Die Auswirkungen der Corona-Pandemie sind nach wie vor allgegenwärtig und bestimmen weiterhin nicht nur unser tägliches Leben, sondern in besonderem Maße auch das Arbeitsleben. Gerade der Arbeitgeber wird hierbei immer wieder vor neue Herausforderungen gestellt.
Im Rahmen des Arbeitsverhältnisses treffen den Arbeitgeber hinsichtlich Gesundheit und Leben seiner Arbeitnehmer besondere Fürsorge- und Schutzpflichten. Der Arbeitgeber hat dafür Sorge zu tragen, dass seine Arbeitnehmer am Arbeitsplatz vor betrieblichen Gesundheitsgefahren geschützt sind und das Infektionsrisiko so gering wie möglich ist. Verletzt der Arbeitgeber diese Pflicht, macht er sich schadensersatzpflichtig. Die Reichweite dieser Fürsorgepflicht sowie die arbeitsrechtliche Zulässigkeit einiger infektionspräventiver Arbeitsschutzmaßnahmen sind Gegenstand dieses Beitrags.
1. Darf der Arbeitgeber in Zeiten des Corona Virus einseitig Home-Office anordnen?
Zur Vermeidung von Kontaktinfektionen am Arbeitsplatz haben sich während der Corona-Pandemie viele Arbeitgeber dazu entschieden, ihre Mitarbeiter im Home-Office arbeiten zu lassen. Zeitweise sah die SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung (Corona-ArbSchV) im Ausgangspunkt sogar eine arbeitgeberseitige Home-Office-Pflicht vor. Doch was, wenn sich der Arbeitnehmer weigert, im Home-Office zu arbeiten?
Grundsätzlich kann der Arbeitgeber im Wege seines Direktionsrechts Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen bestimmen, soweit nichts anderes individualvertraglich vereinbart worden ist. Wurde ein konkreter Arbeitsort arbeitsvertraglich vereinbart, scheidet daher eine arbeitgeberseitige Anordnung von Home-Office von vorneherein aus. Aber auch für den Fall, dass im Arbeitsvertrag kein konkreter Arbeitsort oder sogar eine Versetzungsklausel geregelt wurde, kann der Arbeitgeber gegen den Willen des Arbeitnehmers nicht einfach Home-Office anordnen. Denn es steht dem Arbeitgeber grundsätzlich nicht zu, über den grundgesetzlich geschützten Wohnbereich des betroffenen Mitarbeiters zu verfügen.
Gleiches muss auch in der jetzigen Ausnahmesituation der Pandemie gelten. Eine einseitige Anordnung von Home-Office des Arbeitgebers ist daher grundsätzlich nicht möglich. Vielmehr bedarf es hierzu einer vertraglichen Vereinbarung mit dem betreffenden Arbeitnehmer oder einer Betriebsvereinbarung. Hier sind jedoch diverse Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats zu beachten.
2. Darf der Arbeitgeber eine Testpflicht am Arbeitsplatz einführen?
Bisher besteht keine gesetzliche Testpflicht am Arbeitsplatz. In der Corona-ArbSchV wird vielmehr nur der Arbeitgeber dazu verpflichtet, kostenlose Selbsttests für seine Mitarbeiter am Arbeitsplatz anzubieten, sofern diese nicht ausschließlich im Home-Office arbeiten. Daher stellt sich die Frage, ob der Arbeitgeber zur Eindämmung des Infektionsrisikos am Arbeitsplatz auch eine Testpflicht einführen darf.
Nach Angaben des Robert-Koch-Instituts (RKI) sind die Selbsttests dazu geeignet, eine Infektion mit dem Corona Virus nachzuweisen und stellen daher grundsätzlich ein geeignetes Mittel zur Infektionsprävention am Arbeitsplatz dar. Allerdings geht die Durchführung eines solchen Selbsttests mit einem Eingriff in die körperliche Unversehrtheit und in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Arbeitnehmer einher, sodass bei der Testung auch schutzwürdige Interessen der Arbeitnehmer betroffen sind. Angesichts der nur geringen Dauer und Intensität des Eingriffs in die körperliche Unversehrtheit wird man allerdings eine Testpflicht am Arbeitsplatz für rechtlich zulässig halten können.
Da mit der Testung aber auch die Erhebung von sensiblen personenbezogenen (Gesundheits-)Daten einhergeht, wird man eine anlasslose, alle Mitarbeiter treffende Testpflicht verneinen müssen. Verpflichtende Tests können daher nur bei einem konkreten Gefährdungspotenzial, also bspw. bei Reiserückkehrern aus einem Risikogebiet oder bei einschlägiger Symptomatik, vom Arbeitgeber gefordert werden. Insoweit – also z.B. hinsichtlich des Herkunftslandes bei Reiserückkehr und einschlägiger Symptome – wird man dem Arbeitgeber kraft der arbeitnehmerseitigen Treuepflicht auch ein dahingehendes Fragerecht zugestehen müssen. Die Testpflicht kann vom Arbeitgeber grundsätzlich kraft seines Direktionsrechts eingeführt werden. Bei Bestehen eines Betriebsrats ist dessen Mitbestimmungsrecht zu beachten.
3. Darf der Arbeitgeber eine Nutzungspflicht für die Corona-Warn-App am Arbeitsplatz einführen?
Auch die Corona-Warn-App dient der Eindämmung des Infektionsgeschehens und soll insbesondere die Nachverfolgung und Durchbrechung von Infektionsketten bei Kontakt mit infizierten Personen erleichtern. Eine gesetzliche Nutzungspflicht gibt es bisher nicht. Die Effektivität der Corona-Warn-App hängt jedoch maßgeblich mit der Anzahl ihrer Nutzer zusammen. Fraglich ist daher, ob der Arbeitgeber eine Nutzungspflicht für die Corona-Warn-App am Arbeitsplatz einführen kann.
Eine solche Nutzungspflicht am Arbeitsplatz käme von vorneherein nur für dienstlich zur Verfügung gestellte Geräte in Betracht. Denn der Arbeitgeber hat kein Recht, über die privaten Mobiltelefone seiner Mitarbeiter zu verfügen. Doch auch bei Diensthandys wird man wohl eine Nutzungspflicht verneinen müssen. Durch die Corona-Warn-App werden sensible personenbezogene Daten der einzelnen Mitarbeiter erhoben und weiterverarbeitet. Die Verarbeitung solcher Daten ist datenschutzrechtlich aber nur zulässig, wenn sie für die Durchführung des Arbeitsverhältnisses erforderlich ist. Eine solche Erforderlichkeit ist angesichts anderer weniger intensiver, aber dennoch effektiver Schutzmaßnahmen wie regelmäßiges Lüften, Mund-Nasen-Bedeckung und Abstandhalten wohl zu verneinen.
4. Fazit und Ausblick
Die vorliegende rechtliche Einschätzung basiert insbesondere auf der jetzigen Rechts- und Infektionslage in Deutschland. Ob auch die Gerichte dieser Einschätzung folgen werden, bleibt in der kommenden Zeit abzuwarten. Zweifelsohne hat der Arbeitgeber aber im Rahmen seiner Fürsorgepflicht angemessene Schutzmaßnahmen zu ergreifen, um das Infektionsrisiko für seine Mitarbeiter am Arbeitsplatz möglichst niedrig zu halten. Doch auch diese Fürsorgepflicht hat rechtliche Grenzen, die in der Praxis eingehalten werden müssen.