Headhunter aufgepasst – Vorsicht bei telefonischen Abwerbeversuchen am Arbeitsplatz

Schon 2004 entschied der Bundesgerichtshof, dass Arbeitnehmer zum Zwecke der Abwerbung – über eine erste Kontaktaufnahme hinaus – nicht an ihrem Arbeitsplatz angerufen werden dürfen. Jüngst hat das OLG Frankfurt am Main diese Rechtsprechung in seiner Entscheidung vom 8. August 2019 – 6 W 70/19 bestätigt und auch telefonische Abwerbeversuche am Arbeitsplatz über das Privathandy des Arbeitnehmers nur in engen Grenzen für zulässig erklärt.

Sachverhalt

Das OLG Frankfurt am Main hatte in seinem Beschluss vom 8. August 2019 in zweiter Instanz über die Zulässigkeit eines telefonischen Abwerbeversuchs am Arbeitsplatz zu entscheiden. Hintergrund dieser Entscheidung war ein „Headhunter“ oder „Recruiter“, der nach vorherigem E-Mail-Kontakt eine Arbeitnehmerin über ihr Privathandy während der Arbeitszeit an ihrem Arbeitsplatz angerufen hatte. Durch den Anruf wollte er den Wechsel der Arbeitnehmerin zu einem anderen Arbeitgeber erreichen. Dieses Telefongespräch dauerte insgesamt zwölf Minuten. Daraufhin stellte die über diesen Vorgang informierte Arbeitgeberin einen Antrag auf Unterlassung solcher Abwerbeversuche im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes.

Die Entscheidung des OLG Frankfurt am Main

Das OLG Frankfurt am Main gab diesem Antrag statt. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs stellen derartige Abwerbeversuche eines Arbeitnehmers am Arbeitsplatz eine wettbewerbswidrige unlautere Behinderung des Arbeitgebers dar (§ 4 Nr. 4 UWG). Dies gilt nach Ansicht des OLG Frankfurt am Main auch für eine Kontaktaufnahme über das Privathandy des Arbeitnehmers, sofern sie am Arbeitsplatz des Arbeitnehmers erfolgt, weil auch in diesem Fall in den Betriebsablauf des Arbeitgebers in unverhältnismäßiger Weise eingegriffen wird.
Da der Headhunter aber bei einem Anruf auf das Privathandy der Arbeitnehmer nicht wissen kann, ob sich dieser gerade am Arbeitsplatz befindet, ist ein solcher Anruf – der über einen kurzen Erstkontakt hinausgeht – nur dann zulässig, wenn der Anrufer zu Beginn des Gesprächs nachfragt, ob sich der Arbeitnehmer am Arbeitsplatz befindet. Bejaht der Arbeitnehmer das, muss der Headhunter das Gespräch sofort beenden.

Zulässig – auch am Arbeitsplatz des Arbeitnehmers – ist eine erste kurze Kontaktaufnahme. Dieser zulässige Erstkontakt umfasst in der Regel das kurze Vorstellen des Headhunters, die Nachfrage beim Arbeitnehmer, ob überhaupt Interesse an einer neuen Stelle besteht und falls dies bejaht wird auch eine kurze Beschreibung der angebotenen Stelle. Darüber hinaus kann auch kurz eine Kontaktmöglichkeit außerhalb des Arbeitsplatzes besprochen werden. Insgesamt darf ein solches Gespräch aber nur wenige Minuten dauern. Im vorliegenden Fall verneinte das OLG Frankfurt am Main einen zulässigen Erstkontakt für ein Telefongespräch, das zwölf Minuten dauerte.

Bedeutung für die Praxis

Headhunter und andere Abwerbende sollten sich zukünftig immer, wenn sie Arbeitnehmer über das Privathandy anrufen, vergewissern, ob sich der Arbeitnehmer gerade am Arbeitsplatz befindet oder sonst irgendwie für seinen Arbeitgeber tätig ist. Nur auf diese Weise kann verhindert werden, dass es sich bei dem Anruf um wettbewerbswidrige unlautere Behinderung des Arbeitgebers handelt. Andernfalls stehen Unterlassungsansprüche und ggf. sogar Schadensersatzansprüche des betroffenen Arbeitgebers im Raum. Darüber hinaus sollten Headhunter die Dauer des telefonischen Erstkontakts dokumentieren und darauf achten, dass dieser wenige Minuten nicht überschreitet.