Um die wirtschaftlichen Folgen des verordneten „Lockdowns“ abzufedern, brachten die Regierungen des Bundes und der Länder die sog. Corona-Soforthilfen für kleine Unternehmen und Soloselbstständige auf den Weg. Diese Hilfszahlungen wurden im Zeitraum von Ende März bis 31. Mai 2020 auf Antrag ohne verdrießliche Formalitäten gewährt. So ehrbar dieser unbürokratische Ansatz ist, so missbrauchsanfällig war das Antragsverfahren. Es liegt für jeden auf der Hand, dass derjenige zu bestrafen ist, der ohne Not die Soforthilfen beantragt und ausgezahlt bekommt. Schwieriger ist aber die Lage zu bewerten, wenn ein Unternehmer davon ausging, im maßgeblichen Zeitraum von wirtschaftlichen Engpässen betroffen zu sein, diese Prognose sich aber nachträglich – also nach erfolgter Auszahlung – als unzutreffend herausstellt.
Betrug oder Subventionsbetrug?
Die Corona-Soforthilfen sind Leistungen aus öffentlichen Mitteln nach Bundes- oder Landesrecht, die Betrieben oder Unternehmen ohne marktmäßige Gegenleistung gewährt werden und die der Förderung der Wirtschaft dienen. Damit handelt es sich um Subventionen im Sinne des § 264 Abs. 7 StGB, sodass nach der herrschenden Meinung im Strafrecht kein „normaler“ Betrug im Sinne des § 263 StGB, sondern ein genauso strafbarer Subventionsbetrug in Betracht kommt.
Obwohl beide Tatbestände dieselbe Strafe (Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe) vorsehen, ist deren Unterscheidung doch von hoher Relevanz. Denn während der Betrug nach § 263 StGB bei einem Unterlassen nur dann vorliegt, wenn eine spezifische Handlungspflicht besteht (sog. Garantenpflicht im Sinne des § 13 Abs. 1 StGB), bedarf es einer solchen für einen Subventionsbetrug gerade nicht. Denn nach § 264 Abs. 1 Nr. 3 StGB wird bestraft, wer den Subventionsgeber entgegen den Rechtsvorschriften über die Subventionsvergabe über subventionserhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt. D.h. jeder Subventionsempfänger kann sich strafbar machen, wenn er solche Tatsachen verschweigt.
Brisant: Von der Strafnorm des § 264 Abs. 1 Nr. 3 StGB werden nicht nur Fälle umfasst, die sich innerhalb eines laufenden Gewährungsverfahren abspielen. Vielmehr kommt Subventionsbetrug auch dann in Betracht, wenn die Zahlung aufgrund (unbewusst) falscher Angaben bereits erfolgt ist und der Subventionsnehmer den Irrtum erst im Nachhinein erkennt, dies dann aber für sich behält.
Für die Corona-Soforthilfen bedeutet das: Stellt die Gewährungsvoraussetzung der existenzbedrohenden Wirtschaftslage (Liquiditätsengpass) eine subventionserhebliche Tatsache dar und besteht eine Mitteilungspflicht bezüglich des Ausbleibens dieses Umstands, macht sich der Empfänger bei Verschweigen wegen Subventionsbetruges strafbar.
Liquiditätsengpass als subventionserhebliche Tatsache?
Nach § 264 Abs. 8 Nr. 1 StGB sind Tatsachen subventionserheblich, die durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes von dem Subventionsgeber als subventionserheblich bezeichnet sind. Da es sich bei den Soforthilfen wie gesehen um Subventionen im Sinne des § 264 StGB handelt, findet auch das Subventionsgesetz nach § 1 Abs. 1 SubvG Anwendung. Hierbei handelt es sich um das Gesetz, auf Grund dessen die Regierungen als Subventionsgeber den Liquiditätsengpass als subventionserheblich bezeichnen können, vgl. § 2 Abs. 1 SubvG. Diese Bezeichnung erfolgte in Ziffer 6.1 in Verbindung mit Ziffer 5.1 des Musterantragformulars der Bundesregierung.
Pflicht zur Mitteilung von fehlendem Liquiditätsengpass?
Nach § 3 Abs. 1 S. 1 SubvG ist der Subventionsnehmer verpflichtet, dem Subventionsgeber unverzüglich alle Tatsachen mitzuteilen, die der Bewilligung, Gewährung, Weitergewährung, Inanspruchnahme oder dem Belassen der Subvention oder des Subventionsvorteils entgegenstehen oder für die Rückforderung der Subvention oder des Subventionsvorteils erheblich sind.
Da der Liquiditätsengpass die Voraussetzung zur Gewährung der Soforthilfen schlechthin ist, besteht also eine Mitteilungspflicht gegenüber der die Soforthilfe gewährenden bzw. auszahlenden Behörde, sofern sich der bei Antragstellung prognostizierte Liquiditätsengpass im Nachhinein als nicht gegeben oder weniger stark als angenommen herausstellt.
Was ist betroffenen Unternehmen zu raten?
Hieraus folgt, dass sich derjenige wegen Subventionsbetruges nach § 264 Abs. 1 Nr. 3 StGB strafbar macht, der den Subventionsgeber nicht davon unterrichtet, dass der ursprünglich angenommene Engpass doch nicht (in der angegebenen Höhe) besteht. Jedem Unternehmen, das sich Corona-Soforthilfen auszahlen ließ, ist daher zu raten, die in ihrem Antrag gemachten Angaben sorgfältig und kritisch zu überprüfen und der Behörde etwaige Änderungen umgehend mitzuteilen. Dies gilt umso mehr, als eine strafbefreiende tätige Reue nach § 264 Abs. 5 StGB in der hier behandelten Situation nicht in Betracht kommt, da die Soforthilfen bereits ausgezahlt wurden.
Letztlich sei noch darauf hingewiesen, dass nicht nur das vorsätzliche Verschweigen der genannten Tatsachen strafbar ist. Nach § 264 Abs. 4 StGB wird auch derjenige bestraft, der die Mitteilungspflicht leichtfertig – d.h. grob fahrlässig – verletzt.