Mitarbeiterbeteiligung im Start-up: ESOP, vESOP, Phantom Shares?

Das Thema Mitarbeiterbeteiligung ist nicht nur für kapitalmarktorientierte Unternehmen von Bedeutung. Auch Start-ups profitieren in ihrer besonderen Situation von den Möglichkeiten, die ihnen ein Mitarbeiterbeteiligungsprogramm bietet. Nicht jede Art der Beteiligung eignet sich jedoch gleichermaßen; sowohl rechtlich als auch steuerlich bestehen erhebliche Unterschiede. Der am 20.01.2021 von der Bundesregierung beschlossene Entwurf für ein Fondsstandortgesetz (FoStoG) soll zwar künftig für echte Mitarbeiter-Beteiligungen an einem Start-up steuerliche Erleichterungen bringen. Das Gesetzgebungsverfahren ist allerdings noch nicht abgeschlossen.

Die besondere Situation von Start-ups

Die besondere Situation von Start-ups ist dadurch gekennzeichnet, dass von Beginn an ein hoher Bedarf an qualifizierten Mitarbeitern besteht, um das Unternehmen voran zu bringen. Das richtige Team ist ausschlaggebend für den Erfolg. Zugleich verfügen Start-ups meist nicht über die finanziellen Mittel, wettbewerbsfähige Gehälter zu zahlen. Variable Vergütungsmodelle und die Gewährung von – echten oder virtuellen – Beteiligungen machen es daher auch für junge Unternehmen möglich, qualifiziertes Personal anzuwerben und zu halten. Die eigene Beteiligung am Erfolg des Unternehmens steigert die Motivation der Mitarbeiter und fördert eine höhere und langfristige Identifikation mit dem Unternehmen und seinen Zielen. Die Unternehmenskultur wird gestärkt. Bei Venture-Capital finanzierten Start-up-Unternehmen, die jedenfalls mittelfristig auf einen Exit ausgerichtet sind, führt die Ausgabe von (virtuellen) Mitarbeiterbeteiligungen zudem regelmäßig zu einem Interessengleichlauf zwischen Investoren und Belegschaft: Alle Beteiligten haben ein großes Interesse an einer schnellen Steigerung des Unternehmenswerts.

Echte Beteiligung, ESOP oder vESOP – was eignet sich besonders?

Nicht jede Form der Mitarbeiterbeteiligung dürfte aber für alle Konstellationen passend sein. So besteht zwar die Möglichkeit, für den Unternehmenserfolg zentrale Mitarbeiter unmittelbar durch die unentgeltliche oder vergünstigte Gewährung von Anteilen an der Gesellschaft zu beteiligen. Der Mitarbeiter nimmt dann zukünftig durch Gewinnausschüttungen und im Falle einer Wertsteigerung bei Veräußerung seines Anteils unmittelbar am Unternehmenserfolg teil. Die eigentliche Anteilsgewährung unterliegt nach aktueller Rechtslage im Zeitpunkt des Erwerbs (der Gewährung der Rechte) jedoch der Lohnsteuer; dies jedenfalls insoweit, als der tatsächliche Wert der gewährten Anteile den von dem betreffenden Mitarbeiter zu zahlenden Kaufpreis oder die von ihm zu leistende Einlage übersteigt. Darüber hinaus dürfte es in vielen Fällen aus Sicht des Unternehmens nicht gewollt sein, einem (ggf. neuen) Mitarbeiter die Mitsprache- und Informationsrechte zu gewähren, die mit einer echten Anteilseignerschaft verbunden sind. Regelmäßig wird außerdem vereinbart, dass der Mitarbeiter bei Ausscheiden aus dem Unternehmen seine Anteile wieder abgeben muss, ggf. gegen Zahlung einer (gedeckelten) Abfindung. Hieraus ergeben sich unter Umständen erneut unerwünschte Einkommensteuerfolgen. Bei der GmbH müssen zudem sowohl der Anteilserwerb wie auch eine etwaige Rückübertragung notariell beurkundet werden, was weitere Kosten auslöst. Die Direktbeteiligung ist daher gerade für Start-ups häufig nicht das Mittel der Wahl.

Um wenigstens einige Nachteile der Direktbeteiligung zu vermeiden, wird im Rahmen eines sog. ESOP (Employee Stock Option Plan) häufig der Weg über die Gewährung von Anteilsoptionen gewählt. Die Absicherung der Call-Option erfolgt üblicherweise durch die Ausnutzung eines genehmigten Kapitals oder durch schuldrechtliche Vereinbarung (Stimmbindungsvereinbarung) zwischen den Gesellschaftern. Darin verpflichten sich die Gesellschafter, eine Kapitalerhöhung zur Ausgabe von Anteilen an den Optionsberechtigten für den Fall zu beschließen, dass die vereinbarten Bedingungen eintreten (z.B. bei Erreichen bestimmter Ziele oder einer gewissen Unternehmenszugehörigkeit). Die Vorteile, insbesondere auch für die GmbH, liegen auf der Hand: Im Zeitpunkt des Abschlusses der Optionsvereinbarung ist keine notarielle Beurkundung erforderlich. Der lohnsteuerpflichtige geldwerte Vorteil auf Seiten des Mitarbeiters entsteht regelmäßig erst mit Ausübung der Option. Die Option kann dabei sowohl mit einer bestimmten Laufzeit (z.B. erst nach Ablauf einer Vesting-Periode) oder auf den Exit gewährt werden.

Jedenfalls bei GmbH-Anteilen verbleibt jedoch der Nachteil des Erfordernisses notarieller Beurkundung nach Ausübung der Option. Ferner ist zu beachten, dass Mitarbeiterbeteiligungsprogramme, mit denen echte Anteilsoptionen ausgegeben werden, im Hinblick auf ihre Implementierung regelmäßig einen hohen Aufwand und erhebliche (Rechtsberatungs-) Kosten verursachen. Für künftige Investoren führen sie zudem ggf. zu einer Verwässerung ihrer Beteiligung, was diese von einem Investment abhalten könnte. Solche Programme dürften daher vornehmlich für Aktiengesellschaften in Frage kommen bzw. nur für die Beteiligung einzelner ausgewählter Mitarbeiter. Dies insbesondere dann, wenn diese aufgrund spezifischer Kompetenzen einen erheblichen Mehrwert für das Unternehmen bedeuten und deshalb als Mitgesellschafter auch zukünftig ausdrücklich erwünscht sind.

 „Virtuelle“ Mitarbeiterbeteiligungsprograme (vESOP – Virtual Employee Stock Option Plans, Stock Appreciation Rights oder Phantom Shares) gewähren demgegenüber keine echte gesellschaftsrechtliche Beteiligung. Sie enthalten lediglich die vertragliche Zusage, dem teilnehmenden Mitarbeiter bei Eintritt der vereinbarten Bedingung einen Geldbetrag zu bezahlen, der dem fiktiven Anteilswert entspricht. Eine solche Bedingung können z.B. eine mehrjährige Unternehmenszugehörigkeit, das Erreichen bestimmter Meilensteine oder der Exit sein. Die Zahlung wird üblicherweise aus dem Bar-Vermögen der Gesellschaft geleistet. Auch hier erfolgt eine Lohnbesteuerung auf Ebene des Mitarbeiters erst bei Auszahlung des (virtuellen) Anteilswertes. Eine notarielle Beurkundung ist nicht erforderlich. Zwar sind auch schuldrechtliche Vereinbarungen für einen vESOP durchaus komplexe Vertragswerke. Ihr Vorteil liegt jedoch ganz klar darin, dass letztlich lediglich eine Geldzahlung fließt und keine sonstigen gesellschaftsrechtlichen Vorgänge mit der Gewährung virtueller („fiktiver“) Anteile verbunden sind. Lediglich arbeitsrechtliche Vorgaben sind ggf. zu beachten, insbesondere was die Gleichbehandlung von Mitarbeitern betrifft.

Geplante steuerliche Begünstigung von Mitarbeiterbeteiligungen durch FoStoG

Unter dem sperrigen Namen „Gesetz zur Stär­kung des Fonds­stand­orts Deutsch­land und zur Um­set­zung der Richt­li­nie (EU) 2019/1160 zur Än­de­rung der Richt­li­ni­en 2009/65/EG und 2011/61/EU im Hin­blick auf den grenz­über­schrei­ten­den Ver­trieb von Or­ga­nis­men für ge­mein­sa­me An­la­gen“ hat die Bundesregierung am 20.01.2021 den Entwurf für das sog. Fonds­stand­ort­ge­setz (Fo­StoG) beschlossen. Der Entwurf enthält unter anderem Regelungen zur Steigerung der Attraktivität von Mitarbeiterkapitalbeteiligungen an Start-ups: Im Einkommensteuergesetz soll durch das FoStoG der steuerfreie Höchstbetrag von derzeit 360 € auf künftig 720 € angehoben werden. Zudem soll ein neuer § 19a EstG eingefügt werden, mit dem die Einkünfte aus der Übertragung von Vermögensbeteiligungen am Unternehmen des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer zunächst nicht der Besteuerung unterliegen. Eine Besteuerung soll ggf. erst zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen, und zwar i.d.R. bei Übertragung der Beteiligung, nach Ablauf von 10 Jahren seit Übertragung oder bei Beendigung des Dienstverhältnisses. Die Regelung soll erstmals für Vermögensbeteiligungen gelten, die nach dem 30. Juni 2021 übertragen werden. Für Beschäftigte von Start-ups und anderen Kleinunternehmen soll es dadurch attraktiver werden, Anteile an ihrem Unternehmen zu übernehmen. Das Gesetzgebungsverfahren ist allerdings noch nicht abgeschlossen, so dass sich noch inhaltliche Änderungen ergeben können. Die Entwurfsbegründung führt jedenfalls aus: „In der Gründungs-und Wachstumsphase sind Startups oft nicht in der Lage, hohe Vergütungen zu zahlen, da sie noch keine Gewinne erwirtschaften. […] Deshalb wird die Gewährung von Mitarbeiterkapitalbeteiligungen bei Startup-Unternehmen zukünftig durch eine zielgenaue steuerliche Sonderregelung gefördert. […] Denn mit jeder Unternehmensgründung ist häufig auch die Einschätzung des Gründers und seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verbunden, eine innovative Marktchance nutzen zu können.“

Fazit:

Sowohl aus Sicht des Mitarbeiters wie aus Sicht der Start-up-Gründer, der Gesellschaft und für (künftige) Investoren spielt es eine erhebliche Rolle, wie ein Mitarbeiterbeteiligungsprogramm ausgestaltet ist. Wenngleich das geplante FoStoG hier künftig Erleichterungen schaffen könnte, sind immer auch steuerliche Folgen der jeweiligen Ausgestaltung zu berücksichtigen. Auf den Entwurf und die Implementierung eines Mitarbeiterbeteiligungsprogramms sollte deshalb schon in der Frühphase des Unternehmens besonderes Augenmerk gelegt werden, damit sich die Gründer und auch die Mitarbeiter im Nachhinein nicht mit unvorhergesehenen Nachteilen konfrontiert sehen.