Wirksame Einrichtung eines fakultativen Aufsichtsrats in der GmbH

Der BGH hatte sich jüngst mit dem in der Praxis häufigen Problem der ordnungsgemäßen Einrichtung eines fakultativen Aufsichtsrats bei der GmbH zu befassen.

Bei der nicht-mitbestimmten GmbH (< 500 Arbeitnehmer) ist ein Aufsichtsrat im Gegensatz zur Aktiengesellschaft nicht zwingend vorgesehen. Die Einrichtung eines Aufsichtsrats kann aber durch den Gesellschaftsvertrag vorgesehen werden (sog. fakultativer Aufsichtsrat). § 52 GmbHG verweist diesbezüglich auf einige aktienrechtliche Bestimmungen über den Aufsichtsrat der Aktiengesellschaft.

Es besteht zum einen die Möglichkeit, die Einrichtung eines Aufsichtsrats verbindlich in der Satzung vorzuschreiben. Nicht selten enthält der Gesellschaftsvertrag aber auch lediglich die Ermächtigung der Gesellschafterversammlung, nachträglich einen Aufsichtsrat einzurichten zu können (sog. „Öffnungsklausel“).

Bei der Ausgestaltung des fakultativen Aufsichtsrats bezüglich Mitgliederzahl, Zusammensetzung, Größe und Aufgabenzuweisung sind die Gesellschafter weitgehend frei. Nach der Rechtsprechung des BGH ist die wesentliche Aufgabe des fakultativen Aufsichtsrats die Überwachung der Geschäftsführung. Diese Teilaufgabe wird insofern für die Gesellschafterversammlung als dem in der GmbH maßgeblichen Willensbildungs- und Kontrollorgan übernommen.

Bislang war umstritten, ob ein Mehrheitsbeschluss auf Grundlage der Öffnungsklausel einen satzungsändernden Beschluss darstellt. Folge hiervon wäre, dass der Beschluss einer qualifizierten Mehrheit von ¾ der abgegebenen Stimmen und einer notariellen Beurkundung sowie der Eintragung im Handelsregister bedürfte (§§ 53 Abs. 1 Satz 1, 54 GmbHG).

Mit ebendieser Frage hatte sich der BGH aus Anlass untereinander zerstrittener Gesellschafter einer GmbH zu befassen (BGH, Urteil vom 2.7.2019 – II ZR 406/17, NZG 2019, 979).

Der Fall

Der vorgenannten Entscheidung lag (stark vereinfacht) folgender Sachverhalt zugrunde:

Der klagende ehemalige Geschäftsführer einer GmbH wurde mit einstimmigem Beschluss des fakultativen Aufsichtsrats abberufen und dessen Anstellungsvertrag außerordentlich gekündigt. Der Aufsichtsrat war vorher durch Beschluss der Gesellschafterversammlung auf Grundlage einer Öffnungsklausel in der Satzung mit einfachem Mehrheitsbeschluss eingerichtet worden. Der Gesellschafterbeschluss wurde weder notariell beurkundet noch im Handelsregister eingetragen.

Die Einrichtung des Aufsichtsrats erfolgte zwecks Überwachung der Geschäftsführung. Daneben ermächtigte die Öffnungsklausel die Gesellschafterversammlung aber, dem Aufsichtsrat weitere Aufgaben zuzuweisen und Befugnisse einzuräumen. Auf dieser Grundlage wurde dem Aufsichtsrat in der Folge unter anderem die Befugnis zur Bestellung und Abberufung der Geschäftsführer übertragen.

Gegen die Wirksamkeit des Abberufungsbeschlusses durch den Aufsichtsrat wehrte sich der Kläger in den beiden Vorinstanzen erfolgreich. Die Vorinstanzen waren der Auffassung, der Abberufungsbeschluss des Aufsichtsrats sei nichtig, da dieser bereits mangels Einhaltung der für Satzungsänderungen geltenden Vorschriften nicht wirksam bestellt worden sei. Hiergegen wandte sich der Beklagte mit dem Rechtsmittel der Revision – mit Erfolg.

Entscheidung des BGH

Entgegen der Auffassung der Vorinstanzen stellte der BGH fest, dass die Einrichtung eines Aufsichtsrats bei einer GmbH auf der Grundlage einer Öffnungsklausel im Gesellschaftsvertrag keine Satzungsänderung darstellt und ohne Beachtung der für eine Satzungsänderung geltenden Vorschriften zulässig ist.

Obgleich die Einrichtung eines Aufsichtsrats einen signifikanten Eingriff in die Binnenstruktur der Gesellschaft darstelle, und zwar insbesondere, wenn dem Aufsichtsrat die gemäß § 46 Nr. 5 GmbHG wesentliche Aufgabe der Gesellschafter hinsichtlich Bestellung und Abberufung der Geschäftsführer übertragen werde, finde die Veränderung der Binnenstruktur der Gesellschaft nicht außerhalb des Gesellschaftsvertrags statt.

Vielmehr werde der Struktureingriff in Gestalt der Öffnungsklausel im Gesellschaftsvertrag von Seiten der Gesellschafter bereits vorweggenommen, indem eine Organisationsstruktur der GmbH mit drei Organen, bestehend aus Gesellschaftern, Geschäftsführern und Aufsichtsrat, gesellschaftsvertraglich gebilligt worden sei.

Werde nun in der Folge von dieser gesellschaftsvertraglichen Ermächtigung Gebrauch gemacht, so werde kein von der Satzung abweichender Zustand (Satzungsänderung), sondern der im Gesellschaftsvertrag bereits angelegte Zustand begründet. Der Beschluss bedürfe daher (vorbehaltlich strengerer Anforderungen im Gesellschaftsvertrag) weder einer qualifizierten Stimmenmehrheit noch der notariellen Beurkundung und der Eintragung im Handelsregister.

Voraussetzung für eine wirksame Einrichtung des Aufsichtsrats sei, dass die Ermächtigungsklausel hinreichend bestimmt sei und der Einrichtungsbeschluss nicht gegen das Gesetz oder die Satzung verstoße.

Nicht erforderlich sei dabei aber, dass die Öffnungsklausel jede Einzelheit regle. Vielmehr könne die nähere Ausgestaltung des Aufsichtsrats den Gesellschaftern überlassen werden. Neben der Grundsatzentscheidung über die Möglichkeit der Einrichtung müsse aber zumindest die wesentliche Aufgabe des Aufsichtsrats, die Überwachungsfunktion, eine Satzungsgrundlage haben. Sei die Übertragung weiterer Kompetenzen vorgesehen, müssten diese jedenfalls in den Grundzügen schon in der Satzung aufgeführt sein, um dem Bestimmtheitsgrundsatz Genüge zu tun.

Praxishinweis

Die Entscheidung des BGH ist zu begrüßen, beendet sie doch den bislang in Rechtsprechung und Schrifttum bestehenden Streit über die Anforderungen an die Einrichtung eines fakultativen Aufsichtsrats auf Grundlage einer Öffnungsklausel im Gesellschaftsvertrag.

Bezüglich der Frage der Bestimmtheit einer Öffnungsklausel im Gesellschaftsvertrag kann sich die Praxis künftig an der Rechtsprechung des BGH hierzu orientieren.