Gründung einer deutschen GmbH vor einem Notar mit Amtssitz in der Schweiz kann zulässig sein

Zur Gründung einer deutschen GmbH ist die Beurkundung des Gesellschaftsvertrages durch einen Notar notwendig, vgl. § 2 Abs. 1 GmbHG. Der Gesetzgeber ging bei dieser Vorschrift davon aus, dass die Gründung einer deutschen GmbH regelmäßig in Deutschland und damit auch vor einem deutschen Notar stattfinden wird. Ob auch ein ausländischer Notar die Gründung einer deutschen GmbH beurkunden kann, ist angesichts des nicht eindeutigen Gesetzeswortlauts umstritten. Das Kammergericht Berlin hat mit seinem nunmehr veröffentlichten Beschluss vom 24.01.2018 (Az.: 22 W 25/16) im Hinblick auf die Gründung einer deutschen GmbH vor einem Notar mit dem Amtssitz im Kanton Bern zu dieser Frage Stellung bezogen. Zuvor hatte das Amtsgericht Charlottenburg die Eintragung der GmbH in das dortige Handelsregister wegen Formmangels verweigert.

Hintergrund

Die Wirksamkeit eines Rechtsgeschäfts kann in speziellen Fällen von der notariellen Beurkundung abhängen. dies ist bspw. bei der Gründung einer GmbH, aber auch bei einem Grundstückskaufvertrag, der Fall. Nur wenn die gesetzlich vorgeschriebene Form der notariellen Beurkundung eingehalten wurde, kann das jeweilige Rechtsgeschäft wirksam sein. Wird nun ein Rechtsgeschäft im Ausland abgeschlossen, kommen zwei Gründe in Betracht, weshalb von einem formgültigen Abschluss ausgegangen werden kann. Den ersten Grund stellt das sog. Wirkungsstatut dar, wonach ein Rechtsgeschäft grundsätzlich dann formgültig ist, wenn es die Formerfordernisse des Rechts erfüllt, das auf das seinen Gegenstand bildende Rechtsverhältnis anzuwenden ist (in diesem Fall also deutsches Recht). Den zweiten Grund liefert das sog. Ortsstatut. Hiernach ist ein Rechtsgeschäft auch dann formgültig, wenn es die Formerfordernisse des Staates erfüllt, in dem es vorgenommen wird (in diesem Fall Schweizer Recht).

Entscheidung des Kammergerichts Berlin

Das Kammergericht Berlin hält die Gründung einer deutschen GmbH vor einem Notar mit dem Amtssitz in Bern für zulässig. Zunächst stellt das Kammergericht fest, dass die Beurkundung von Vorgängen einer GmbH durch ausländische Notare nicht generell ausgeschlossen sei. Wie bereits andere Obergerichte geht das Kammergericht jedoch davon aus, dass die Einhaltung des Ortsstatuts bei statusrelevanten gesellschaftsrechtlichen Vorgängen (z.B. Gründung oder Umwandlung) nicht ausreichend sei. Allerdings sei das Wirkungsstatut und daher § 2 Abs. 1 GmbHG erfüllt. Das Kammergericht begründet diese Annahme damit, dass Auslandsbeurkundungen deutsche Formvorschriften erfüllen können, wenn die Urkundsperson und der Beurkundungsvorgang gleichwertig sind. Diesen Grundsatz hat  der BGH bereits mit Urteil vom 16.02.1981 (Az.: II ZB 8/80) aufgestellt. Hinsichtlich der persönlichen Anforderungen an den ausländischen Notar seien die Zugangsvoraussetzungen und die Stellung eines Notars im Kanton Bern mit denen eines deutschen Notars vergleichbar. Auch der Beurkundungsvorgang sei mit dem deutschen Beurkundungsvorgang vergleichbar, da auch im Kanton Bern ein dem deutschen Recht entsprechendes Verfahrensrecht bestünde. So verfolge auch das dortige Verfahrensrecht die ebenfalls mit dem deutschen Beurkundungsrecht verfolgten Zwecke der Rechtssicherheit, Transparenz und Beweissicherung. Diesem sei im konkreten Fall genüge getan worden, da der Berner Notar die gesamte Urkunde nebst Anlagen vorgelesen habe. Zuletzt seien auch die Zuständigkeit und die Pflichten eines Notars im Kanton Bern mit denjenigen eines deutschen Notars vergleichbar.

Praxishinweis

Die Entscheidung verdient Zustimmung. Weshalb bei einer vergleichbaren Qualität und Zweckrichtung der notariellen Praxis eine Beurkundung nur vor deutschen Notaren zulässig sein sollte, erschließt sich nicht. Allerdings sollten sich (zukünftige) Gesellschafter darüber im Klaren sein, dass die Entscheidung nur eine Aussage für den Kanton Bern trifft, sodass Beurkundungen in der Schweiz nicht per se mit dem deutschen Beurkundungsverfahren gleichgesetzt werden können.

Unabhängig davon sollte bei der Beurkundung in der Schweiz stets auf die Verlesung der gesamten Urkunde mitsamt Anlagen bestanden werden. Darüber hinaus sollte in jedem Fall zur Sicherstellung der Eintragung der zu beurkundenden Maßnahme mit dem zuständigen Registergericht abgeklärt werden, ob dieses Beurkundungen vor ausländischen Notaren akzeptiert. Die erfolgte Eintragung im Handelsregister würde im Übrigen auch eine ggf. doch bestehende Formunwirksamkeit heilen.

Wer jedoch sicher gehen will, dass die Eintragung vorgenommen wird oder aus Zeitgründen auf eine zeitnahe Eintragung angewiesen ist, sollte beurkundungsbedürftige Maßnahmen trotz evtl. höherer Kosten weiterhin in Deutschland beurkunden lassen. Dies gilt insbesondere für die Übertragung von Geschäftsanteilen an einer GmbH, da hier eine höchstrichterliche Entscheidung zur Zulässigkeit der Beurkundung durch einen ausländischen Notar noch aussteht.