In den Medien wird oft über die Verletzung von Persönlichkeitsrechten im Arbeitsverhältnis berichtet. Dabei fallen Begriffe wie Keylogging, Kameraüberwachung, Privatdetektive, Datenschutz u. v. m. Betroffen von den Maßnahmen ist in diesen Fällen stets der überwachte Arbeitnehmer.
Wie aber verhält es sich, wenn entgegen der üblichen Konstellation der Arbeitnehmer das Persönlichkeitsrecht des Arbeitgebers verletzt? Über einen solchen Fall hatte im vergangenen Jahr das Landesarbeitsgericht Hessen (Urt. v. 23.08.2017 – 6 Sa 137/17) zu entscheiden.
Sachverhalt
Der Kläger war zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigungserklärung im Jahr 2016 seit mehr als 26 Jahren im öffentlichen Dienst angestellt und damit aufgrund tarifvertraglicher Vorschriften ordentlich unkündbar. Seit Ende des Jahres 2015 war der Kläger mehrfach abgemahnt worden, weil er u.a. seine Arbeitskollegen beleidigt und bedroht hatte. Aufgrund des letzten Vorfalls wurde der Kläger sodann vom Dienst freigestellt und zu einem Personalgespräch geladen. Während des Personalgesprächs lag das Smartphone des Klägers auf dem Tisch und zeichnete – ohne dass er dies den anderen Teilnehmern mitgeteilt hatte – das gesamte Gespräch auf.
Nachdem die Beklagte hiervon Kenntnis erlangt hatte, kündigte sie dem Kläger außerordentlich mit sozialer Auslauffrist.
Entscheidung des Gerichts
Das LAG Hessen hielt die Kündigung – wie auch schon die Vorinstanz – aufgrund der heimlichen Aufnahme des Personalgesprächs für gerechtfertigt und wies die Kündigungsschutzklage ab.
Der heimliche Mitschnitt eines Personalgesprächs sei grundsätzlich geeignet, sowohl eine ordentliche verhaltensbedingte als auch eine außerordentliche Kündigung „an sich“ zu begründen. Auf die strafrechtliche Wertung – das heimliche Mitschneiden nichtöffentlicher Gespräche erfüllt den Straftatbestand des § 201 Abs. 1 Nr. 1 StGB – komme es dabei nicht entscheidend an.
Maßgebend sei vielmehr die dem Arbeitnehmer obliegende Pflicht zur Rücksichtnahme auf die berechtigten Interessen des Arbeitsgebers aus § 241 Abs. 2 BGB. Das heimliche Mitschneiden eines Gesprächs durch den Arbeitnehmer sei wegen Verletzung des Rechts am gesprochenen Wort – welches Ausfluss des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts aus Art. 2 Abs. 1 GG ist – rechtswidrig. Das Grundrecht des Arbeitsgebers umfasse die Befugnis, dass dieser selbst bestimmen könne, ob seine Worte einzig seinem Gesprächspartner, einem bestimmten, festgelegten Personenkreis oder sogar der Öffentlichkeit zugänglich sein sollen.
Das Vorbringen des Klägers in dem konkreten Fall, dass ihm das Verbot der heimlichen Aufnahme nicht bekannt gewesen sei, wies das Gericht dabei vollumfänglich zurück. Auch die Tatsache, dass der Kläger das Smartphone offen auf dem Tisch platziert habe, beseitige nicht die Heimlichkeit seines Vorgehens. Diese hätte er nur durch die vorherige Mitteilung über die Aufzeichnung an die Gesprächsteilnehmer beseitigen können.
Bewertung & Fazit
Die Entscheidung des LAG Hessen ist zu begrüßen. Die Argumente des Gerichts sind überzeugend und reihen sich widerspruchslos in die Rechtsprechung der Landesarbeitsgerichte Rheinland-Pfalz (Urt. v. 03.02.2016 – 7 Sa 220/15) und Köln (Urt. v. 18.05.2011 – 8 Sa 364/11) ein. Auch diese beiden Landesarbeitsgerichte hatten bezüglich der heimlichen Aufnahme von Personalgesprächen entschieden, dass allein das Mitschneiden „an sich“ einen außerordentlichen Kündigungsgrund darstelle.
Positiv hervorzuheben ist, dass das Urteil den Schutz des Persönlichkeitsrechts nach Art. 2 Abs. 1 GG auf Arbeitgeber ebenso erstreckt wie dies bei Arbeitnehmern der Fall ist. Das Schutzniveau der Grundrechte gilt auch in strukturell ungleichen Vertragsverhältnissen für beide Seiten.