Gesetzentwurf für mehr Rechtssicherheit beim Schutz von Geschäftsgeheimnissen

Zur Umsetzung der europäischen  Richtlinie (EU) 2016/943 zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen vor rechtswidrigem Erwerb sowie rechtswidriger Nutzung und Offenlegung hat das Bundesministerium für Justiz und für Verbraucherschutz einen Entwurf zur Schaffung eines neuen Geschäftsgeheimnisgesetzes (GeschGehG) veröffentlicht. Die Bundesregierung hat den Gesetzentwurf Ende Juli beschlossen. Das GeschGehG wird aufgrund der Allgegenwärtigkeit von Geschäftsgeheimnissen äußerst praxisrelevant sein.

Definition Geschäftsgeheimnis

Im Entwurf wird in § 2 GeschGehG zunächst der Begriff des Geschäftsgeheimnisses definiert. Um den Schutz des Geschäftsgeheimnisgesetzes zu erlangen, bedarf es zweier Voraussetzungen. Zunächst muss es sich um eine Information handeln, die in Geschäftskreisen nicht allgemein bekannt ist und die deshalb einen wirtschaftlichen Wert hat. Daneben ist erforderlich, dass der rechtmäßige Inhaber angemessene Geheimhaltungsmaßnahmen zur Wahrung dieser Information getroffen hat. Als solche Geheimhaltungsmaßnahmen können neben physischen Zugangsbeschränkungen wie bspw. abschließbaren Schränken auch vertragliche Sicherungsmechanismen erforderlich sein.

Angemessenheit der getroffenen Schutzmaßnahmen

Die Angemessenheit der getroffenen Schutzmaßnahmen ist für den jeweiligen Einzelfall zu bestimmen. Entscheidende Kriterien hierfür sind der Wert des Geschäftsgeheimnisses und dessen Entwicklungskosten, seine Bedeutung für das Unternehmen, die üblichen Geheimhaltungsmaßnahmen im Unternehmen, die Art der Kennzeichnung der Informationen und die vereinbarten vertraglichen Geheimhaltungsregelungen mit Arbeitnehmern und Geschäftspartnern. Daher wird es für Unternehmen nun notwendig, Geschäftsgeheimnisse zu kategorisieren, eine je nach Kategorie festgelegte Art von Geheimhaltungsmaßnahmen zu entwickeln und die Durchführung dieser Maßnahmen zu dokumentieren.

Reverse Engineering – produktbezogene Entschlüsselung

Der Entwurf sieht in § 3 GeschGehG auch eine Regelung des sog. Reverse Engineering vor. Hierbei werden durch Untersuchung eines Produkts Rückschlüsse auf seinen Konstruktionsplan gezogen. Diese Entschlüsselung von Geschäftsgeheimnissen aus dem Produkt selbst, wird durch das neue Gesetz grundsätzlich für zulässig erklärt, sofern es nicht gegen andere Gesetze, wie etwa das UrhG oder vertragliche Vorschriften verstößt. Damit wird es grundsätzlich erlaubt, durch Beobachten, Untersuchen, Rückbauen oder Testen eines Produkts oder Gegenstandes an die entsprechenden Geschäftsgeheimnisse zu gelangen. Um Vertragspartner daran zu hindern, auf diese Weise zulässig erlangte Geschäftsgeheimnisse zu offenbaren oder zu nutzen, sind vorab entsprechende vertragliche Maßnahmen notwendig.

Handlungsverbote

Der Entwurf enthält in § 4 GeschGehG auch detaillierte Bestimmungen zu Handlungsverboten. So darf ein Geschäftsgeheimnis nicht auf rechtswidrige Weise erlangt werden. Ebenfalls einem Handlungsverbot unterliegt eine Person, die zwar rechtmäßig ein Geschäftsgeheimnis erlangt hat, sich aber einer vertraglichen Vertraulichkeitsvereinbarung unterworfen hat. Legt diese Person das Geschäftsgeheimnis nun offen oder nutzt es entgegen der Vertraulichkeitsvereinbarung, stellt dies eine verbotene Handlung dar. In der Praxis sollten daher mit allen Personen, die mit Geschäftsgeheimnissen in Kontakt kommen eine Vertraulichkeitsvereinbarung abgeschlossen werden.

Sanktionsmöglichkeiten

Bei Verstoß gegen ein Handlungsverbot kann der Inhaber des Geschäftsgeheimnisses seinen Geheimnisschutz mittels Unterlassungs- und Beseitigungsansprüchen durchsetzen. Außerdem kann er von den Personen oder Unternehmen, die seine Rechte verletzen, die Vernichtung, Herausgabe, Rückruf, Entfernung und Rücknahme von Markt von Produkten, die unter Verletzung des Geschäftsgeheimnisses hergestellt wurden, verlangen. Letztlich bietet das Gesetz auch eine Anspruch auf Auskunft über den Umfang der Verletzung und -bei vorsätzlichem oder fahrlässigem Handeln- auf Schadensersatz.

Unternehmen haften bei rechtswidrig erlangten Geschäftsgeheimnissen

Andererseits müssen Unternehmen nach Inkrafttreten des neuen Gesetzes auch darauf achten, dass ihre Beschäftigten und Beauftragten keine Geschäftsgeheimnisse rechtswidrig erlangen oder nutzen. Der Inhaber eines Unternehmens haftet insofern verschuldensunabhängig für seine Beschäftigten und Beauftragten für die im Gesetzentwurf vorgesehenen Unterlassungs-, Beseitigungs-, Vernichtungs-, Herausgabe-, Rückruf- und Auskunftsansprüche. Zum Schutz vor derlei Ansprüchen muss ein Unternehmen seine Beschäftigten daher nicht nur überwachen, sondern auch von rechtswidrigen Taten abhalten. Dies bedarf vor allem regelmäßiger Kontrollen und Schulungen der Mitarbeiter.

Aufdeckung durch sogenannte Whistleblower

Auch das Thema Whistleblowing soll durch den Gesetzesentwurf geregelt werden. Hierbei handelt es sich um das Aufdecken von Rechtsverstößen durch Hinweisgeber, sog. Whistleblower. Der Entwurf sieht für Whistleblower Rechtfertigungsgründe vor, wenn die Offenlegung oder Nutzung eines Geschäftsgeheimnisses zum Schutz eines berechtigten Interesses erfolgt und der Täter subjektiv handelt, um das allgemeine Wohl zu schützen. Die weite Fassung der Regelung birgt die Gefahr, dass Whistleblower wegen des verringerten strafrechtlichen Risikos in der Zukunft vermehrt tätig werden.

Fazit

Der aktuelle Entwurf des GeschGehG sieht zahlreiche Neuerungen und Änderungen vor, die in Zukunft von den Unternehmen zum Schutz ihrer Geschäftsgeheimnisse beachtet werden müssen. Durch die Änderungen müssen Unternehmen künftig stärker darauf achten, angemessene Geheimhaltungsmaßnahmen zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen zu ergreifen. Auch bedarf es geeigneter Maßnahmen, um das Unternehmen selbst vor Ansprüchen zu schützen, sofern Mitarbeiter Geschäftsgeheimnisse von Konkurrenzunternehmen rechtswidrig erlangt oder genutzt haben.