Covid-19-Pandemie: Neues Gesetz im Gewerbemietrecht

Mitte Dezember vergangenen Jahres hat der Bundestag die im Bereich des gewerblichen Mietrechts aufgrund der Covid-19-Pandemie bestehenden Spannungen zwischen Mietern und Vermietern aufgegriffen. Im Wege eines umfangreicheren Artikelgesetzes wurden u.a. beschlossen: die Einführung eines neuen Artikel 240 § 7 EGBGB (Vermutung einer pandemiebedingten Störung der Geschäftsgrundlage von Miet- und Pachtverträgen) sowie eines neuen § 44 EGZPO (Beschleunigung von Verfahren über pandemiebedingte Miet- und Pachtanpassungen). Das Gesetzgebungsverfahren ist zwischenzeitlich abgeschlossen und die entsprechenden Vorschriften in Kraft getreten.

Störung der Geschäftsgrundlage wird nun vermutet

Durch den neu eingeführten Art. 240 § 7 BGB wird nun klargestellt, dass aufgrund der mit der Covid-19-Pandemie einhergehenden Sondersituation die Regelungen zur Störung der Geschäftsgrundlage iSd § 313 BGB grundsätzlich anwendbar sind. Dies geschieht durch die (widerlegliche) Vermutung, dass sich durch die Pandemie ein zur Grundlage des Miet- oder Pachtvertrages gewordener Umstand schwerwiegend verändert hat. Hiervon ist auszugehen, sofern der Miet- oder Pachtgegenstand infolge behördlicher Maßnahmen nicht oder nur erheblich eingeschränkt genutzt werden kann.

Eine abschließende Lösung der zwischen Mietern und Vermietern bestehenden Konflikte zu der Pflicht auf Mietzahlung ist mit der gesetzlichen Neuregelung jedoch noch immer nicht geschaffen. So erfasst die Vermutungswirkung lediglich einen Teil der notwendigen tatbestandlichen Voraussetzungen des § 313 BGB. Offen gelassen hat der Gesetzgeber demnach die Beantwortung folgender Fragen- Was wäre vereinbart worden, hätten die Parteien von dem Eintritt der Pandemie bei Vertragsschluss gewusst? – Ist dem Mieter die Situation unzumutbar?

Es ist daher immer noch ungeklärt, ob die übrigen Voraussetzungen des §313 BGB als erfüllt anzusehen sind.

Zwar geht die Gesetzesbegründung im Hinblick auf die übrigen Elemente des § 313 BGB davon aus, dass Belastungen infolge staatlicher Maßnahmen in den allermeisten Fällen weder der Sphäre des Mieters noch der des Vermieters zuzuordnen sind.  Einen Niederschlag im Gesetzeswortlaut findet sich hierzu jedoch nicht. Inwiefern diese Begründung bei der Interpretation der Vorschrift bzw. im Wege der Rechtsanwendung durch die Gerichte mittelbar Folgen zeigen wird, wird die Zukunft zeigen.

Wann greift die gesetzliche Vermutung?

Die sich aus der neuen Vorschrift ergebende Vermutungswirkung greift, sofern staatliche Maßnahme vorhanden sind, die entweder die Verwendbarkeit der Mietsache ausschließen oder aber erheblich einschränken. Insbesondere bei den derzeitigen Schließungsanordnungen, aber auch bereits wegen der bestehenden Maskenpflicht bzw. Beschränkung der Personenanzahlen ist von einer derartigen Maßnahme auszugehen. Die Vermutungswirkung gilt nur im Zusammenhang mit Gewerbemiet- bzw. -pachtverträgen. Wohnraummietverhältnisse unterfallen der Vorschrift ausdrücklich nicht.

Vorrang- und Beschleunigungsgebot

Neben Art. 240 § 7 BGB wurde mit § 44 EGZPO ein Vorrang- und Beschleunigungsgebot eingeführt. Dieses soll sowohl für Konstellationen Anwendung finden, in denen der Mieter sich auf eine Vertragsanpassung im Hinblick auf die Miete gemäß § 313 BGB beruft, als auch für die Fälle einschlägig sein, in denen der Mieter die Anpassung der Miete als Einrede gegen eine Zahlungsklage des Vermieters erhebt. Gerichte haben solche Fälle nun vorrangig und beschleunigt zu behandeln.

Folgen für die Praxis

Die Folgen des neuen Art. 240 § 7 EGBGB für die Praxis bleiben – bedingt durch die weiterhin noch offenen Fragen- überschaubar. Zu beachten gilt jedoch, dass durch das neue Gesetz keine Sperrwirkung erzeugt wird, sodass vertragliche Regelungen weiterhin anwendbar bleiben.  Eine weitreichende Rechtssicherheit zu der Frage, inwiefern Mieten bzw. Pachten geschuldet sind, wird weiterhin nur durch vertragliche Vereinbarungen oder durch die Einschaltung der Gerichte erzielt werden können.