Krisen haben viele Gesichter. Auch juristische Verfahren rücken Unternehmen und die Führungsspitze in das Scheinwerferlicht. Dann muss jede Geste trainiert werden, jede Formulierung muss auf den Punkt sein. Wer souverän kommuniziert und professionell mit Journalisten umgeht, erhöht die Chancen auf ein mildes Urteil im Gerichtssaal der öffentlichen Meinung. Susanne Kleiner hat dazu bei unserer MELCHERS Jahrestagung Unternehmensrecht am 18. Oktober in Heidelberg gesprochen. Die PR-Beraterin und Kommunikationsexpertin aus München erklärt in Ihrem Gastbeitrag, was starke Medienstatements auszeichnet.
Kurz, klar und knapp
Überzeugende Sprecher formulieren ihre Botschaft in ein bis drei Sätzen. Das alles geschieht innerhalb von zwanzig bis dreißig Sekunden. Wer kurz und bündig kommuniziert, verhindert, dass Sequenzen geschnitten werden. Sonst bleiben lediglich Fragmente der Originalbotschaft stehen und die Aussage wird verfälscht. Versierte Kommunikatoren sprechen klar, einfach, verständlich und strukturieren sinnvoll: ein Gedanke, ein Satz. Juristendeutsch, Fremdwörter und Fachausdrücke sind No-Gos. Bildhafte Vergleiche, Zahlen oder Fakten veranschaulichen abstrakte Inhalte.
Starke Statements fallen nicht vom Himmel
Gute Vorbereitung ist Pflicht. Wer gut vorbereitet ist, bewahrt Ruhe vor laufenden Kameras. Wer genau weiß, was er sagt und wie er es sagt, präsentiert sich souverän. Profis haben die Tonspur im Kopf. So verhindern sie, vorschnell Aussagen zu treffen, die sie eigentlich für sich behalten wollten. Das ist wesentlich. Denn Medienvertreter schlachten Fehltritte gnadenlos aus. Auch legen Journalisten gerne den Finger in die Wunde, etwa, wenn sie Widersprüche aufdecken. Beruhigend ist: In den seltensten Fällen purzeln Presseanfragen aus dem Nichts herein. Der mediale Zündstoff besonders öffentlichkeitsrelevanter Fälle ist absehbar wie bei „heißen“ Gerichtsverfahren. Sollten telefonische Anfragen den Empfänger auf dem falschen Fuß erwischen, empfiehlt es sich, zurückzurufen; am besten innerhalb einer Stunde.
In Schlagzeilen denken
Journalisten haben ihr Storyboard vor dem inneren Auge längst entworfen. Versierte Sprecher gestalten diese Gedankenskizze zu ihren Gunsten mit. Sie denken in Schlagzeilen. Was transportiere ich in die Öffentlichkeit? Wie bringe ich meine Position auf den Punkt? Für welche Werte stehe ich? Beliebte Zitatgeber begegnen Medienvertretern partnerschaftlich, respektvoll und professionell. Mit Journalisten kumpelhaft umzugehen, geht gar nicht. Erfahrene Gesprächspartner sprechen mit der Presse auf Augenhöhe. Und sie formulieren so, dass auch Laien das Gesagte verstehen. Erprobte Sprecher kaschieren Unsicherheiten nicht mit Jein-Antworten oder Intros wie „Lassen Sie mich zuerst einmal erläutern …“. Auch Ironie, Sarkasmus, schlechte Scherze und Sticheleien über Wettbewerber streichen Profis aus ihrem Repertoire.
Selbstbewusst den Ton angeben
Gegenfragen können eine Strategie sein, um Zeit zu gewinnen. Achtung: Konter gehen nach hinten los, wenn sie aus Verzweiflung erfolgen. Menschen überzeugen dann, wenn sie ihre Perspektive klar kundtun und die Essenz komplexer Fälle auf den Punkt bringen. Überzeugende Botschaften sind kompakt, stimmig, positiv. Und sie wirken nachhaltig. Versierte Interviewpartner greifen Negatives aus Fragen nicht auf. Sie legen ihre Sicht der Dinge konstruktiv dar. Bemerkenswert ist: Wer Medienstatements abgibt, muss nicht zwingend die Fragen der Journalisten beantworten: Gesendet werden nur die Antworten. Und gehaltvolle Kernbotschaften wirken immer.
„Kein Kommentar“ schwächt den Absender
Streitigkeiten im Allgemeinen und Strafverfahren im Besonderen sind mediale Dauerbrenner. Das öffentliche Interesse erleben die Beklagten und ihre Anwälte oft als belastend. So menschlich Abwehrhaltungen wie „Kein Kommentar“ oder Attacken gegen die Presse auch sein mögen: Ausweichen schadet der Reputation. Tatsache ist: Wer mauert, hat offensichtlich etwas zu verbergen. Kluge Strategen beziehen frühzeitig Position und behalten deshalb das Heft in der Hand. So entkommen sie der medialen Hetzjagd. Die Berichterstattung flackert kurzfristig zwar trotzdem auf, beruhigt sich nach einer offensiven Kommunikation jedoch viel schneller. Erprobte Sprecher äußern sich in brisanten Fällen niemals „off the records“. Ihr Ziel ist es, Medienberichte gänzlich zu vermeiden oder eine chancengleiche Berichterstattung zu fördern.
Positiv formulieren und Angriffsflächen reduzieren
Selbstbewusste Kommunikatoren verteidigen sich nicht, provozieren nicht und äußern keine Schuldzuweisungen. Und sie verwickeln sich nicht in Widersprüche. Klug ist es, auf Verdachtsmomente zwar einzugehen, jedoch nicht ausdrücklich die Vorwürfe zu thematisieren. Profis streichen Begriffe wie Staatsanwaltschaft, Klage, Ermittlungsverfahren, Vorwurf oder Gerichtsprozess aus ihrem Aktivwortschatz. Solche negativ konnotierten Begriffe wecken trübe Assoziationen. Wer sich dieser Reizwörter bedient, begibt sich leicht auf hochexplosives Terrain. Nach dem ersten Statement heißt es meistens: Zurückhaltung inszenieren, nicht überall mitmischen und womöglich neue Wendungen in die eigenen Aussagen bringen.