OLG München: Die Bestimmung der Verbrauchereigenschaft bei Bauverträgen – Wann handelt man (noch) als Verbraucher und wann (schon) als Unternehmer?

Sachverhalt

Eine aus Eltern und Kindern einer Familie bestehende GbR beauftragte ein Unternehmen mit der Errichtung eines Mehrfamilienhauses für die spätere Vermietung, bestehend aus 30 Wohnungen und einer Tiefgarage mit 45 Stellplätzen. Während der Ausführung verlangte das Unternehmen von der GbR die Stellung einer Sicherheit nach § 650f BGB. Die GbR lehnte dies unter Berufung auf das Verbraucherprivileg in § 650f Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 BGB ab (Verbraucher, die einen sog. Verbraucherbauvertrag schließen müssen keine Sicherheit nach § 650f BGB stellen). Der Unternehmer kündigte den Vertrag nach fruchtlosen Fristablauf und nahm die GbR auf Zahlung der kündigungsbedingten Vergütung gemäß § 650f Abs. 5 BGB in Anspruch. Hauptstreitpunkt ist die Verbrauchereigenschaft der GbR als eine Voraussetzung für das Vorliegen des Verbraucherprivilegs.

Entscheidung

Nach der Auffassung des OLG habe die GbR als Unternehmer (§ 14 BGB) und nicht als Verbraucher (§ 13 BGB) gehandelt. Erwerb und Verwaltung von Immobilien zum Zwecke privater Vermögensverwaltung seien zwar grundsätzlich keine gewerblichen Tätigkeiten. Die Grenze zwischen privater und berufsmäßiger Vermögensverwaltung sei – mit der Rechtsprechung des BGH – jedoch dort überschritten, wo sie objektiv einen planmäßigen Geschäftsbetrieb erfordere. Der organisatorische und zeitliche Aufwand aufgrund des Umfangs, der Komplexität und der Anzahl der mit der Vermietung verbundenen Vorgänge sei entscheidend, nicht hingegen die Zahl oder Größe des Objekts als solche. Hier habe die Größenordnung von 30 Wohneinheiten objektiv eine professionelle Baubegleitung und Mängelmanagement erfordert. Auch die fortlaufende Vermietung und Verwaltung eines derartigen Objekts bedeute einen beträchtlichen Verwaltungsaufwand. Das Projekt erfordere bei objektiver Betrachtung daher einen planmäßigen Geschäftsbetrieb. Auf die subjektive Einschätzung der GbR-Gesellschafter komme es dafür nicht an. Weiteres Gegenindiz sei der Umstand, dass das Bauvorhaben zu 100% fremdfinanziert worden sei. Eine risikobehaftete vollständige Fremdfinanzierung in dieser Größenordnung sei Ausdruck der Übernahme unternehmerischen Risikos. Die Vereinbarung einer anderweitigen Sicherheit stehe der Anwendung des § 650f BGB nicht entgegen, da er durch Individualvertrag nicht abbedungen werden könne.

Praxishinweis

Die Abgrenzung privater Vermögensverwaltung von gewerblicher Tätigkeit kann im Einzelfall schwierig sein. Eine klare Grenzzahl gibt es in der Rechtsprechung bisher nicht. Klarheit besteht allerdings in anderer Hinsicht: Gehört eine juristische Person zu den Gesellschaftern der (Außen-)GbR und nicht nur Verbraucher, ist die Verbrauchereigenschaft der GbR von vorneherein ausgeschlossen (BGH, Urteil vom 30.03.2017 – VII ZR 269/15). Das Ausmaß der Verwaltungsvorgänge ist zudem nur bei Bauvorhaben zum Zwecke der Vermögensverwaltung relevant. Bei einem Bau zu überwiegend privaten Zwecken, etwa zur Schaffung von Wohneigentum der Gesellschafter, kommt es darauf nicht an. Ein überwiegend privater Zweck kann auch bei einem Wohnhaus mit lediglich untergeordnetem Betrieb einer Rechtsanwalts- oder Steuerberatungskanzlei zu bejahen sein (vgl. BGH, Urt. v. 10.3.2016 – VII ZR 214/15).

Der Beitrag ist zuerst erschienen im ImmobilienReport Metropolregion Rhein-Neckar, Ausgabe 191.