Vorhersehbare Hindernisse bei fehlender Abstimmung von Planung und Bebauungsplan

Problemstellung

Zu viele Köche verderben den Brei – vor allem dann, wenn sie nicht prüfen, ob sie dem gleichen Rezept folgen. Dies mussten eine Projektentwicklungsgesellschaft (Beklagte) und das von ihr mit der Genehmigungsplanung beauftragte Architekturbüro (Klägerin) in der jüngst durch den BGH (Beschluss v. 21.08.2024 – VII ZR 237/22) bestätigten Entscheidung des KG im Zusammenhang mit der Planung eines Wohn- und Gewerbekomplexes für die Inselgemeinde L. erfahren. Die Beklagte hatte neben der Klägerin ein weiteres Architekturbüro mit der Erarbeitung eines entsprechenden vorhabenbezogenen Bebauungsplans beauftragt, das den Beteiligten jeweils laufende Entwurfsfassungen zur Verfügung gestellt hatte. Erst im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens stellte sich heraus, dass Bauvorlagen und Bebauungsplan in diversen Punkten voneinander abwichen und dass das Vorhaben deshalb erst nach umfassender Überarbeitung des Bauantrags genehmigungsfähig sein würde. Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin von der Beklagten die Vergütung dieses Mehraufwands, während die Beklagte ihrerseits die Klägerin in Anspruch nimmt, weil sie bereits entsprechende Wohn- und Gewerbeeinheiten an Kunden veräußert hatte und diesen nun Schadensersatz leisten musste. Beiden Ansprüchen hat das KG mit seiner Entscheidung eine deutliche Absage erteilt.

Rechtliche Bewertung

Ein Architekt schuldet nach Ansicht des KG eine „dauerhaft genehmigungsfähige Planungsleistung“ und kann hierfür nur die vereinbarte Vergütung verlangen, selbst wenn zur Erreichung dieses Leistungserfolgs Umplanungen erfolgen müssen.Unabhängig von einem entsprechenden Verschulden müsse ein Architekt auf vorhersehbare Hindernisse, Risiken und rechtliche Schwierigkeiten hinweisen.Auch wenn grundsätzlich darauf vertraut werden dürfte, dass ein auf Basis eigener Entwürfe erstellter vorhabenbezogener Bebauungsplan auf dieses Vorhaben abgestimmt würde, sei von einem Architekten gleichwohl zu erwarten, dass er die ihm zu diesem Zweck zur Verfügung gestellten Planungsentwürfe auch tatsächlich auf etwaige Abweichungen überprüft. Wiederholungsleistungen, die bei pflichtgemäßer Prüfung zu vermeiden gewesen wären, sind nicht gesondert zu vergüten, sondern mit dem vereinbarten Honorar abgegolten.

Umgekehrt schied ein Schadensersatzanspruch der Beklagten gegenüber der Klägerin aus, da sie bei Veräußerung der Gebäudeeinheiten nicht nur über die Planentwürfe verfügte, sondern auch über die Beanstandungen im Rahmen des Genehmigungsverfahrens informiert war und die Erwerber gleichwohl nicht über die bestehenden Unsicherheiten und Risiken aufgeklärt hatte. Hierbei handele es sich um eine eigenständige, der Klägerin nicht zurechenbare Pflichtverletzung der Beklagten, sodass die Klägerin hierfür selbst dann nicht haften müsste, wenn sie die Beklagte über die Realisierungsmöglichkeiten der ursprünglichen Planung getäuscht hätte.

Folgerungen für die Praxis

Die Entscheidung, die hinsichtlich der Anforderungen an die Genehmigungsfähigkeit der Planung der ständigen Rechtsprechung des BGH entspricht, zeigt einmal mehr, welch gesteigerte Sorgfaltsmaßstäbe die Rechtsprechung Architekten auferlegt. Was die Vorhersehbarkeit von Risiken angeht, gilt: „Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser“. Vorhandenes Material ist grundsätzlich auch zu prüfen. Es gilt ein objektiver Maßstab. Entsprechende Kenntnisse des öffentlich-rechtlichen Baurechts werden vorausgesetzt. Etwaige Zweifel und Risiken müssen mitgeteilt werden. Ggf. ist fachkundiger Rat hinzuzuziehen. Umgekehrt entbindet der Rat eines Architekten nicht von eigener Verantwortlichkeit.

Der Beitrag ist zuerst erschienen im ImmobilienReport Metreopolregion Rhein-Neckar, Ausgabe 188.