Balkonkraftwerke – was müssen Vermieter dulden und was nicht?

Immer mehr Städte und Gemeinden, aber auch die Bundesregierung setzen finanzielle Anreize für sogenannte Balkonkraftwerke. Balkonkraftwerke sind kleine Solaranlagen, die über eine (Wieland-) Steckdose angeschlossen werden und somit technisch einfach und kostengünstig Stromeinsparungen ermöglichen. Mit der Frage, ob Balkonkraftwerke aber auch von Vermietern geduldet werden müssen, hat sich das Amtsgericht Stuttgart beschäftigt (Az. 37 C 2283/20).

Sachverhalt

Die Vermieterin klagte auf Beseitigung eines von den Mietern installierten Balkonkraftwerkes. Vor der Installation des Balkonkraftwerkes hatten die Mieter ihre Vermieterin mehrfach vergeblich um Erteilung der hierfür grundsätzlich erforderlichen Zustimmung gebeten. Nach erfolgter Installation meldeten die Mieter die Anlage bei ihrem Netzbetreiber an und sicherten eventuelle Risiken seitens des Balkonkraftwerkes mit einer Versicherung ab. Dennoch forderte die Vermieterin die Beseitigung des ansonsten baurechtlich zulässigen Balkonkraftwerkes.

Entscheidung

Unter anderem unter Berufung auf den im Grundgesetz verankerten Umweltschutz wies das Gericht die Klage ab. Die Zustimmung zum Aufbau eines Balkonkraftwerkes dürfe nicht verweigert werden, solange dieses baurechtlich zulässig, optisch nicht störend, leicht zurückbaubar und fachmännisch installiert sei, keine erhöhte Brandgefahr mit sich brächte und auch keine sonstige Gefahrenquelle darstelle. Letztlich diene nämlich ein Balkonkraftwerk nicht nur zur Kosteneinsparung zugunsten des Mieters, sondern generell zur „Einsparung“ von Energie. Daher sei ein Balkonkraftwerk unter der Berücksichtigung der politisch angestrebten Energiewende hin zu erneuerbaren Energien somit als vorteilhaft zu beurteilen.

Praxishinweis

So einfach wie es im Urteil des Amtsgerichts klingen mag, ist es jedoch nicht. Die immer weiter verbreiteten Balkonkraftwerke werden die Gerichte in der Zukunft vermehrt beschäftigen. Denn das oben genannte Urteil ist keineswegs ein „Freifahrtschein“ für Mieter.

Noch heikler ist die Rechtslage bei Wohnungseigentümergemeinschaften: Wie das Amtsgericht Konstanz (Az. 4 C 425/22) Anfang Februar 2023 betonte, sei zumindest die Schwelle für das Vorliegen optischer Beeinträchtigungen bei einer Wohnungseigentümergemeinschaft niedrig. Es sei ausreichend, dass ein in Richtung Straße installiertes Balkonkraftwerk allein wegen seiner zumeist sehr dunklen Farbe optisch auffällt. Nur aber wenn keine optische Beeinträchtigung vorliege, sei die (positive) Ökobilanz eines Balkonkraftwerkes zu berücksichtigen. Des Weiteren seien Balkonkraftwerke nicht mit der Ausnahme im WEG-Recht für sog. Wall-Boxen vergleichbar, auch wenn sie zum Aufladen eines Fahrzeuges installiert werden würden. Nach der aktuellen Rechtsprechung heiligt der Zweck nicht die Mittel. Solange also keine höchstrichterliche Entscheidung getroffen wurde oder sich gar das Bundesverfassungsgericht, wie bereits mit Satellitenschüsseln, mit der Grundrechtsabwägung auseinander gesetzt hat, sollte wie folgt verfahren werden: Vor der Investition in ein Balkonkraftwerk, sollte insbesondere geprüft werden, ob optische Beeinträchtigungen möglich sind und bei Unsicherheiten zuvor die Zustimmung des Vermieters oder der WEG eingeholt werden. Entsprechendes gilt auch für Vermieter, die Mitglieder einer WEG sind, wenn ihre Mieter ein Balkonkraft installieren möchten.

Der Beitrag ist zuerst erschienen im ImmobilienReport Metropolregion Rhein-Neckar Ausgabe 165.