Baubeginn und Erlöschen einer Baugenehmigung

Wenn ein Bauherr nicht rechtzeitig mit seinem Bauvorhaben beginnt und den Baubeginn der Bauaufsicht nicht anzeigt, erlischt seine Baugenehmigung. Mit der Frage, ab wann ein Baubeginn vorliegt, hatte sich der VGH Hessen in seiner Entscheidung vom 13. Januar 2020 – 3 B 2373/19 zu befassen.

Sachverhalt

Ein Bauherr einer Hochbaumaßnahme wendet sich gegen eine von der Bauaufsichtsbehörde erlassene Baueinstellungsverfügung. Bei einer Baukontrolle am 13. September 2019 hatten die zuständigen Baukontrolleure festgestellt, dass mit dem Abbruch des Bestandsgebäudes begonnen wurde, indem bereits Teile des Hauses abgebrochen und weitere Grundstücksteile für den Abbruch freigelegt worden sind. Die Abbruchgenehmigung des Bauherrn datierte vom 24. Mai 2016. Mit mehreren Schreiben hatte die Bauaufsichtsbehörde darauf hingewiesen, dass die Abbruchgenehmigung mangels Baubeginn und Verlängerungsanträgen am 25. Mai 2019 erloschen sei. Die Bauaufsichtsbehörde beruft sich zur Begründung der Baueinstellungsverfügung auf Gefahr in Verzug, da sich der vor Ort anwesende Bauleiter geweigert hatte, mit den Baukontrolleuren zu sprechen und zu befürchten sei, dass der bereits begonnene Abbruch fortgesetzt werden würde. Der Bauherr hält die Baueinstellungsverfügung für rechtswidrig, da er die Abbrucharbeiten rechtmäßig ausgeführt habe. Er habe bereits Ende März 2019 ein Baustellenschild angebracht, so dass die Bauaufsichtsbehörde von dem Baubeginn des Bauherrn habe Kenntnis nehmen können. Darüber hinaus habe der Bauherr zuvor mitgeteilt, dass Aufräumarbeiten und Sicherungsmaßnahmen am Gebäude durchgeführt wurden.

Entscheidung

Der VGH Hessen hat entschieden, dass die angeordnete Baueinstellungsverfügung rechtmäßig ist. Die Bauaufsichtsbehörde war aufgrund der Tatsache, dass der Bauherr ohne eine entsprechende Mitteilung an die Bauaufsicht Abbrucharbeiten durchführte, berechtigt, einen Baustopp zu verfügen. Eine Baubeginnanzeige lag der Behörde nicht vor. Der Einwand des Bauherrn, dass mit den Abbrucharbeiten auf dem Gelände bereits vor Erlöschen der Abbruchgenehmigung begonnen wurde, bspw. durch das Anbringen eines Bauschilds, ändert nichts an der Entscheidung. Die Abbruchgenehmigung war im Zeitpunkt der Durchführung der Abbrucharbeiten erloschen. Baumaßnahmen beginnen mit dem „ersten Spartenstich“. Es muss sich daher um eine Maßnahme handeln, die der Verwirklichung des genehmigten Vorhabens unmittelbar dient. Bloße Vorbereitungsmaßnahmen stellen daher noch keinen Baubeginn dar. Vorbereitungsmaßnahmen sind z.B. das Freimachen und Herrichten der Baustelle, das Lagern von Gerät und Baumaterial oder das Anbringen eines Bauschilds.

Praxishinweis

Die Entscheidung des VGH Hessen lässt sich auch auf das Landesrecht in Baden-Württemberg übertragen. D.h. es muss stets darauf geachtet werden, dass noch vor Erlöschen einer Baugenehmigung/Abbruchgenehmigung mit tatsächlichen Baumaßnahmen begonnen und dieser Baubeginn der zuständigen Behörde angezeigt wird.

In diesem Zusammenhang ist ebenfalls zu beachten, dass ein zu rascher Beginn mit einem Bauvorhaben ebenso zu Problemen führen kann. Durch die Corona-Krise kann es aufgrund von Personalengpässen in den Baubehörden bei Baugenehmigungsverfahren zu Verzögerungen kommen. Durch diese zeitlichen Verzögerungen können Bauherren durch die in den Bauordnungen vorgesehenen Zustimmungs- und Genehmigungsfiktionen unmittelbar ein Baurecht erhalten, so dass sich die „coronabedingte“ Verfahrensverzögerung zu deren Gunsten auswirken kann. Hierbei ist jedoch zu beachten, dass im Falle einer rechtswidrigen fingierten Genehmigung, diese später widerrufen werden kann.