BGH schafft Klarheit: Vertrag über ein einzelnes Gewerk im Rahmen eines Neubaus ist kein Verbraucherbauvertrag!

Der BGH hat in der Vergangenheit eine Vielzahl an verbraucherfreundlichen Entscheidungen getroffen. In einem aktuellen Urteil vom 16.3.2023 (Az. VII ZR 94/22) stärkt er jedoch die Unternehmerrechte. Denn der BGH stellt klar, dass ein Vertrag über ein einzelnes Gewerk im Rahmen eines Neubaus kein Verbraucherbauvertrag sei. Daher könne der Unternehmer eine Bauhandwerkersicherheit verlangen. Dies birgt Risiken für den Verbraucher: Wird die Sicherheit nicht innerhalb einer gesetzten angemessenen Frist übergeben, kann der Unternehmer die Leistung verweigern oder den Vertrag kündigen.

Sachverhalt

Ein Ehepaar ließ als private Bauherren einen Neubau errichten. Die Vergabe erfolgte gewerkeweise an einzelne Bauunternehmer. Einer der Unternehmer erbrachte Arbeiten an Innen- und Außenputz. Nachdem die Bauherren nur einen Teil der Abschlagsrechnung zahlten, griff der Unternehmen zu einem scharfen Schwert des Gesetzes: Er forderte die Eheleute auf, eine Bauhandwerkersicherheit i.H.v. ca. 10.000 € zu stellen. Die Parteien stritten sich in dem folgenden Rechtstreit darum, ob der Unternehmer eine solche Sicherheit verlangen könne. Die Eheleute waren der Ansicht, dass dies nicht der Fall sei, da ein Verbraucherbauvertrag vorliege. Bei Verbraucherbauverträgen sei ein solches Sicherungsverlangen ausgeschlossen. Der Unternehmer trat dem mit der Begründung entgegen, dass ein Verbraucherbauvertrag bei der hier gegebenen sogenannten gewerkeweisen Vergabe (bei der nicht ein Unternehmer für den gesamten Neubau beauftragt wird) gerade nicht vorliege.

Entscheidung

Der BGH gab dem Unternehmer Recht! Dieser habe zulässigerweise eine Bauhandwerkersicherheit verlangt. Es liege kein Verbraucherbauvertrag vor. Nach der Definition in § 650i Abs. 1 Fall 1 BGB setze ein solcher voraus, dass es sich um einen Vertrag mit einem Verbraucher handelt, durch den der Unternehmer zum Bau eines neuen Gebäudes verpflichtet wird. Hierfür genüge es nicht, dass der Unternehmer nur für ein einzelnes Gewerk  – und damit nur mit einem Teil des Baus – im Rahmen eines Neubaus verpflichtet werde. Dies ergebe sich auch aus der gesetzlichen Pflicht eines Unternehmers, bei einem Verbraucherbauvertrage eine Baubeschreibung mit bestimmten Mindestangaben (bspw. allgemeine Beschreibung des herzustellenden Gebäudes) zur Verfügung zu stellen. Die Mindestangaben würden ersichtlich den Bau des gesamten Gebäudes voraussetzen. Ferner sei der Begriffes des Verbraucherbauvertrages nicht aufgrund des Verbraucherschutzes zu erweitern. Der Unternehmer müsse erkennen können, ob und welche Unterrichtungs- und Belehrungspflichten ihn schon im Vorfeld des Vertrages treffen. Da ein Verbraucherbauvertrag hier im Ergebnis nicht vorliege, sei das Verlangen nach einer Bauhandwerkersicherheit nicht ausgeschlossen. Über die weiteren Voraussetzungen der Bauhandwerkersicherheit musste der BGH in dem konkreten Fall nicht entscheiden.

Praxishinweis

Mit seiner Entscheidung hat der BGH eine jahrelang umstrittene Rechtsfrage entschieden. Verbraucher, die ihm Rahmen eines Neubaus Einzelgewerke vergeben, müssen mit einem derartigen Sicherungsverlangen aller am Bau beteiligten Unternehmer rechnen. Auf der anderen Seite haben Unternehmer durch die Entscheidung ein Druckmittel an der Hand. Grundsätzlich gilt für beide Seiten, dass die Voraussetzungen der Bauhandwerkersicherheit bzgl. Grund und Höhe genau zu prüfen sind.

Der Beitrag ist zuerst erschienen im ImmobilienReport Metropolregion Rhein-Neckar, Ausgabe 167.