Das Oberlandesgericht (OLG) Brandenburg hat am 24. Januar 2024 (Aktenzeichen: 7 U 2/23) entschieden, dass ein Geschäftsführer nicht eigenmächtig und einseitig über die Höhe seiner Vergütung entscheiden darf, auch wenn die höhere Vergütung angemessen wäre.
Zum Sachverhalt
Der Beklagte war seit dem Jahr 2000 bei der klagenden Gesellschaft aufgrund eines Geschäftsführeranstellungsvertrages als Geschäftsführer zu einem Jahresgehalt von 60.000 DM tätig. Die Parteien hatten vereinbart, die Vergütung jährlich anzupassen. Zudem sollte der Beklagte jährlich eine Tantieme von mindestens 12.000 DM erhalten. Seit dem Jahr 2009 war der Beklagte Minderheitsgesellschafter mit einer Beteiligung von 40%.
Der Beklagte erhielt 2015 bis 2019 Einmalzahlungen in Höhe von insgesamt 170.000 Euro, deren Auszahlungen er selbst initiierte. Die Gesellschafterversammlung entlastete den Beklagten für die Jahre 2015 bis 2017.
Im Jahr 2020 berief die Gesellschafterversammlung der klagenden Gesellschaft den Beklagten ab und kündigte den Geschäftsführervertrag außerordentlich.
Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes ist anzuwenden
Das Gericht entschied, dass der Geschäftsführer seine Pflichten verletzt habe, indem er die Auszahlung der jährlichen Einmalzahlungen anwies. Der Beklagte müsse hinsichtlich des Umgangs mit dem Gesellschaftsvermögen die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes anwenden. Dem sei der Geschäftsführer aber durch die Anweisungen der Auszahlungen der jährlichen Einmalzahlungen nicht gerecht geworden.
Angemessenheit der Vergütung von Gesellschafterversammlung zu bestimmen
Die Festlegung der Angemessenheit der Vergütung des Beklagten als Geschäftsführer obliege nicht dem Beklagten selbst. Vielmehr sei nur die Gesellschafterversammlung der Klägerin dazu berechtigt, über die Höhe der Vergütung zu entscheiden. Durch die eigenmächtige Entscheidung des Beklagten über seine Vergütung übersteige diese die ursprünglich vertraglich vereinbarte Geschäftsführervergütung, welche die Mitgesellschafter auch nicht billigten. Dies führe insgesamt zu einem Rückforderungsanspruch der zu viel gezahlten Vergütung, so das OLG Brandenburg.
Entlastung führt grundsätzlich zum Ausschluss von Schadensersatzansprüchen
Die Entlastung des Beklagten durch die Gesellschafterversammlung für die Jahre 2015 bis 2017 führe dazu, dass der klagenden Gesellschaft für die insoweit erfolgten Zahlungen kein Anspruch auf Rückzahlung zustehe. Die Entlastung bewirke nämlich, dass die Gesellschafter dem Geschäftsführer für seine bisherige Geschäftsführung vertrauen und dass sie insbesondere Schadensersatzansprüche ausschließen.
Die Entlastung des Geschäftsführers erstrecke sich dabei auch auf solche Umstände, die den Gesellschaftern bei sorgfältiger Überprüfung erkennbar gewesen wären. Dies gilt nicht, wenn der Geschäftsführer bewusst Informationen verborgen habe oder die Umstände für die Gesellschafter nicht erkennbar waren. Die Gesellschaft müsse die fehlende Erkennbarkeit beweisen.
Jahresabschluss ist keine Bestätigung der Angemessenheit der ausgezahlten Vergütung
Die Feststellung eines Jahresabschlusses bewirke eine Entlastung nur dann, wenn diesbezüglich eine Parteivereinbarung vorliege oder für die Gesellschafter vor der Feststellung des Jahresabschlusses bereits erkennbar sei, dass keine Übereinstimmung hinsichtlich der Verbindlichkeit bestehe. Der Jahresabschluss sei dagegen keine Bestätigung der Angemessenheit der ausgezahlten Vergütung.
Sei die Höhe des Geschäftsführergehalts kein Diskussionsthema zwischen den Gesellschaftern, so führe dies lediglich zur Feststellung des bezahlten Geschäftsführergehalts, allerdings nicht zur Entlastung des Gesellschafters von der Rückforderung geleisteter Überzahlungen.
Niedrige Geschäftsführervergütung ist nicht sittenwidrig
Ist das branchenübliche Geschäftsführergehalt deutlich höher als das Vereinbarte, so sei das vereinbarte niedrigere Gehalt nicht sittenwidrig. Dies wäre nur dann der Fall, wenn zusätzlich die Ausnutzung einer Schwächesituation des Geschäftsführers vorläge.
Die Klägerin sei zudem dazu berechtigt, die Einmalzahlungen von dem Beklagten zurückzufordern, auch wenn die durch den Beklagten geleistete Arbeit vom Wert her dem ausgezahlten Betrag entspreche.
Fazit
Zwar sind Gesellschafter-Geschäftsführer nicht dazu berechtigt, eigenmächtig ihre Vergütung anzupassen, allerdings kann diesem gegenüber den Mitgesellschaftern ein Anspruch auf Zustimmung zu einer Anhebung seiner Vergütung aus dem Grundsatz der bestehenden Treuepflicht zustehen. Dieser Anspruch kann bereits ab dem Zeitpunkt bestehen, ab dem Änderungen zugunsten der Gesellschaft eintreten. Jedoch können Gesellschaften in engen Grenzen bei einer Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage der Gesellschaft die Vergütung des Geschäftsführers unter strengen Voraussetzungen auch herabsetzen.