Einmal Dankesformel, immer Dankesformel? – BAG zu Zeugniserteilung und Maßregelungsverbot

Endet das Arbeitsverhältnis, kann der Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber die Ausstellung eines schriftlichen Arbeitszeugnisses verlangen. Üblicherweise wird dieses mit einer Schlussformel versehen, in der der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer für die geleistete Arbeit dankt und ihm für die Zukunft alles Gute und viel Erfolg wünscht; einen Anspruch auf diese sog. Dankes- und Wunschformel hat der Arbeitnehmer nach Rechtsprechung des BAG (Urt. v. 25.1.2022 – 9 AZR 146/21) allerdings nicht.

Dass der Arbeitgeber die Formel aber (trotzdem) nicht ohne Weiteres wieder herausnehmen kann, wenn bzw. weil der Arbeitnehmer die Korrektur eines bereits erteilten Zeugnisses verlangt, hat nun jüngst das BAG entschieden (Urt. v. 6.6.2023 – 9 AZR 272/22):

„Verlangt ein Arbeitnehmer zu Recht von dem Arbeitgeber, das ihm erteilte Zeugnis abzuändern, darf der Arbeitgeber dies nur dann zum Anlass nehmen, den Zeugnisinhalt zu Lasten des Arbeitnehmers zu ändern, wenn sachliche Gründe ein Abweichen als angemessen erscheinen lassen. Andernfalls verstößt er gegen das arbeitsrechtliche Maßregelungsverbot. Dies betrifft auch die sog. Dankes- und Wunschformel.“

Sachverhalt

Die Klägerin, ehemals u.a. als Assistentin der Geschäftsführung bei der beklagten Arbeitgeberin tätig, verlangte zweimalig die inhaltliche Korrektur des nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses ausgestellten Arbeitszeugnisses. Dem kam die Beklagte nach, strich aber im dritten Arbeitszeugnis die in den beiden Vorgängerversionen noch vorhandene und von der Klägerin nicht beanstandete Schlussformel. Hiergegen wehrte sich die Klägerin: Die Beklagte habe sich mit Erteilung des ersten und zweiten Arbeitszeugnisses bzgl. der Schlussformel gebunden.

Entscheidung

Das BAG teilt die Auffassung der Klägerin, wonach diese ein Arbeitszeugnis inklusive der Schlusssätze verlangen kann. Die Weigerung der Beklagten, auch das dritte Arbeitszeugnis mit der Formel zu versehen, verstoße gegen das sog. Maßregelungsverbot. Hiernach darf der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer bei einer Maßnahme nicht benachteiligen, weil der Arbeitnehmer in zulässiger Weise seine Rechte ausübt. Arbeitgeber seien nicht berechtigt, das (rechtmäßige) Verlangen von Arbeitnehmern nach Zeugnisberichtigung zum Anlass zu nehmen, das Arbeitszeugnis zu deren Nachteil zu ändern. Einen solchen Nachteil stelle auch die Herausnahme der Schlussformel dar, denn hierdurch habe sich die Situation der Klägerin objektiv verschlechtert: Schlusssätze seien geeignet, die Bewerbungschancen zu erhöhen.

Hinweise für die Praxis

Das Maßregelungsverbot gilt über das bestehende Arbeitsverhältnis hinaus, es muss also insbesondere im Zusammenhang mit der Zeugniserteilung beachtet werden. Das schließt jede Verschlechterung des Zeugnisses aus, für die kein sachlicher Grund vorliegt. Ein solcher ist insbesondere dann nicht gegeben, wenn ein Arbeitnehmer lediglich in zulässiger Weise seine Rechte ausübt. Etwas anderes kann im Einzelfall etwa dann gelten, wenn der Arbeitgeber nachträglich von Umständen Kenntnis erlangt, die die Änderung persönlicher Empfindungen des Arbeitgebers (Dankbarkeit, Bedauern, gute Wünsche etc.) rechtfertigen. Dies gilt auch im Hinblick auf die Beurteilung von Verhalten und Leistung des Arbeitnehmers, etwa wenn dem Arbeitgeber nachträglich Umstände bekannt werden, die das Verhalten des Arbeitnehmers in einem anderen Licht erscheinen lassen.

Exkurs: Kein Anspruch auf Umformulierung der Schlussformel

Bezieht sich der Änderungswunsch eines Arbeitnehmers auf die (vorhandene) Schlussformel selbst, kann er diesbezüglich keinen Anspruch auf Umformulierung oder Ergänzung geltend machen. Er kann aber die Erteilung eines Arbeitszeugnisses ohne Schlussformel verlangen (BAG, Urt. v. 11.12.2012 – 9 AZR 227/11).