Sachverhalt
Der bei der beklagten Gemeinde beschäftigte Arbeitnehmer war bis zu Beginn der Coronapandemie im Bauamt tätig und hatte einen Arbeitsplatz im Rathaus der Gemeinde, wo er einen Großteil seiner Tätigkeiten verübte. Im Mai 2020 ordnete die Gemeinde für die Arbeitsplätze im Rathausgebäude das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung an, woraufhin der Arbeitnehmer ärztliche Atteste vorlegte, die ihn vom Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes und auch eines Gesichtsvisiers befreiten. Hintergrund war die Traumatisierung infolge einer im Alter von 13 Jahren erlittenen Straftat, die es dem Arbeitnehmer unmöglich macht, sein Gesicht zu bedecken.
Der Arbeitnehmer war sodann nahezu durchgehend arbeitsunfähig und begehrte im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes tatsächliche Beschäftigung und Feststellung, dass er während seiner Arbeitszeit im Rathaus keinen Mund-Nasen-Schutz oder ein Gesichtsvisier tragen müsse, hilfsweise die Ermöglichung der Tätigkeit im Homeoffice.
Entscheidung
Das Landesarbeitsgericht (LAG) Köln hat mit Urteil vom 12. April 2021 (Aktenzeichen 2 SaGa 1/21) entschieden, dass dem Arbeitnehmer kein Anspruch darauf zusteht, dass die Gemeinde seine Arbeitsleistung im Rathaus ohne das Tragen einer Mund-Nase-Bedeckung duldet.
Die Maskenpflicht ergebe sich aus der Coronaschutzverordnung des Landes Nordrhein-Westphalen sowie der SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung, sei im Übrigen aber auch grundsätzlich vom Direktionsrecht des Arbeitgebers umfasst und im konkreten Fall angemessen. Die Anordnung der Maskenpflicht sei insbesondere auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass der Arbeitnehmer an einer psychischen Krankheit leidet, die ihm das Tragen einer Maske unmöglich macht, verhältnismäßig. Das Interesse der Arbeitgeberin, den Ausstoß von Aerosolen im Rathaus so gering wie möglich zu halten, sei gegenüber dem Interesse des Arbeitnehmers, ohne Maske arbeiten zu können, vorrangig. Berücksichtigungsfähig sei insoweit auch der Umstand, dass der Arbeitnehmer die Maske aufgrund einer psychischen Erkrankung nicht tragen könne und er daher einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung und Krankengeld habe, welcher zur Ermöglichung einer Heilung regelmäßig ausreichend sei.
Auch den Hilfsantrag auf Ermöglichung der Arbeitsleistung im Homeoffice wies das LAG zurück. So stünden einer Einrichtung eines mobilen Arbeitsplatzes zwingende betriebsbedingte Gründe entgegen. Dem Arbeitnehmer könnten die erforderlichen Arbeitsmittel aufgrund der bislang nicht erfolgten Digitalisierung von Bauakten und -plänen nicht mit zumutbarem Aufwand zur Verfügung gestellt werden. Nicht sämtliche Tätigkeiten des Arbeitnehmers wären durch mobiles Arbeiten möglich, sodass bezüglich der restlichen Tätigkeiten Arbeitsunfähigkeit fortbestehe. Eine „Teilarbeitsunfähigkeit“ kenne das Entgeltfortzahlungsgesetz aber nicht, weshalb die Möglichkeit teilweiser Arbeitsleistung im Homeoffice die Arbeitsfähigkeit dann auch nicht wiederherstellen könne und die Investition in den mobilen Arbeitsplatz unnütz sei.
Fazit
Die Entscheidung des LAG Köln zeigt ganz deutlich die Grenzen des allgemeinen Beschäftigungsanspruchs in Coronazeiten auf. Das Arbeitgeberinteresse am Schutz der Arbeitnehmer und des Publikumsverkehrs überwiegt das Beschäftigungsinteresse des einzelnen Arbeitnehmers. Ist ein Arbeitnehmer aufgrund eines ärztlichen Attests von der Maskenpflicht befreit und kann er deshalb auch nur einen Teil seiner Arbeitsleistung nicht erbringen, liegt bei Zugrundelegung dieser Rechtsprechung eine einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung und Krankengeld begründende Arbeitsunfähigkeit vor. Dadurch wird den arbeitswilligen Arbeitnehmern die Möglichkeit zur Erbringung einer auch nur teilweisen Arbeitsleistung genommen. Auf der anderen Seite besteht eine nicht von der Hand zu weisende Missbrauchsgefahr im Hinblick auf die Entgeltfortzahlung als „Lohn ohne Arbeit“ infolge Vorlage erschlichener ärztlicher Atteste, deren Richtigkeit für den Arbeitgeber nur schwer nachprüfbar ist.