Durchsetzung der Geschäftsführerhaftung – gewusst wie!

Die gerichtliche Durchsetzung von Schadenersatzansprüchen gegen einen GmbH-Geschäftsführer ist bisweilen eine schwierige Sache. Und das beruht keineswegs darauf, dass man– wie das Sprichwort sagt – vor Gericht und auf hoher See in Gottes Hand sei und daher nie wisse, ob einem das Gericht auch in der Sache Recht gibt. Die Schwierigkeiten beginnen vielmehr häufig schon mit der Frage, wer überhaupt darüber entscheidet, ob ein Schadenersatzanspruch vor Gericht gebracht werden soll oder nicht.

Anspruchsinhaber: GmbH

Hat ein Geschäftsführer seine Pflichten gegenüber der GmbH verletzt, ist im Ausgangspunkt allein die Gesellschaft selbst schadenersatzberechtigt. Den einzelnen Gesellschaftern steht demgegenüber grundsätzlich kein eigener Schadenersatzanspruch zu, auch wenn diese mittelbar durch die Schädigung der GmbH ebenfalls von der Pflichtverletzung betroffen sind.

Anspruchsvoraussetzung: Gesellschafterbeschluss

Über die Frage, ob die GmbH ihren Schadenersatz gerichtlich geltend machen soll oder nicht, haben nach § 46 Nr. 8 GmbHG die Gesellschafter durch Mehrheitsbeschluss zu entscheiden. Sie können sich dabei auch dafür entscheiden, von einem Prozess gegen einen Geschäftsführer Abstand zu nehmen. Das beruht auf der Erwägung, dass es im Einzelfall auch opportun sein kann, von der Geltendmachung von Ansprüchen abzusehen, insbesondere wegen zweifelhafter Erfolgsaussichten. Gegen einen Prozess kann auch sprechen, dass dadurch das Ansehen der Gesellschaft in Mitleidenschaft gezogen werden könnte oder dass Gesellschaftsinterna im Rahmen eines öffentlichen Prozesses  bekannt würden.

Entscheidend: Mehrheitswille

Da niemand Richter in eigener Sache sein darf, ist der Geschäftsführer selbst bei dieser Entscheidung vom Stimmrecht ausgeschlossen, wenn er zugleich auch Gesellschafter der GmbH sein sollte. Was aber gilt, wenn der Geschäftsführer im Lager eines oder mehrerer anderer Gesellschafter steht, die bereit sind, den Geschäftsführer zu schützen? Kann ein Minderheitsgesellschafter dann selbst das Heft in die Hand nehmen und den Geschäftsführer im Namen der GmbH verklagen? Das wurde bislang von nicht wenigen Vertretern im wissenschaftlichen Schrifttum angenommen.

BGH: Keine actio pro socio

Der BGH hat dem aber nun mit einem Urteil vom 25.01.2022 (II ZR 50/20) eine Absage erteilt.

Zwar sei es denkbar, dass ein Gesellschafter unter bestimmten Voraussetzung auch einen (fremden) Anspruch der GmbH geltend mache, welcher der GmbH gegen einen Mitgesellschafter zustehe (sog. actio pro socio). Dies könne auch dann gelten, wenn der Mitgesellschafter nicht als solcher, sondern in seiner Rolle als Geschäftsführer der GmbH in Anspruch genommen werden soll. Stehe aber die Inanspruchnahme einer Person in Frage, die ausschließlich Geschäftsführer sei, komme eine derartige Gesellschafterklage grundsätzlich nicht in Frage. Dem stehe die gesetzgeberische Entscheidung entgegen, dass über die Inanspruchnahme eines Geschäftsführers nach § 46 Nr. 8 GmbHG die Gesellschafterversammlung entscheiden solle.

Ein Minderheitsgesellschafter werde dadurch nicht der Willkür der Mehrheit ausgesetzt, die ggf. bereit sein könnte, einen ihr nahestehenden Geschäftsführer aus sachfremden Gründen zu schonen. Wenn es in missbräuchlicher Weise abgelehnt werde, einen Geschäftsführer auf Schadenersatz in Anspruch zu nehmen, könne der Minderheitsgesellschafter gegen diesen Beschluss vorgehen. Dass der Minderheitsgesellschafter dann schlimmstenfalls zwei Prozesse führen müsse, nämlich einen zur Korrektur des Gesellschafterbeschlusses und einen gegen den Geschäftsführer, sei hinzunehmen.

Fazit:

Im Ergebnis stärkt diese Rechtsprechung die Mehrheitsherrschafter und schützt diese vorbehaltlich von Missbrauchsfällen davor, dass ihr von Minderheitsgesellschaftern Prozesse aufgezwängt werden, die aus Sicht der Mehrheit mit mehr Nachteilen als Chancen verbunden sind. Für Minderheitsgesellschafter mag das misslich sein und zu zusätzlichen Hürden und Risiken bei der Verfolgung von Schadenersatzansprüchen führen. Auch Minderheitsgesellschafter sind jedoch nicht völlig schutzlos gestellt und können im Einzelfall auch gegen den Willen der Mehrheit eine Geschäftsführerhaftung geltend machen. Elementar ist dabei, zu wissen wie!