Großer Altersabstand: Ausschluss betrieblicher Hinterbliebenenversorgung ist nicht diskriminierend

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hatte in der Vergangenheit zwar bereits geurteilt, dass der Ausschluss einer Hinterbliebenenversorgung bei Überschreiten eines bestimmten Altersabstands zulässig ist. Dennoch schafft das – bislang nur als Pressemitteilung vorliegende – Urteil des BAG vom 20. Februar 2018 (3 AZR 43/17) zu dieser Frage eine Rechtsklarheit, die zwischenzeitlich durch das Inkrafttreten des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) in Zweifel geraten war.

Sachverhalt

Die Klägerin ist 1968 geboren. Sie hat ihren 1950 geborenen und 2011 verstorbenen Ehemann im Jahr 1995 geheiratet. Dem verstorbenen Ehemann der Klägerin war von seinem Arbeitgeber u.a. eine Hinterbliebenenversorgung zugesagt worden. Nach der Versorgungsordnung setzt der Anspruch auf Leistungen der Hinterbliebenenversorgung an die Ehegatten voraus, dass sie nicht mehr als 15 Jahre jünger als der Versorgungsberechtigte sind.

Der Beklagte – der Pensions-Sicherungs-Verein VVaG (PSVaG) als Träger der Insolvenzsicherung –lehnte die Zahlung der von der Klägerin begehrten Witwenrente mit Verweis auf den zwischen ihr und ihrem verstorbenen Ehegatten bestehenden Altersabstand ab.

Das Arbeitsgericht Köln wies die Klage ab (Urteil vom 2. Dezember 2015 – 2 Ca 9521/14), das Landesarbeitsgericht Köln gab der Berufung der Klägerin statt (Urteil vom 31. August 2016 – 11 Sa 81/16).

Entscheidung des Gerichts

Nach Ansicht des BAG ist die durch die vorliegende Altersabstandsklausel bewirkte unmittelbare Benachteiligung wegen des Alters gerechtfertigt. Der Arbeitgeber, der eine Hinterbliebenenversorgung zusagt, habe ein legitimes Interesse, das hiermit verbundene finanzielle Risiko zu begrenzen.

Die Altersabstandsklausel ist nach dem Urteil des BAG auch erforderlich und angemessen. Sie führe nicht zu einer übermäßigen Beeinträchtigung der legitimen Interessen der versorgungsberechtigten Arbeitnehmer, die von der Klausel betroffen seien. Bei einem Altersabstand von mehr als 15 Jahren sei der gemeinsame Lebenszuschnitt der Ehepartner darauf angelegt, dass der Hinterbliebene einen Teil seines Lebens ohne den Versorgungsberechtigten verbringe. Zudem würden wegen des Altersabstands von mehr als 15 Jahren nur solche Ehegatten von dem Ausschluss erfasst, deren Altersabstand zum Ehepartner den üblichen Abstand erheblich übersteige.

Bewertung & Fazit

Die Entscheidung des BAG stellt eine erfreuliche Klärung für die Praxis dar.

Zwar hatte das BAG bereits mehrfach geurteilt, dass der Ausschluss einer Hinterbliebenenversorgung bei Überschreiten eines bestimmten Altersabstands zulässig sei, so z.B. bei einem Altersabstand von mehr als 25 Jahren (Urteil vom 18. Juli 1972 – 3 AZR 472/71).

In der Folge hatte das BAG in jüngerer Zeit jedoch ausdrücklich offen gelassen, ob und inwieweit Altersabstandsklauseln unter Geltung des im Jahr 2006 in Kraft getretenen AGG noch Bestand haben können (Urteil vom 4. August 2015 – 3 AZR 137/13).

Mit seinem aktuellen Urteil hat das BAG klargestellt, dass eine Versorgungsregelung mit einer Altersabstandsklausel von mehr als 15 Jahren auch unter Geltung des AGG wirksam ist. Arbeitgeber, deren Versorgungsordnungen kürzere Altersabstandsklauseln vorsehen, werden dagegen weiterhin mit einer gewissen Rechtsunsicherheit leben müssen.

Mit dem Urteil des BAG vom 20. Februar 2018 dürften aber erst recht Klauseln wirksam sein, nach denen bei Überschreitung eines Altersabstands von 15 Jahren eine Hinterbliebenenversorgung nicht vollständig ausgeschlossen ist, sondern lediglich pro Jahr des darüber hinausgehenden Altersunterschieds sukzessive reduziert wird.

Im Hinblick auf sog. Spätehenklauseln hat dagegen eine differenzierende Betrachtung zu erfolgen. Unzulässig ist eine Klausel, mit der eine Hinterbliebenenversorgung bei Eheschließung nach Vollendung des 60. Lebensjahres ausgeschlossen wird (BAG, Urteil vom 4. August 2015 – 3 AZR 137/13). Wirksam sind dagegen nach der Rechtsprechung des BAG der Ausschluss von Versorgungsansprüchen z.B. für den Fall, dass die Ehe erst nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses (Urteil vom 15.Oktober 2013 – 3 AZR 653/11), nach Eintritt des Versorgungsfalls (Urteil vom 15.Oktober 2013 – 3 AZR 294/11) bzw. nach Erreichen der in der Versorgungsregelung vorgesehenen festen Altersgrenze (Urteil vom 14. November 2017 – 3 AZR 781/16) geschlossen wurde.

Mit seinem aktuellen Urteil hat das BAG somit einen weiteren Baustein für eine wirksame arbeitgeberseitige Ausgestaltung von Versorgungsordnungen gesetzt.