Verlangt ein Vermieter wegen eines Schlüsselverlustes Schadensersatz von seinem Mieter, hat dieser auf eine Zahlung nur dann einen Anspruch, wenn in tatsächlicher Hinsicht ein Austausch auch erfolgt ist.
AG Stuttgart, Urteil vom 08.12.2023 – 31 C 1969/23
Problem/Sachverhalt
Die Klägerin war Vermieterin und der Beklagte Mieter eines gewerblichen Mietobjekts in Stuttgart. Das Mietverhältnis endete nach ordentlicher Kündigung durch den Mieter. Im Zuge der Übergabe des Mietobjekts stellte sich heraus, dass der Mieter mehrere Schlüssel während der Mietzeit verloren hatte. Da der Mieter in keinerlei Hinsicht Kenntnisse darüber hatte, wann und wo die Schlüsselexemplare verloren gegangen sind, hatte die Vermieterin die Besorgnis einer Missbrauchsgefahr durch Dritte. Aufgrund von Handwerkermangel konnte ein im streitgegenständlichen Fall notwendiger Schließzylinderaustausch zunächst noch nicht umgesetzt werden. Um die im Mietrecht kurze Verjährungsfrist zu hemmen, erhob die Vermieterin Zahlungsklage und verlangte- auf Basis eines Kostenvoranschlages- Schadensersatz von dem beklagten Mieter. Im Laufe des Verfahrens stellte die Klägerin zeitweilig auf einen Feststellungsantrag um, um schlussendlich doch an ihrer vormals erhobenen Leistungsklage festzuhalten.
Entscheidung
Der Beklagte hat im Laufe des Verfahrens die klägerische Forderung anerkannt! Das erkennende Gericht erteilte vor Stattfinden der mündlichen Verhandlung einen richterlichen Hinweis. Konkret bezog dieses sich auf höchstrichterliche Rechtsprechung vom 05.03.2014 (Az.: VIII ZR 205/13). Hiernach bestehe so lange kein Schaden im rechtlich relevanten Sinne, solange eine Schließanlage und damit auch ein Schließzylinder nicht erneuert werde. So solle allein die Sorge, es könne mit dem verlustigen Schlüssel Missbrauch betrieben werden, nicht kommerzialisierbar sein. Der Austausch einer Schließanlage bzw. Schließzylinder sei eine Maßnahme der Schadensverhütung. Für diese könne Schadensersatz erst nach der Durchführung verlangt werden. Andernfalls ließe sich der Geschädigte die bloße Besorgnis weiterer Schäden in Geld bezahlen. Als Reaktion auf den Hinweis stellte die Klägerin ihre Klage um und verlangte die verfolgte Forderung nunmehr im Wege eines Feststellungsantrags. Nachdem sich im laufenden Verfahren jedoch doch eine Reparaturmöglichkeit ergab, konnte im Ergebnis eine Weiterverfolgung des Forderungsverlangens im Sinne einer Leistungsklage erfolgen. Nach Austausch der Schließzylinder erkannte der Beklagte den Anspruch der Klägerin in Gänze an.
Praxishinweis
Im Falle eines Schlüsselverlustes und einer damit einhergehenden Besorgnis des Missbrauchs sollten Vermieter vor Verfolgung eines Anspruchs stets einen Austausch der Anlagen vornehmen. Andernfalls besteht die Gefahr, dass die Klage mangels Vorliegens eines Schadens abgewiesen wird. Ob der Austausch einer Schließanlage oder lediglich die Auswechslung von Schließzylindern ansteht, ist irrelevant. Kann ein Austausch aus tatsächlichen Gründen innerhalb der kurzen Verjährungsfrist von 6 Monaten nicht umgesetzt werden, ist nach der hier vertretenen Auffassung der korrekte Weg, den Anspruch im Wege eines Feststellungsbegehrens zu verfolgen. Zwar musste das in dem einschlägigen Fall erkennende Gericht nicht mehr über die Frage entscheiden, ob der zeitweilig verfolgte Feststellungsantrag Erfolg hat. Es muss dem klagenden Vermieter jedoch die Möglichkeit einer Verjährungshemmung -gerade in Zeiten des Handwerkermangels-gegeben werden.
Der Beitrag ist zuerst erschienen bei ibr-online.