Urheberrechtliche Abmahnungen stellen eine umsatzsteuerpflichtige Leistung des Abmahnenden gegenüber dem Abgemahnten dar. Was seit der Entscheidung des Bundesfinanzhofs („BFH“) vom 21.12.2016 (Az. XI R 27/14) bereits für lauterkeitsrechtliche Abmahnungen entschieden wurde, ist aufgrund der Entscheidung des BFH vom 13.02.2019 (Az. XI R 1/17) nun auch für urheberrechtliche Abmahnungen höchstrichterlich geklärt.
Sachverhalt
Eine GmbH & Co. KG war Inhaberin von Verwertungsrechten an Tonaufnahmen, unter anderem des Rechts auf öffentliche Zugänglichmachung der Tonaufnahmen gemäß § 19a UrhG. Sie beauftragte eine Rechtsanwaltskanzlei damit, gegen die (rechtswidrige) Verbreitung der Tonaufnahmen im Internet vorzugehen und zu diesem Zweck außergerichtliche Vergleichsvereinbarungen mit Rechtsverletzern zu schließen. Dies geschah vor allem dadurch, dass einzelne Rechtsverstöße mittels Abgabe von strafbewehrten Unterlassungs- und Verpflichtungserklärungen sowie einer pauschalen Zahlung (für Rechtsverfolgungskosten sowie Aufwendungs- und Schadensersatz) reguliert wurden. Als Honorar für ihre Tätigkeiten sollte die Rechtsanwaltskanzlei einen Anteil der Zahlungen der Rechtsverletzer/Abgemahnten erhalten. Über das Honorar, das sich zzgl. Umsatzsteuer verstand, sollte monatlich abgerechnet werden.
Die GmbH & Co. KG ging davon aus, dass die Zahlungen der Abgemahnten nicht umsatzsteuerpflichtig seien. Dementsprechend zog sie die von der Rechtsanwaltskanzlei in Rechnung gestellte Umsatzsteuer als Vorsteuer ab. Hingegen bewertete das zuständige Finanzamt die von der Rechtsanwaltskanzlei durchgeführten Abmahnverfahren als einen Leistungsaustausch zwischen der GmbH & Co. KG und den jeweiligen Abgemahnten und setzte die Umsatzsteuer gegen die GmbH & Co. KG mittels Bescheid fest. Hiergegen klagte die GmbH & Co. KG. Vor dem BFH unterlag sie nunmehr in letzter Instanz.
Entscheidung
Der BFH urteilte, dass die Abmahnungen der Rechtsanwaltskanzlei als umsatzsteuerbare Leistungen im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG anzusehen seien und dieses Ergebnis im Einklang mit EU-Recht und der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs stehe. Eine Abmahnung sei eine Mitteilung an den – oftmals ahnungslosen – Rechtsverletzer, dass dieser eine (Urheber-)Rechtsverletzung begangen habe, und sei verbunden mit dem Angebot, die Angelegenheit mittels Abgabe eine vertragsstrafenbewehrte Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung beizulegen, um hierdurch ein gerichtliches Verfahren mit allen (für den Abgemahnten negativen) Kostenfolgen zu vermeiden (siehe § 97a Abs. 1 UrhG). Dadurch verschaffe die Klägerin den Abgemahnten einen konkreten Vorteil und erfolge in seinem Interesse. Hieraus resultiere die Umsatzsteuerpflichtigkeit der Abmahnung; das gelte sowohl selbst dann, wenn unsicher sei, ob die Abmahnung erfolgreich sein werde als auch dann, wenn die Abgemahnten pauschale Zahlungen erbringen würden. Dass der Abmahnende ebenso einen Vorteil verfolge, ändere dem BFH zufolge nichts an diesem Befund.
Schlussfolgerungen
Die Rechtsprechung des BFH stellt nun einen Gleichlauf zwischen lauterkeitsrechtlichen und urheberrechtlichen Abmahnungen im Hinblick auf deren Umsatzsteuerpflicht her. Die Begründung des BFH legt nahe, dass dies für sämtliche Abmahnungen im Bereich der immateriellen Rechte gilt, also auch für Abmahnungen wegen Patent-, Gebrauchsmuster-, Designverletzung etc. In der Konsequenz erlegt diese Rechtsprechung dem Abmahner das formale Erfordernis auf, eine entsprechende Rechnung zu stellen. Versäumt ein Abmahner dies, kann dies für ihn doppelt unangenehm werden: Der Abgemahnte kann bis zur Rechnungstellung die Zahlung verweigern, eine unterlassene Rechnungstellung kann zugleich eine Ordnungswidrigkeit darstellen. Die Schwierigkeiten potenzieren sich, wenn ausländische Rechteinhaber oder Rechtsverletzer beteiligt sind, da sich dann die Frage stellen kann, ob und wenn ja, wie die Leistungen nach internationalem Steuerrecht besteuert werden.