Die COVID-19-Pandemie ist nach Einschätzung der Bundesjustizministerin noch nicht überwunden. Infolge der pandemiebedingten Einschränkungen sind nach wie vor viele Unternehmen unverschuldet insolvenzgefährdet.
Mit dem „Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafrecht“ wurden schon im Frühjahr 2020 umfangreiche Maßnahmen zur Eindämmung der wirtschaftlichen Folgen der Ausbreitung des SARS-CoV-2-Virus und zur Unterstützung geschädigter Unternehmen auf den Weg gebracht.
Wichtiger Bestandteil des Gesetzes ist die vorübergehende Aussetzung der Insolvenzantragspflicht und die Begrenzung der Organhaftung bei einer durch die COVID-19-Pandemie verursachten Insolvenz („COVID-19-Insolvenzaussetzungsgesetz“, COVInsAG) (siehe ausführlich dazu BLOG-Beitrag vom 01.04.2020). Die vorübergehenden Änderungen im Insolvenzrecht traten mit Rückwirkung zum 01.03.2020 in Kraft und galten bis zum 30.09.2020. Beschränkt auf den Insolvenzgrund Überschuldung wurde zunächst die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht bis zum 31.12.2020 verlängert, sofern diese auf die COVID-19-Pandemie zurückzuführen war und begründete Sanierungsaussichten bestanden.
Für die Zeit ab 01.10.2020 wurde daher mit dem „Gesetz zur Änderung des COVID-19-Insolvenzaussetzungsgesetzes“ ein neuer Absatz 2 in § 1 COVInsAG eingefügt, wonach vom 01.10.2020 bis 31.12.2020 allein die Pflicht zur Stellung des Insolvenzantrags wegen Überschuldung und nach Maßgabe des Absatzes 1 des § 1 COVInsAG ausgesetzt bleibt (näher hierzu BLOG-Beitrag vom 01.04.2020).
Bundestag und Bundesrat haben nun kurz vor Ende des Aussetzungszeitraums am 31.12.2020 mit dem „Gesetz zur Fortentwicklung des Sanierungs- und Insolvenzrechts (Sanierungs- und Insolvenzrechtsfortentwicklungsgesetz – SanInsFoG)“, dort in Art. 10, die Aussetzung der Antragspflicht um einen weiteren Monat bis 31.01.2021 verlängert. Voraussetzung ist allerdings, dass das Unternehmen im Zeitraum vom 01.11.2020 bis 31.12.2020 einen Antrag auf Gewährung finanzieller Hilfeleistungen im Rahmen staatlicher Hilfsprogramme zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie gestellt haben oder wenn, vorausgesetzt das Unternehmen ist antragsberechtigt, eine Antragstellung aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen innerhalb des Zeitraums nicht möglich war.
Die Antragspflicht besteht hingegen trotz beantragter Hilfeleistungen wieder ab 01.01.2021, wenn diese Unternehmen offensichtlich keinen Anspruch auf die Hilfeleistung haben oder diese für die Beseitigung der Insolvenzreife unzureichend ist.
Folgen der berechtigten Aussetzung
Als Folge der berechtigten Aussetzung der Antragspflicht bleibt es bei den haftungs- und anfechtungsrechtlichen Erleichterungen.
Weitere Erleichterungen für durch die COVID-19-Pandemie beeinträchtigte Unternehmen
Über den Aussetzungszeitraum hinaus hat der Gesetzgeber weitere Maßnahmen für nur durch die Pandemie in Schieflage geratene Unternehmen auf den Weg gebracht:
Für pandemiebedingt überschuldete Unternehmen wird zur Feststellung des Fortbestehens ein verkürzter Prognosezeitraum der nächsten vier statt der sonst maßgeblichen zwölf Monate vorgesehen.
Insolvente Unternehmen können zudem ab 01.01.2021 bis 31.12.2021 das Schutzschirmverfahren beantragen, auch wenn sie zahlungsunfähig sind. Außerdem gelten für sie die geringeren Anforderungen an die Beantragung des Eigenverwaltungsverfahrens über den 31.12.2020 hinaus fort, vorausgesetzt, die Insolvenz beruht auf der Pandemie.
Sorgfältige Prüfung der Insolvenzantragspflicht
Geschäftsleiter müssen die Voraussetzungen einer Antragspflicht und der Aussetzung derselben nach der Neuregelung noch sorgfältiger prüfen. Neben den obengenannten Voraussetzungen (verkürzt: Insolvenzreife ist pandemiebedingt und es bestehen begründete Sanierungsaussichten) muss das Unternehmen im Hinblick auf die finanziellen Hilfeleistungen im Rahmen staatlicher Hilfsprogramme zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie antragsberechtigt sein und die beantragten Hilfen für die Beseitigung der Insolvenzreife ausreichen. Wird der Antrag nicht oder nicht rechtzeitig gestellt, obwohl eine entsprechende Pflicht besteht, drohen nämlich auch in Zeiten der COVID-19-Pandemie haftungsrechtliche und strafrechtliche Konsequenzen. Eine sorgfältige Dokumentation ist deshalb unumgänglich.