Insolvenzantragspflicht soll wegen Corona-Krise für geschädigte Unternehmen ausgesetzt werden

Die Bundesministerien für Finanzen (BMF) sowie Wirtschaft und Energie (BMWi) haben zur Eindämmung der wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise ein umfangreiches Maßnahmenpaket („Schutzschild für Beschäftigte und Unternehmen“) vorgestellt, das u.a. die Flexibilisierung der Kurzarbeiterregelungen, Liquiditätshilfen durch steuerliche Erleichterungen mittels Verzicht auf Vollstreckung und Säumniszuschläge und in Form von Stundung und Anpassung der Vorauszahlung enthält. Außerdem werden die bestehenden Programme zur Liquiditätsabdeckung ausgeweitet und für mehr Unternehmen verfügbar gemacht (im Einzelnen nachzulesen unter https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Dossier/coronavirus.html mit entsprechenden Verweisen). Damit sollen Arbeitsplätze erhalten bleiben und Unternehmen während der Corona-Krise begleitet und gestärkt werden.

Parallel dazu bereitet das Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz (BMJV) eine gesetzliche Regelung zur Unterstützung von Unternehmen vor, die infolge der Corona-Epidemie in eine finanzielle Schieflage geraten. Kernpunkt der Regelung soll – ähnlich der Regelungen anlässlich der Hochwasserkatastrophen 2002, 2013 und 2016 – eine Ausweitung der Insolvenzantragspflicht für einen Zeitraum von bis zu einem halben Jahr sein (https://www.bmjv.de/DE/Themen/FokusThemen/Corona/Insolvenzantrag/Corona_Insolvenzantrag_node.html).

Aktuelle Regelung der Insolvenzantragspflicht

Nach aktueller Gesetzeslage sind die Geschäftsführer von Kapitalgesellschaften verpflichtet, unverzüglich, spätestens jedoch drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung, einen Insolvenzantrag zu stellen (§ 15a Abs. 1 InsO). Unterlassen sie dies pflichtwidrig, hat das erhebliche Folgen. Denn nicht nur die zivilrechtlichen Konsequenzen einer Insolvenzverschleppung können gravierend sein, es drohen ebenso strafrechtliche Folgen.

Geplante Aussetzung der Insolvenzantragspflicht bis längstens 30.09.2020

Durch die Auswirkungen der Corona-Krise drohen vielen Unternehmen und Betrieben innerhalb kurzer Zeit Zahlungsschwierigkeiten, die ohne Weiteres in eine Zahlungsunfähigkeit und/oder Überschuldung führen könnten. Um zu verhindern, dass Unternehmen, die nur deshalb einen Insolvenzantrag stellen müssen, weil die vorgenannten finanziellen Hilfen aus dem „Schutzschild für Beschäftigte und Unternehmen“ nicht innerhalb der dreiwöchigen Antragspflicht ausgezahlt werden können, soll die Insolvenzantragspflicht vorübergehend, längstens aber bis zum 30.09.2020 ausgesetzt werden.

Voraussetzung der geplanten Aussetzung der Antragspflicht soll sein,

  • dass der Insolvenzgrund auf den Auswirkungen der Corona-Epidemie beruht und
  • dass aufgrund einer Beantragung öffentlicher Hilfen bzw. ernsthafter Finanzierungs- oder Sanierungsmaßnahmen eines Antragspflichtigen begründete Aussichten auf eine Sanierung bestehen.

Das heißt allerdings umgekehrt, dass derjenige, der bereits vor Ausbruch der Corona-Epidemie zahlungsunfähig und/oder überschuldet war und deshalb einen Insolvenzantrag hätte stellen müssen, von der Aussetzung der Antragspflicht nicht erfasst werden soll. Gleiches dürfte gelten, wenn neben der Corona-Krise andere wesentliche Ursachen für die Insolvenz bestehen.

Hingegen dürften Auftragsrückgänge oder Stornierungen, Lieferverzögerungen etc. infolge der Corona-Epidemie und darauf beruhende Zahlungsschwierigkeiten, die für die Insolvenz ursächlich sind, für eine Aussetzung der Antragspflicht ausreichen.

Zu beachten ist allerdings Folgendes:

Bislang sind entsprechend der Mitteilung des BMJV vom 16.03.2020 nur Maßnahmen in Bezug auf eine Insolvenzantragspflicht und damit auf den Eigenantrag eines Unternehmens gem. § 15a InsO geplant. Sollte letztlich das Gleiche wie nach der Hochwasserkatastrophe 2013 gelten, wären Gläubigeranträge nach § 14 InsO von dieser Aussetzung bislang ausgenommen und bleiben damit weiter möglich.

Fazit

Die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht wurde vom BMJV zunächst nur angekündigt, weder die gesetzliche Regelung noch deren genauer Wortlaut sind bislang bekannt. Für die nächste Zeit gilt es daher, die Liquidität genau im Blick zu behalten, um ggf. mit Expertenrat prüfen zu können, ob eine Antragspflicht besteht.