Nicht selten entsteht bei der Frage, wie und mit welchem Inhalt ein Arbeitszeugnis zu erteilen ist, eine große Kluft zwischen Arbeitgeber und (ehemaligem) Arbeitnehmer.
Mit einer Entscheidung des LAG Mainz vom 09.11.2017 wurde erneut etwas mehr Licht auf die Anforderungen eines rechtmäßigen Zeugnisses nach § 109 GewO geworfen. Beantwortet wurde die Frage, ob ein ausscheidender Arbeitnehmer Anspruch auf ein ungeknicktes, ungetackertes Zeugnis hat. Zudem wurde ein Anspruch des Arbeitnehmers auf einen Schlusssatz, der Bedauern und gute Wünsche zu Ausdruck bringt, untersucht.
Sachverhalt
Das Arbeitsverhältnis zwischen dem klagenden Arbeitnehmer und dem beklagten Arbeitgeber wurde vom Arbeitgeber ordentlich gekündigt.
Im Rahmen eines Kündigungsschutzprozesses wurde ein Vergleich geschlossen. Der Beklagte solle dem Kläger „unter dem Datum 30.11.2015 ein dem bereits erteilten Zwischenzeugnis entsprechendes Endzeugnis mit einer guten Bewertung von Leistung und Verhalten (stets zur vollen Zufriedenheit / jederzeit einwandfrei)“ ausstellen.
Mit dem anschließend erteilten Zeugnis war der Kläger weder formal noch inhaltlich zufrieden. Er erhob Klage. Daraufhin wurde der Arbeitgeber verurteilt, ein geändertes Zeugnis mit festgelegtem Wortlaut zu erstellen. Als Abschluss sollte es heißen: „Wir danken Herrn A. für die geleisteten Dienste und wünschen ihm für seinen weiteren beruflichen und privaten Lebensweg alles Gute.“
Mit der daraufhin folgenden Berufung des Klägers, möchte dieser unter anderem die Verpflichtung des Beklagten, ihm ein ungetackertes und ungeknicktes Zeugnis zu erstellen, erreichen. Zudem, so der Kläger, habe er Anspruch auf die Aufnahme einer Dankes- und Bedauernsformel im Schlusssatz.
Entscheidung des Gerichts
Das LAG Mainz hat die Berufung zurückgewiesen und entschieden, dass kein Anspruch auf ein ungeknicktes und ungetackertes Arbeitszeugnis besteht.
Der klagende ehemalige Arbeitnehmer war der Ansicht, dass ein getackertes oder geknicktes Zeugnis nicht als Bewerbungsunterlage geeignet sei. Dies stützt er darauf, dass ein sichtbar geknicktes beziehungsweise getackertes Zeugnis nach der Zeugnispraxis indizieren würde, dass der Arbeitgeber nicht mit dem Arbeitnehmer zufrieden gewesen sei.
Dieser Ansicht wurde schon durch Rechtsprechung des BAG am 21. September 1999 (9 AZR 893/98) eine Absage erteilt. Ein Arbeitgeber erfüllt den Anspruch des Arbeitnehmers gem. § 109 GewO auf Erteilung eines Arbeitszeugnisses auch mit einem Zeugnis, das er zweimal faltet, um den Zeugnisbogen in einen Geschäftsumschlag üblicher Größe unterzubringen, wenn das so erteilte Originalzeugnis kopierfähig ist und die Knicke im Zeugnisbogen sich nicht auf den Kopien abzeichnen.
Der Kläger kann somit kein ungeknicktes Zeugnis verlangen.
Ein Anspruch auf ein ungetackertes Zeugnis besteht ebenfalls nicht.
Entgegen der Ansicht des Klägers, gibt es gemäß dem LAG Mainz keinen Beleg dafür, dass ein „getackertes Zeugnis“ einem unbefangenen Arbeitgeber mit Berufs- und Branchenkenntnis signalisiert, der Zeugnisaussteller sei mit dem Arbeitnehmer nicht zufrieden gewesen.
Einen Anspruch auf eine sogenannte Dankes- und Bedauernsformel besteht gemäß dem LAG Mainz auch dann nicht, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer in einem Vergleich ein Zeugnis mit der Note „gut“ zusagt.
Der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, in den Schlusssatz des Zeugnisses einen Ausdruck des Bedauerns über das Ausscheiden oder gute Wünsche („weiterhin viel Erfolg“) aufzunehmen.
Schon nach Rechtsprechung des BAG ist der Arbeitgeber grundsätzlich nicht verpflichtet, im Schlusssatz des Zeugnisses persönliche Empfindungen wie Bedauern, Dank oder gute Wünsche zum Ausdruck zu bringen. (vgl. BAG 11.Dezember 2012 – 9 AZR 227/11). Das LAG bestätigt dies nun auch für den Fall, dass in einem gerichtlichen Vergleich ein Zeugnis der Note „gut“ vereinbart wurde.
Fazit
Die Entscheidung des LAG Mainz reiht sich ohne Widerspruch in die Rechtsprechung des BAG ein.
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass weder ein Anspruch auf ein ungetackertes noch auf ein ungeknicktes Zeugnis besteht. Zudem kann allein die Verpflichtung in einem Prozessvergleich, ein dem Zwischenzeugnis entsprechendes Endzeugnis mit einer guten Bewertung von Leistung und Verhalten („stets zur vollen Zufriedenheit“ / „jederzeit einwandfrei“) zu erteilen, eine bestimmte Dankes- und Bedauernsformel nicht absichern. Es gibt gerade keinen Anspruch auf eine Dankes- und Bedauernsformel.
Neu ist dabei lediglich die Ablehnung des Anspruchs auf ein ungetackertes Zeugnis. Bezüglich der Faltung sowie das Schlusssatzes wurde bereits vom BAG entschieden.
Praktische Hinweise
Für die Praxis gilt somit, dass Arbeitgeber Arbeitszeugnisse falten und tackern können, sofern eine Kopie möglich bleibt, die die Falten nicht zeigt.
Arbeitnehmer bzw. deren Vertreter sollten beachten, dass sie im Falle der vergleichsweisen Vereinbarung über ein Zeugnis nicht nur an die Formulierung der Notenstufe und eine Formel des Bedauerns des Ausscheidens, des Dankes und der guten Wünsche, sondern – sofern ihnen dies wichtig ist – auch an die Formulierung „ungeknickt und nicht getackert/zusammengeheftet“ denken müssen.