Fortführung des Arbeitsverhältnisses auch über die Regelaltersgrenze hinaus ist zulässig

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat in einem aktuellen Urteil vom 19.12.2018 (Az.: 7 AZR 70/17) entschieden, dass eine Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer möglich ist, nach welcher der Beendigungszeitpunkt des Arbeitsverhältnisses über die Regelaltersgrenze hinausgeschoben wird. Damit hat das höchste deutsche Arbeitsgericht eine lange währende Unklarheit beseitigt und dem Bedürfnis vieler Arbeitnehmer und Arbeitgeber Rechnung getragen, das Arbeitsverhältnis über das Renteneintrittsalter hinaus befristet zu verlängern.

Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Der Kläger war als Lehrer bei dem beklagten Land angestellt. Nach dem einschlägigen Tarifvertrag hätte das Beschäftigungsverhältnis mit Ablauf des Schulhalbjahres geendet, in dem der Lehrer die gesetzliche Regelaltersgrenze erreicht. Die Parteien trafen vor dem eigentlichen Beendigungszeitpunkt jedoch eine Vereinbarung, nach welcher das Beschäftigungsverhältnis erst mit Ablauf des nächsten Schulhalbjahres enden sollte.

Entgegen dieser Vereinbarung vertrat der Lehrer die Ansicht, dass das Beschäftigungsverhältnis auch über diesen neuen Beendigungszeitpunkt hinaus fortbestehe. Die Vereinbarung stelle eine unwirksame Befristung dar, sodass auch nach Erreichen der Regelaltersgrenze ein unbefristetes Beschäftigungsverhältnis vorliege. Das Land war hingegen der Auffassung, dass man das Arbeitsverhältnis gemäß § 41 S. 3 SGB VI wirksam verlängert habe und dass es zu dem vereinbarten Zeitpunkt geendet habe.

Sowohl vor dem Arbeitsgericht, als auch dem Landesarbeitsgericht unterlag der Lehrer mit seiner Klage auf Feststellung, dass das Beschäftigungsverhältnis weiterhin bestehe. Auch das BAG wies die hiergegen eingelegte Revision zurück. Dabei stellte das BAG – in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des EuGHs (Urt. v. 28.2.2018 – C-46/17) – fest, dass die zentrale Norm des § 41 S. 3 SGB VI unionsrechtskonform sei. Dies war bislang umstritten. In der Norm liege keine Altersdiskriminierung. Ein Arbeitnehmer, der kurz vor Erreichen der Regelaltersgrenze stehe, habe in aller Regel keine Möglichkeit mehr ein unbefristetes Arbeitsverhältnis einzugehen. Er könne daher zwischen der befristeten Verlängerung seines Arbeitsverhältnisses und dem völligen Ausscheiden aus dem Berufsleben wählen. Gerade auch die Möglichkeit einer mehrmaligen Verlängerung zeige, dass die Regelung für ältere Arbeitnehmer günstig ist. So kann der Arbeitnehmer – bei einem entsprechenden Angebot – frei entscheiden, ob er das Arbeitsverhältnis verlängern, oder aus dem Berufsleben ausscheiden möchte. Ein solcher Arbeitnehmer ist auch hinsichtlich seiner sozialen Absicherung anders zu behandeln, als ein junger Arbeitnehmer.

Mit diesem äußerst praxisnahen Urteil ermöglicht das BAG den Arbeitsvertragsparteien nunmehr, rechtssicher Vereinbarungen über eine Verlängerung des Arbeitsverhältnisses über das Renteneintrittsalter hinaus abzuschließen.

Fazit:

Unter Beachtung der folgenden Voraussetzungen ist ein Hinausschieben des Beendigungszeitpunktes über die Regelaltersgrenze hinaus (auch mehrfach) möglich:

  • Nach den vertraglichen Regelungen endet das Arbeitsverhältnis mit Erreichen der Regelaltersgrenze.
  • Die Vereinbarung über die Verlängerung wird vor Erreichen dieses Zeitpunktes getroffen. Vorsorglich sollte dies schriftlich geschehen.
  • Ein Grund für die Befristung der Verlängerung ist nicht erforderlich
  • Vorsorglich sollte das Arbeitsverhältnis mit identischem Inhalt weitergeführt werden.