ein. Abgesehen davon sollte seitens des Mitarbeiters dem Besteuerungsaufschub nur nach näherer Prüfung und Abwägung der Vor- und Nachteile einer späteren Besteuerung zugestimmt werden. Die Neuregelungen des FoStoG gelten erstmals für Beteiligungen, die nach dem 30.06.2021 erworben werden.