Abnahme oder nicht, das ist hier Frage!

Häufig dreht sich am Ende eines Bauvorhabens alles um die Frage, wurde die Abnahme erklärt oder nicht. Jedoch gibt es auch die Möglichkeit, dass die Abnahme als erklärt gilt, ohne dass sie je erklärt wurde – die sog. fiktive Abnahme, § 640 Abs. 2 BGB. Doch was sind die Voraussetzungen einer fiktiven Abnahme? Oder anders gefragt: Was müssen Bauherren beachten? Mit dieser Fragestellung hat sich das OLG Brandenburg in seinem Urteil vom 21.11.2024 (Az. 10 U 131/23) auseinandergesetzt.

Sachverhalt:

Die Parteien schlossen einen (Verbraucher-) Bauvertrag zur Errichtung eines Wohngebäudes. Bereits vor der Erklärung einer Abnahme übergab der Bauherr (B) dem Unternehmer (U) eine Mängelliste. U kündigte daraufhin an, dass er die Mängel beseitigen würde. Kurze Zeit später setzte U dem B eine Frist zur Erklärung der Abnahme. Unter dem Verweis, dass das Bauvorhaben noch nicht fertiggestellt sei – jedoch ohne Benennung konkreter Mängel oder Restarbeiten – verweigerte B die Erklärung der Abnahme. U erhob daraufhin Klage zur Zahlung des Restwerklohns.

Entscheidung:

B wird verurteilt den Restwerklohn zu zahlen! Die Voraussetzungen einer fiktiven Abnahme – Fertigstellung, Aufforderung zur Abnahme unter Fristsetzung, keine Verweigerung der Abnahme unter Nennung mind. eines Mangels – hätten vorgelegen. Eine Fertigstellung würde bereits dann vorliegen, wenn keine Restleistungen mehr ausstehen. Ob (wesentliche) Mängel vorliegen, sei bei dieser Frage nicht relevant. Zudem sei es nicht ausreichend, ohne Verweis auf konkrete Restleistungen oder konkrete Mängel die Abnahme zu verweigern. Mithin hätte B die Abnahme unter wiederholender Benennung der bereits gerügten Mängel verweigern müssen. Dies hat B nicht getan, weshalb die Rechtsfolgen einer Abnahme – u.a. Fälligkeit der Vergütung – eingetreten wären.

Praxishinweis:

Für die Praxis hat das zur Folge, dass auch bei bereits zwischen den Parteien bekannten Mängeln bzw. Restarbeiten, der Bauherr die Abnahme stets unter konkreter (und somit ggf. wiederholender) Benennung mindestens eines Mangels verweigern sollte. Ob nämlich eine Fertigstellung i. S .d. § 640 Abs. 2 BGB vorliegt, ist abhängig von dem jeweiligen Einzelfall. Da somit stets ein gewisses Restrisiko verbleibt, sollte ein Bauherr nicht versuchen die Vorfrage der Fertigstellung zu beantworten. Schließlich treten auch im Falle einer fiktiven Abnahme die Abnahmewirkungen, bspw. Fälligkeit des Werklohns oder auch Beginn der Gewährleistungsfrist, ein.

Der Beitrag ist zuerst erschienen im ImmobilienReport Metropolregion Rhein-Neckar, Ausgabe 192