Worum geht es?
Das OLG Frankfurt (Az.: 2 U 147/20) hatte jüngst über einen Sachverhalt zu entscheiden, in dem der Pächter eines Restaurants behauptete, zur fristlosen Kündigung infolge der Regelungen der Corona-Verordnung berechtigt zu sein. In der Folge räumte der Pächter das Pachtobjekt und gab dem Verpächter die Schlüssel heraus. Der Verpächter trat der Kündigung entgegen und machte im Rahmen des Rechtsstreits die ausstehende Pacht geltend. Damit hatte das OLG zur Entscheidung des Rechtsstreits auch zu prüfen, ob die coronabedingten Einschränkungen einen fristlosen Kündigungsgrund darstellen.
Dieser Beitrag schafft einen Überblick über den Inhalt der Entscheidungsgründe und erleichtert, das prozessuale Risiko in ähnlich gelagerten Fällen abzuschätzen. Dies ist wichtig, weil aufgrund der derzeit steigenden Coronazahlen erneute lockdownbedingte Schließungen im gewerblichen Bereich nicht ausgeschlossen sind:
Wie hat das Gericht entschieden?
1. Fristlose Kündigung
Das OLG Frankfurt entschied im Wesentlichen zugunsten des Verpächters und gab dessen Zahlungsklage weitestgehend statt. In seinen Entscheidungsgründen vertrat es die Auffassung, dass die coronabedingten Anordnungen nicht zu einem kündigungsbegründenden Mangel und damit nicht zu einem fristlosen Kündigungsgrund nach § 543 Abs.1, 2 Nr.1 BGB führen.
Begründet hat das Gericht seine Entscheidung maßgeblich mittels folgender Argumentation:
- Die hoheitlichen Anforderungen sind nicht unmittelbar auf den konkreten Zustand des Pachtobjekts zurückzuführen.
- Es ist nicht erkennbar, dass der Verpächter seine Pflichten aus dem Pachtvertrag nicht erfüllte. So besteht die maßgebliche Pflicht des Verpächters darin, die Möglichkeit des Gebrauchs der Pachtsache zu gewährleisten. Ausreichend für die Erfüllung dieser Pflicht ist, dass der Verpächter die Pachträume zur Verfügung stellt.
- Der für Mieter geltende Grundsatz, dass die behördlichen Schließungsanordnungen nicht in den Risikobereich des Vermieters fallen, ist auf einen Pachtvertrag übertragbar. So hat der Pächter -trotz behördlicher Anordnung- nach wie vor die Möglichkeit der Fruchtziehung. Der Verpächter habe lediglich abstrakt die Möglichkeit der Gewinnerzielung zu schaffen, was auch nach den pandemiebedingten Anordnungen gewährleistet ist. So bleibe die konkrete Beschaffenheit der Pachträume auch während der Pandemielage unverändert. Unerheblich ist daher, ob der in einem Restaurantbetrieb erforderliche Publikumsverkehr ausbleibe.
- Der temporäre Charakter der Pandemie führe dazu, dass die bei einer fristlosen Kündigung durchzuführende Interessenabwägung zu Gunsten des Verpächters ausfalle. Dies insbesondere deshalb, weil ein Pachtvertrag als Dauerschuldverhältnis einzuordnen ist und die Zeit der Schließungen nur einen geringen Teil der gesamten Pachtzeit ausmache.
2. Wegfall der Geschäftsgrundlage
Ebenso ging das Gericht auf die Problematik ein, ob möglicherweise die behördlichen Anordnungen einen Wegfall der Geschäftsgrundlage und damit eine Verringerung der Pachthöhe begründen können. Dies verneinte das Gericht jedoch ebenso zugunsten des Verpächters. So sei im zu entscheidenden Fall zu berücksichtigen gewesen, dass der Pächter nach eigener Entscheidung seinen Betrieb nach der von ihm ausgesprochenen Kündigung eingestellt hat. Eine Bewertung wie die behördlichen Anordnungen sich auf seinen Betrieb auswirkten, war damit von vornherein nicht möglich.
Was bedeutet das für die Praxis?
Anhand der Ausführungen des OLG Frankfurt lässt sich die Tendenz ableiten, dass die Pandemie und die hiermit in Verbindung stehenden behördliche Schließungsanordnungen keinen fristlosen Kündigungsgrund darstellen. Anzumerken ist, dass die Entscheidung bislang noch nicht rechtskräftig ist. Es bleibt daher noch abzuwarten, ob die Entscheidung höchstrichterlich seitens des BGH bewertet und gegebenenfalls bestätigt wird. Erneut hat die Entscheidung jedoch zum Ausdruck gebracht, dass die Pandemie insbesondere im Bereich des Miet- und Pachtrechts die Gerichte mit bislang noch ungeklärten Fragestellungen konfrontiert, sodass der Ausgang von Rechtsstreitigkeiten ungewiss ist. Um langwierige und kostenintensive Gerichtsverfahren zu vermeiden, mag sowohl im Hinblick auf Rechtsstreitigkeiten zu Miet- und Pachthöhe als auch in Bezug auf eine vorzeitige Vertragsauflösung eine einvernehmliche Einigung der Parteien zweckmäßig sein. Wir unterstützen Sie dabei gerne.