Die Rückzahlung eines Darlehens durch die später insolvente GmbH, das ein Dritter einem Gesellschafter der GmbH zwecks eigener Darlehensgewährung an die Gesellschaft zur Verfügung gestellt hatte, unterliegt nach zutreffender Auffassung des BGH im Verhältnis zu dem Dritten nicht der Insolvenzanfechtung als Gesellschafterdarlehen.
In dem vom BGH im Urteil vom 27.02.2020 (IX ZR 337/18) entschiedenen Fall hatte ein außenstehender Dritter, der ansonsten mit der später insolventen Gesellschaft, einer Autohaus GmbH, nicht in Rechtsbeziehungen stand, dem Alleingesellschafter-Geschäftsführer ein Darlehen in Höhe von 1 Million Euro gewährt. Absprachegemäß sollte der Darlehensbetrag anschließend durch den Alleingesellschafter der Gesellschaft als Darlehen zur Verfügung gestellt werden. Das Darlehen diente der kurzfristigen Beseitigung einer Liquiditätslücke der Gesellschaft. Der Dritte überwies den Darlehensbetrag direkt an die GmbH. Diese besicherte das Darlehen im Verhältnis zu dem Dritten mit eigenen Forderungen gegen Kunden u.a. Ein Teilbetrag des Darlehens in Höhe von € 450.000,- wurde sodann zeitnah durch die Autohaus GmbH an den Dritten zurückbezahlt. Die Rückzahlung des Restbetrages in Höhe von € 550.000,- erfolgte indes erst ca. 8 Monate später und nur wenige Monate, bevor der Alleingesellschafter-Geschäftsführer die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Gesellschaft beantragte.
Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens versuchte der Insolvenzverwalter im Klagewege, die innerhalb des Jahreszeitraums vor Stellung des Insolvenzantrages erfolgte Rückzahlung der € 550.000,- anzufechten, um die Rückgewähr des Betrages zur Insolvenzmasse zu erreichen. Er war der Auffassung, das Darlehen sei durch die gewählte Konstruktion der Darlehensgewährung einem Gesellschafterdarlehen gleichzustellen, weshalb die Rückzahlung innerhalb des letzten Jahres vor Insolvenzantragstellung anfechtbar sei und der ausgezahlte Betrag zurückgewährt werden müsse.
Dieser Sichtweise erteilte der BGH eine klare Absage und hat damit die Anwendbarkeit der Vorschriften zur Insolvenzanfechtung weiter klar eingegrenzt:
Nach § 135 Abs. 1 Nr. 2 der Insolvenzordnung (InsO) ist eine Rechtshandlung anfechtbar, die für die Forderung eines Gesellschafters auf Rückgewähr eines (insolvenzrechtlich nachrangigen) Gesellschafterdarlehens oder für eine gleichgestellte Forderung Befriedigung gewährt hat, wenn die Handlung im letzten Jahr vor dem Eröffnungsantrag oder nach diesem Antrag vorgenommen worden ist. Der BGH stellt hierzu zunächst nur knapp fest: Der Dritte als Darlehensgeber sei nicht Gesellschafter der später insolventen GmbH gewesen. Lediglich unter besonderen Voraussetzungen fänden die Vorschriften über Gesellschafterdarlehen auch auf Finanzierungshilfen Dritter Anwendung, nämlich dann, wenn der Dritte bei wirtschaftlicher Betrachtung letztlich einem Gesellschafter gleichsteht, so etwa im Falle einer Darlehensgewährung bei verbundenen Unternehmen. So lag der Fall vorliegend allerdings nicht.
Der BGH hält weiter ausdrücklich fest: Allein der – hier vom Insolvenzverwalter vorgebrachte – Vorwurf des Versuchs der Umgehung von Anfechtungstatbeständen durch die gewählte Konstruktion der Darlehnsgewährung eröffne für sich gesehen auch noch nicht den Anwendungsbereich der Insolvenzanfechtung nach § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO. Eine Anfechtungsmöglichkeit sei grundsätzlich nur bei Vorliegen der im Gesetz genannten tatbestandlichen Voraussetzungen gegeben. Gegen die Argumentation des Insolvenzverwalters sprach zudem: Selbst dann, wenn der Dritte den Darlehensvertrag unmittelbar mit der GmbH abgeschlossen hätte, wäre die Rückzahlung des Darlehensbetrags im Jahr vor dem Eröffnungsantrag nicht als Gesellschafterdarlehen anfechtbar gewesen. Der BGH hielt aus diesem Grund auch den Vorwurf der Umgehung der Insolvenzanfechtungstatbestände für ungerechtfertigt: Der Dritte sei nicht Gesellschafter der GmbH gewesen und stand einem solchen auch nicht gleich. Es stand ihm daher frei, den Darlehensvertrag mit der GmbH selbst oder auch mit dem Alleingesellschafter-Geschäftsführer zu schließen.
Die Tatsache, dass mit der Rückzahlung des Darlehens durch die Gesellschaft an den Dritten zugleich die Rückzahlungsverpflichtung der GmbH gegenüber ihrem Alleingesellschafter erfüllt wurde, welche zweifelsohne auf einem grundsätzlich nachrangigen Gesellschafterdarlehen beruhte und gegenüber dem Gesellschafter anfechtbar war, stand der zutreffenden Entscheidung des BGH insoweit nicht entgegen. Offenbar waren finanzielle Gründe der Anlass, nicht den Gesellschafter, sondern den Dritten durch die Anfechtung in Anspruch zu nehmen.
Fazit
Die Entscheidung des BGH bringt mehr Rechtssicherheit für unternehmensfremde Kapitalgeber bei wirtschaftlich unsicherer Lage der Gesellschaft oder auch bei – wie aktuell durch das grassierende Corona-Virus – wirtschaftlich unsicherer Gesamtsituation, denn sie ermöglicht es dem finanzierenden Dritten, sowohl Sicherheiten als auch eine Rückzahlung des gewährten Darlehens aus dem Vermögen der später insolventen Gesellschaft rechtssicherer zu erhalten, soweit nicht sonstige Insolvenzanfechtungsgründe außerhalb der Anfechtung als Gesellschafterdarlehen bestehen.