Spitzenbanker einfacher vor die Tür setzen? – Brexit-Regierungsentwurf zur erleichterten Kündigung von „Risikoträgern“

Wie im Koalitionsvertrag zwischen CDU/CSU und SPD vorgesehen, legte die Bundesregierung am 12. Dezember letzten Jahres einen Gesetzesentwurf vor, der im Zuge des Brexit-Steuerbegleitungsgesetzes die Kündigung von Spitzenbankern, sog. „Risikoträgern“, vereinfachen soll. Der Finanzstandorts Deutschland soll nach Intention der Regierung damit attraktiver werden und an Stabilität gewinnen.

Der Entwurf sieht u. a. Änderungen des Kreditwesengesetzes (KWG) vor. Durch den neuen § 25a Abs. 5a KWG sollen Spitzenbanker dabei im Wesentlichen „leitenden Angestellten“ im Sinne des § 14 Abs. 2 KSchG gleichgestellt werden. Hält das Arbeitsgericht im Kündigungsschutzprozess eine Kündigung für unwirksam, hat es das Arbeitsverhältnis gem. § 9 Abs. 1 S. 2 KSchG auf Antrag des Arbeitgebers aufzulösen. Der Arbeitgeber wird dann zur Zahlung einer angemessenen Abfindung nach § 10 KSchG verurteilt, ohne dass das Gericht die Wirksamkeit der Kündigung prüft.

Wann greift die neue Regelung?

Arbeitgeber muss ein bedeutendes Institut sein.

Betroffen sind Banken sowie andere Kredit- und Finanzierungsdienstleistungsinstitute. Ein Institut ist nach dem neuen § 25n Abs. 1 KWG dann bedeutend, wenn dessen Bilanzsumme durchschnittlich in den letzten drei Geschäftsjahren 15 Milliarden Euro erreicht oder überschritten hat. Darüber hinaus kann die Europäische Zentralbank oder die Bundesanstalt  für  Finanzdienstleistungsaufsicht weitere Institute als bedeutend einstufen.

Der Spitzenbanker muss „Risikoträger“ gemäß § 2 Abs. 8 der Institutsvergütungsverordnung sein.

Seine berufliche Tätigkeit muss sich wesentlich auf das Risikoprofil des Instituts auswirken. Dazu müssen die Institute eine eigenständige Risikoanalyse durchführen, um die Mitarbeiter als Risikoträger zu identifizieren. Ein zusätzlicher Aufwand soll für die Arbeitgeber nicht entstehen, da diese Analyse bereits jetzt nach der Institutsvergütungsverordnung und deren Maßgaben durchgeführt werden muss.

Die Vergütung des Bankers muss das Dreifache der Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung überschreiten.

Die neue Regelung greift daher nur dann, wenn es sich um einen Spitzenverdiener handelt. 2019 beläuft sich der Jahresbetrag auf EUR 221.400 brutto (Ost) bzw. EUR 241.200 brutto (West).

Welche Folgen hat die neue Regelung?

Im Fall des Auflösungsantrags des Arbeitgebers nach § 9 Abs. 1 S. 2 KSchG legt das Gericht die Höhe der Abfindung nach § 10 KSchG fest. Dort gelten Höchstgrenzen, sodass die auf ihn zukommende maximale Abfindungszahlung für den Arbeitgeber transparent ist. Diese liegt grundsätzlich bei 12 Monatsverdiensten und bei 15 Monatsverdiensten, wenn es sich um einen Mitarbeiter handelt, der der das fünfzigste Lebensjahr vollendet hat und länger als 15 Jahre beschäftigt ist. Aus dem bislang auch für die Gruppe der gutbezahlten Führungskräfte geltenden Bestandsschutz wird ein bloßer Abfindungsschutz.

Zur zentralen Frage im Kündigungsschutzprozess könnte werden, ob die Eigenschaft des Arbeitnehmers als Risikoträger vorliegt oder nicht. Das Prozessrisiko des Arbeitgebers würde sich dann nach genau dieser Frage richten: Handelt es sich um einen Risikoträger, so kann sich der Arbeitgeber mit einer vom Gericht festgelegten Abfindungszahlung von dem Mitarbeiter trennen. Stuft das Arbeitsgericht den Mitarbeiter als „normalen“ Arbeitnehmer ein, gilt das Kündigungsschutzgesetz ohne Einschränkungen.

Ab wann gilt die neue Regelung?

Das Brexit-Steuerbegleitungsgesetzes soll am 29. März 2019 in Kraft treten. Von der neuen Regelung wären Kündigungen betroffen, die nach Ablauf von acht Monaten nach Inkrafttreten des Brexit-Steuerbegleitungsgesetzes, indes nach dem 29. November 2019, zugehen.

Fazit

Ob das neue Gesetz tatsächlich Auswirkungen auf Art und Weise haben wird, wie sich Kreditinstitute von Führungskräften trennen, oder ob Arbeitgeber die – meist doch schnellere – Lösung über Aufhebungsverträge wählen, bleibt abzuwarten. Den Kreditinstituten wird in jedem Fall eine neue Möglichkeit eingeräumt, mit kalkulierbarem Risiko Arbeitsverhältnisse mit Führungskräften zu beenden.