Unwirksamkeit arbeitsvertraglicher Ausschlussfristenklauseln

Klauseln zu Ausschlussfristen gehören in Arbeitsverträgen zu den Standardregelungen. Sie sollen Rechtsklarheit und Rechtssicherheit für die Parteien des Arbeitsverhältnisses schaffen.

So sehen Arbeitsverträge häufig zweistufige Klauseln zu Ausschlussfristen vor: Danach muss ein Anspruch zunächst schriftlich innerhalb einer bestimmten Frist geltend gemacht werden (erste Stufe). Reagiert die Gegenseite darauf nicht bzw. lehnt sie die Erfüllung des behaupteten Anspruchs ab, muss dieser Anspruch ebenfalls innerhalb einer bestimmten Frist gerichtlich geltend gemacht werden, um seine Durchsetzung zu ermöglichen (zweite Stufe).

Der seit dem 1. Januar 2015 geltende gesetzliche Mindestlohn wirkt sich auf die Gestaltung derartiger Klauseln zu Ausschlussfristen aus. Das hat kürzlich das BAG festgestellt (Urt. v. 18. September 2018 – 9 AZR 162/18). So können Regelungen zu Ausschlussfristen unwirksam sein, wenn sie Ansprüche auf gesetzlichen Mindestlohn nicht ausdrücklich vom Anwendungsbereich der Ausschlussfristen ausnehmen.

Dem Urteil lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Der Kläger arbeitete beim Beklagten als Fußbodenleger. Der Arbeitsvertrag vom 1. September 2015 sah unter anderem eine Ausschlussfrist zur schriftlichen Geltendmachung von beiderseitigen Ansprüchen aus dem Arbeitsverhältnis vor. Diese Frist betrug bis zur Geltendmachung drei Monate nach Fälligkeit der Ansprüche.

Nachdem der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis gekündigt hatte, haben die Parteien im Rahmen des Kündigungsschutzverfahrens einen Vergleich geschlossen. Das Arbeitsverhältnis sollte mit Ablauf des 15. August 2016 enden, der Beklagte selbiges ordnungsgemäß abrechnen.

Die dem Kläger am 6. Oktober 2016 zugegangene Abrechnung für August 2016 enthielt keine Abgeltung – im Sinne eines Ausgleichs in Geld – des dem Arbeitnehmer zum Beendigungszeitpunkt noch zustehenden Urlaubsanspruchs vor. Als der Arbeitnehmer daraufhin am 17. Januar 2017 Klage auf Urlaubsabgeltung erhob, berief sich der Beklagte auf die vereinbarte und vorliegend nicht eingehaltene dreimonatige Ausschlussfrist in der Verfallsklausel.

Während das Arbeitsgericht der Klage noch stattgab, wies das LAG sie zurück.

Nunmehr hat das BAG abschließend geklärt, dass sich der Beklagte auf die Klausel nicht berufen konnte. Diese sei nämlich unwirksam und der Urlaub somit abzugelten.

  • So sieht das Mindestlohngesetz u.a. vor, dass Vereinbarungen, welche die Geltendmachung des Anspruchs auf Mindestlohn beschränken/ausschließen, insoweit unwirksam sind.
  • Die von den Parteien vereinbarte Ausschlussfrist nimmt Ansprüche auf Mindestlohn dagegen nicht ausdrücklich von ihrem Anwendungsbereich aus.
  • Deshalb ist die Klausel laut dem BAG unwirksam. Aufgrund der Nichtherausnahme von Ansprüchen auf gesetzlichen Mindestlohn aus dem Anwendungsbereich der Ausschlussfristen sei die Klausel nicht klar und verständlich. Sie verstoße gegen das Gebot der Transparenz in Standardarbeitsverträgen.

Da der Kläger vorliegend die an die Stelle der vertraglichen Ausschlussfrist tretende regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren eingehalten hat, hat das BAG der Klage stattgegeben.

Praxistipp

Für Arbeitgeber mit arbeitsvertraglich vereinbarten Ausschlussfristen ergeben sich daraus folgende Konsequenzen für die Praxis:

  • Für alle nach dem Inkrafttreten des Mindestlohngesetzes (1. Januar 2015) geschlossenen Arbeitsverträge ist zu prüfen, ob diese im o.g. Sinne Ansprüche aus Mindestlohn aus dem Anwendungsbereich der Ausschlussfristen ausnehmen. Ist das nicht der Fall, sollte bei Gelegenheit einer Vertragsänderung eine entsprechende Korrektur in Angriff genommen werden.
  • Ob das Urteil auch für vor dem 1. Januar 2015 geschlossene Arbeitsverträge gilt, wird man ggf. nach Vorliegen der Urteilsgründe feststellen können. Die Pressemitteilung des BAG lässt allerdings zwischen den Zeilen erkennen, dass das BAG diese Frage offenlassen könnte. Zur Herstellung von Rechtssicherheit sollten deshalb auch derartige Altverträge bei Gelegenheit auf den aktuellen Stand gebracht werden.