Managerbeteiligung – In guten, wie in schlechten Zeiten?

Unternehmensinhaber versuchen häufig, ihre Führungskräfte zu einer Steigerung von Produktivität und Profitabilität des Unternehmens zu motivieren, indem sie diese am wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens teilhaben lassen.

Als beliebtes Gestaltungsmittel bei Unternehmen in der Rechtsform einer GmbH dient dabei das sogenannte Managerbeteiligungsmodell. Hierbei wird einer Führungskraft, in der Regel einem Geschäftsführer, gestattet, sich unmittelbar am Unternehmen zu beteiligen und hierzu Gesellschaftsanteile zu erwerben. Mit den Gesellschaftsanteilen erwirbt der Manager nicht nur einen Anspruch auf Gewinnteilhabe wie bei einer Tantieme, sondern er erhält auch Mitsprache und Mitentscheidungsrechte als Gesellschafter, was die Identifikation des Managers mit dem Unternehmen besonders fördert. Je nach Ausgestaltung partizipiert der Manager darüber hinaus an Wertsteigerungen des Unternehmens, die während der Dauer seiner Beteiligung erzielt werden. In aller Regel soll die Gesellschafterstellung des Managers von Beginn an auf die tatsächliche Tätigkeit als Manager befristet sein. Dies hat zur Folge, dass bereits mit der Aufnahme des Managers in den Gesellschafterkreis geregelt wird, dass die Gesellschafterstellung enden soll, wenn der Manager nicht mehr für das Unternehmen tätig ist.

Hintergrund

Eine Besonderheit des Managerbeteiligungsmodells ist, dass die Gesellschafterstellung in der Regel an eine Geschäftsführerstellung geknüpft wird, die Geschäftsführerstellung in der GmbH jedoch regelmäßig grundlos durch einfachen Mehrheitsbeschluss beendet werden kann. Die Verknüpfung beider Rechtspositionen hat also zur Folge, dass letztlich auch die Gesellschafterstellung grundlos enden kann. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung sind Vertragsgestaltungen, die Gesellschaftern das Recht einräumen, einen Mitgesellschafter ohne Vorliegen eines in der Satzung festgelegten sachlichen Grundes aus der Gesellschaft auszuschließen (sog. „Hinauskündigungsklauseln“), einer strengen Inhaltskontrolle unterworfen. Ohne sachlichen Grund sind Hinauskündigungsklauseln grundsätzlich sittenwidrig und somit nichtig. Der Grund hierfür liegt in der Gefahr, dass ein latent drohender Ausschluss, den betroffenen Gesellschafter von der Ausübung seiner Gesellschafterrechte und schlimmstenfalls auch der ordnungsgemäßen Ausübung der ihm obliegenden Pflichten abhalten könnte (sog. „Damoklesschwert-Argument“).

Zwar hat der BGH mittlerweile anerkannt, dass bei Managerbeteiligungsmodellen der Verlust der Geschäftsführerstellung einen sachlichen Rechtfertigungsgrund für eine Hinauskündigungsklausel darstellen kann (BGH, Urteil v. 19.09.2005, II ZR 173/04, BGHZ 164, 98 ff.). Dies hat nach der bisherigen BGH-Rechtsprechung jedoch seinen Preis. Denn danach unterliegt die Abfindung, die dem Manager für den Verlust seiner Gesellschaftsbeteiligung zu zahlen ist, einer besonderen Kontrolle. Die bisherige Rechtsprechung deutet darauf hin, dass ein Gesellschafter, der grundlos hinausgekündigt werden kann, nicht auch noch das Risiko eines Wertverlustes tragen soll. Um diesem Risiko zu begegnen, wird für den Fall der grundlosen Hinauskündigung bislang teilweise der Erwerbspreis als Untergrenze für die Abfindung vereinbart. Jedoch wird verbreitet als ungerecht empfunden, wenn dem Geschäftsführer die Chance eingeräumt wird, nicht nur an laufenden Gewinnen, sondern auch an einer Steigerung des Unternehmenswertes zu partizipieren, er aber einen Wertverlust zugleich nicht anteilig mittragen soll. Denn der Geschäftsführer kann als Unternehmenslenker regelmäßig selbst Einfluss auf die Entwicklung des Unternehmenswertes nehmen.

In der Praxis herrscht bislang keine Rechtssicherheit, welche Ausgestaltungen des Managerbeteiligungsmodells von der Rechtsprechung anerkannt werden und welche nicht.

Das LG Stuttgart hat sich nun in einer kürzlich veröffentlichten Entscheidung (Urteil v. 10.10.2018 – 40 O 26/18) mit der Frage der Wirksamkeit einer Abfindungsregelung und der Auswirkung auf die Zulässigkeit des Managerbeteiligungsmodells auseinandergesetzt, in welcher der Manager auch das Risiko eines Wertverlustes der Beteiligung tragen sollte.

Der Fall

Der Entscheidung lag (stark vereinfacht) folgender Sachverhalt zugrunde:

Der Beklagte war bis zu seiner Abberufung als Geschäftsführer einer Verwaltungs-GmbH mit der Geschäftsführung einer Kommanditgesellschaft (KG) betraut. Im Jahr 2008 hatte der Beklagte von der Mehrheitsgesellschafterin der KG im Rahmen des Managerbeteiligungsmodells eine Minderheitsbeteiligung zum Verkehrswert von etwa € 1,3 Mio. erworben.

Bereits beim Kauf der Gesellschaftsanteile wurde eine Rückerwerbsoption für den Fall der Abberufung des Beklagten als Geschäftsführer oder der Beendigung des Dienstvertrags vereinbart. Die Abfindung sollte sich ebenfalls nach dem Verkehrswert richten. Unstreitig wäre die Aufnahme des Beklagten als Gesellschafter ohne eine Rückerwerbsmöglichkeit nicht erfolgt.

Nach Kündigung des Geschäftsführer-Anstellungsvertrags und der zeitgleichen Abberufung des Beklagten als Geschäftsführer im Jahr 2017, übte die Klägerin ihre Rückerwerbsoption aus. Die nach der Abfindungsklausel zu zahlende Abfindung blieb deutlich hinter dem Erwerbspreis zurück, da sich der Verkehrswert zwischenzeitlich reduziert hatte.

Der Beklagte bestritt daraufhin die Wirksamkeit der im Jahr 2008 vereinbarten Rückerwerbsoption mit dem Argument, diese sei wegen einer unzulässigen Kaufpreisregelung sittenwidrig.

Die Klägerin begehrte vom Gericht demgegenüber unter Berufung auf die Zulässigkeit der Gestaltung die Feststellung, dass der Beklagte infolge wirksamer Optionsausübung kein Gesellschafter mehr sei.

Entscheidung des LG Stuttgart

Das LG Stuttgart folgte der Argumentation des Beklagten nicht und stellte antragsgemäß fest, dass der Beklagte aus der Gesellschaft ausgeschieden sei. Zwar handele es sich bei der streitigen Vereinbarung um eine „Hinauskündigungsklausel“, ihre sachliche Rechtfertigung ergebe sich – bei aller Unterschiedlichkeit der Fälle – aber dennoch aus den vom BGH entwickelten Grundsätzen.

Ein Unterschied zu dem vom BGH entschiedenen Fall liege zwar darin, dass der Beklagte die Gesellschaftsanteile zum Verkehrswert und nicht lediglich zum (zumeist geringeren) Nennwert erworben habe und dass sich die Abfindungsklausel ebenfalls am Verkehrswert bemessen sollte, weshalb der Beklagte ein erhebliches wirtschaftliches Risiko übernommen habe.

Nach Auffassung des LG Stuttgart mache diese Risikoübernahme allein die Hinauskündigungsklausel jedoch nicht sittenwidrig. Das eingangs erwähnte Damoklesschwert-Argument komme hier nicht zum Tragen, da das unternehmerische Risiko typische Folge einer Gesellschaftsbeteiligung sei. Dieses führe aber nicht zwangsläufig dazu, dass der betroffene Gesellschafter die jederzeitige Ausschließungsmöglichkeit als Disziplinierungsmittel empfände, welche ihn daran hindere, von seinen Mitgliedschaftsrechten Gebrauch zu machen.

Zwar könnten die übrigen Gesellschafter den Kaufpreis für den Rückerwerb der Anteile dergestalt beeinflussen, dass sie mit der Abberufung des Gesellschafter-Geschäftsführers warteten, bis der Verkehrswert niedrig sei, doch ergebe sich auch daraus nicht die pauschale Sittenwidrigkeit der Regelung. Vielmehr sei für einen solchen Fall auf zweiter Stufe die Ausübungskontrolle vorgesehen, die untragbare Ergebnisse im Einzelfall verhindere.

Ausblick

Das LG Stuttgart führt die Rechtsprechungslinie des BGH in einem Sinne fort, die v.a. Unternehmensinhaber für wirtschaftlich sachgerecht halten.

Ob der BGH diese Sichtweise teilt, ist leider ungewiss. Da das Urteil des LG Stuttgart inzwischen rechtskräftig geworden ist, wird er in dem konkreten Fall keine Möglichkeit haben, seine Rechtsprechung zu konkretisieren.

Aus Sicht der Praxis ist daher bei der Übertragung der Entscheidung des LG Stuttgart auf andere Fälle (noch) eine gewisse Zurückhaltung geboten, bis sich der Meinungsstand zu dieser Fragestellung weiter verfestigt hat.