Die WEG-Reform ist seit 01.12.2020 in Kraft – das hat sich geändert:

Neues Reformgesetz führt zu erheblichen Veränderungen

Das „Gesetz zur Förderung der Elektromobilität und Modernisierung des Wohnungseigentumsgesetz und zur Änderung von kosten- und grundbuchrechtlichen Vorschriften (Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetz-WEMoG)“ klingt nicht nur dem Namen nach komplex, sondern konfrontiert Verwalter und Wohnungseigentümer auch seit dem 01.12.2020 mit merkbaren Veränderungen. Dieser Beitrag soll einen Überblick über einige der einschneidenden Neuerungen verschaffen:

Einberufung und Ablauf der Eigentümerversammlung

Ab dem 01.12.2020 kann jede Eigentümerversammlung -unabhängig von der Anzahl der anwesenden oder vertretenen Eigentümern – Beschlüsse fassen. Somit ist zu erwarten, dass Wiederholungsversammlungen in der Zukunft vermieden werden.

Verwalter haben zu beachten, dass sich die Frist der Einberufung zur Eigentümerversammlung von bisher zwei auf nunmehr drei Wochen verlängert hat.

Ferner werden die Anforderungen an ein Einberufungsverlangen zugunsten der Eigentümer erleichtert. So ist ein solches Verlangen künftig auch im Wege der Textform, d.h. beispielsweise auch mittels E-Mail möglich.

Des Weiteren wurde auch die Beschlussfassung über das Instrumentarium des Umlaufbeschlusses vereinfacht: So bedürfen auch Umlaufbeschlüsse künftig nur noch der Textform anstatt der vorherigen Schriftform. Denkbar ist daher auch hier die Nutzung von E-Mails, What´s App oder anderen technischen Mitteln. Ebenso wurde die Hürde der bisherigen Allstimmigkeit gesenkt, indem bezüglich konkreter Beschlussgegenstände beschlossen werden kann, dass bei Durchführung des Umlaufbeschlusses die Stimmenmehrheit genügt.

Letztlich macht sich auch die voranschreitende Digitalisierung im neuen Gesetz bemerkbar. So wird Eigentümern eine Beschlusskompetenz eingeräumt, einzelnen Mitgliedern die Online-Teilnahme an einer Versammlung zu ermöglichen. Dies dürfte gerade in Zeiten der Corona-Pandemie eine Bereicherung für solche Mitglieder sein, die einer Risikogruppe angehören. Eine reine Online-Eigentümerversammlung ist jedoch nach wie vor nicht möglich.

Einfache Mehrheit genügt grundsätzliche bei baulichen Veränderungen

Die Eigentümergemeinschaft kann in Zukunft über alle baulichen Veränderungen mit einfacher Mehrheit beschließen. Anders als in der Vergangenheit, bedarf es also nicht mehr der Zustimmung all derjenigen Eigentümern, die von der anstehenden Maßnahme beeinträchtig waren.

Auch bei der Verteilung der Kosten ergeben sich Besonderheiten: Prinzipiell haben diejenigen Eigentümer die Kosten zu tragen, die der Maßnahme zugestimmt haben. Eine Verteilung der Kosten auf alle Eigentümer ist ebenfalls dann vorgesehen, wenn sich die bauliche Veränderung innerhalb eines angemessenen Zeitraums amortisieren wird.

Wurde allerdings die Maßnahme mit mehr als zwei Dritteln der der abgegebenen Stimmen und mehr als der Hälfte der Miteigentumsanteile beschlossen, gilt eine Kostentragungspflicht für alle Eigentümer. Um einzelne Eigentümer vor einer finanziellen Überforderung zu schützen, gilt die Kostentragungsregelung zulasten aller Eigentümer wiederum nicht, wenn die bauliche Veränderung mit unverhältnismäßig hohen Kosten verbunden wäre.

Rechte einzelner Eigentümer werden gestärkt

Ferner werden durch die Reform die Rechte der der einzelnen Eigentümer gestärkt: So hat jeder Eigentümer einen Anspruch darauf, dass ihm auf seine Kosten ein barrierefreier Gebrauch der Immobilie, der Einbau einer Lademöglichkeit für Elektrofahrzeuge, Maßnahmen zum Einbruchsschutz und der Zugang zu einem schnelleren Internet gestattet wird.

Befugnisse der Verwaltung

Die Entscheidungs- und Vertretungsbefugnisse des Verwalters werden – wenn auch in geringerem Maße als im ursprünglichen Gesetzesentwurf vorgesehen- erweitert. In der Zukunft wird der Verwalter eigenverantwortlich über Maßnahmen entscheiden dürfen, die von untergeordneter Bedeutung sind und nicht zu erheblichen Verpflichtungen führen. Nach der Gesetzesbegründung soll als Maßstab für die Bedeutung einer Maßnahme die Größe der Anlage sein: Mit der Größe der Anlage wachse auch die Entscheidungsmacht des Verwalters. Einen konkreten Regelungskatalog zu Themengebieten, über die der Verwalter eigenverantwortlich bestimmen darf, gibt das neue Gesetz den Eigentümern nicht an die Hand.

Einfachere Abberufung des Verwalters

Wo einerseits die Rechte des Verwalters gestärkt werden, wird es Eigentümers durch das neue Gesetz andererseits einfacher gemacht, sich von ihrem Verwalter zu trennen. So ist -anders als zuvor- die Abberufung des Verwalters nicht mehr vom Vorliegen eines wichtigen Grundes abhängig.

Anspruch auf zertifizierten Verwalter

Das neue Gesetz gibt den Eigentümern ab dem 01.12.2022 die Möglichkeit, die Bestellung eines zertifizierten Verwalters zu verlangen. Als „zertifiziert“ im Sinne des neuen Gesetzes gilt derjenige, der über notwenige rechtlichen, kaufmännischen und technischen Kenntnisse verfügt und dies durch eine Prüfung vor der Industrie- und Handelskammer nachweisen kann. Verwalter, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des neuen Gesetzes bereits bestellt waren, gelten noch für weitere dreieinhalb Jahre als „zertifiziert“. Somit wird im Ergebnis erfahrenen Verwaltern ein längerer Zeitraum eingeräumt, die erforderliche Prüfung abzulegen.

Beliebige Anzahl an Verwaltungsbeiratsmitgliedern

Die ehemalige Regelung im WEG, wonach die Anzahl der Verwaltungsbeirats auf drei Mitglieder beschränkt war, ist entfallen. Künftig kann die Zahl der Mitglieder flexibel durch Beschluss festgelegt werden. Ferner wird die Haftung ehrenamtlicher Mitglieder auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit beschränkt. Durch diese Reduktion der Haftungsmöglichkeit soll eine größere Motivation geschaffen werden, sich für das Amt des Verwaltungsbeirats aufstellen zu lassen.

Prozessuale Erleichterungen

In prozessualer Hinsicht wird künftig zu beachten sein, dass als Träger der Verwaltung die Gemeinschaft anzusehen ist. Damit dürfte sich die Schwierigkeit relativiert haben, ob Beschlussanfechtungsklagen gegen die Gemeinschaft oder aber die einzelnen Eigentümer zu richten sind.

Fazit

Insgesamt ist durch das neue Wohnungseigentumsgesetz zu erwarten, dass eine Beschlussfassung in Zukunft einfacher möglich sein wird.  Auch zeichnen sich die ersten -wenn auch zaghaften- Anzeichen ab, dass der Fortschritt der Digitalisierung hierin Niederschlag gefunden hat. Erkennen lässt sich ebenso, dass der demographische Wandel, aber das Thema Umweltschutz sich in den neuen Regelungen abzeichnen.

Ob mittels des neuen Gesetzes mehr Klarheit, Einfachheit und Rechtssicherheit geschaffen und damit die Ziele der Reform erreicht werden konnten, wird sich in Zukunft bei der alltäglichen Handhabung mit den neuen Regelungen zeigen.