„Ich will ein Haus, ein kunterbuntes Haus…“ – Vorsicht bei der Fassadengestaltung!

Dass die „Villa Kunterbunt“ in Kneippbyn aufder schwedischen Insel Gotland und nicht beispielsweise in München steht, mag einerseits darin begründet sein, dass die Autorin Astrid Lindgren des Bestellers „Pippi Langstrumpf“ Schwedin war, andererseits zeigt eine Entscheidung des Landgerichts Münchens (Aktenzeichen: 36 S 1982/12), dass eine bunte Fassadengestaltung in Deutschland in aller Regel auch gar nicht möglich ist.

Sachverhalt

Die Wohnungseigentümer einer Eigentümerversammlung beschlossen mehrheitlich für den anstehenden Neuanstrich der Fassade ein „modernes“ Farbkonzept. Bei der früheren Fassadengestaltung entsprachen Balkone, Brüstungen, Fenster und sonstige Hausbestandteile einem gleichmäßigen, einheitlichen und neutralen Farbkonzept in einem hellgelben Farbton. Das neue Farbkonzept sah entlang der Balkone stechende, orangefarbene „Akzentstreifen“ bei allen Balkonbrüstungen vor, sodass diese das Erscheinungsbild der Fassade prägen sollten. Frei nach dem Motto „Ich mach mir die Welt, wie sie mir gefällt!“. Doch nicht jeder möchte in einem bunten Haus wohnen, so auch ein Miteigentümer, der in der Eigentümerversammlung überstimmt wurde. Dieser reichte bei dem Landgericht München Anfechtungsklage gegen Beschluss der Miteigentümer auf der Eigentümerversammlung ein.

Entscheidung

Mit Erfolg! Das Landgericht München hat entschieden, dass die Veränderung des Erscheinungsbildes der Fassade der Zustimmung aller Wohnungseigentümer und damit auch der Zustimmung des Klägers, bedurfte. Die Veränderung einer einheitlich hellgelben Fassade durch die Anbringung von orangefarbenen Streifen, die sich in jedem Stockwerk über mehrere Balkone erstrecken, stellt eine beeinträchtigende bauliche Änderung dar, die als störend bezeichnet werden kann. Maßstab zur Beurteilung, ob eine bauliche Veränderung beeinträchtigend wirkt, ist, ob sich nach der Verkehrsanschauung ein Wohnungseigentümer in einer entsprechenden Lage objektiv und verständlicherweise beeinträchtigt fühlen kann. Das Erfordernis der Zustimmung aller Wohnungseigentümer greift somit dann ein, wenn die bauliche Veränderung über die ordnungsmäßige Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums (bspw. Neuanstrich der Fassade in der alten oder einer neutralen Farbe) hinausgeht und nicht nur unerheblich stört. Die orangefarbenen „Akzentstreifen“ beherrschen das Erscheinungsbild der Fassade und lassen die anderen Hauselemente zurücktreten. Die Schaffung derart starker Kontraste über die gesamte Fassade stellt eine wesentliche Änderung dar, die durchaus als störend bezeichnet werden kann. Wird der Charakter einer Fassade so stark wie durch die hier angebrachten Kontraststreifen verändert, liegt hierin ein nicht unerheblicher Nachteil für den nicht zustimmenden Eigentümer.

Praxishinweis

Hauseigentümer (oder Wohnungseigentümer) dürfen daher in aller Regel die Farbgestaltung ihrer Fassade nicht nach freiem Belieben wählen. Vielmehr finden sich im Baugesetzbuch, im jeweiligen Landesbauordnungsrecht und in den Gestaltungsatzungen der Gemeinden genaue Vorschriften, wie Dächer oder Hausfassaden gestaltet werden dürfen. Ziel dieser Vorschriften ist es ein einheitliches Stadt- oder Ortsbild zu erhalten. Somit ob Haus- oder Wohnungseigentümer: Bei farbenfroher Fassadengestaltung ist Vorsicht geboten!

Dieser Beitrag ist zuerst erschienen im ImmobilienReport Metropolregion Rhein-Neckar Ausgabe 164.