Zu Haftungsrisiken des Liquidators einer GmbH

Die Liquidation einer GmbH folgt, wie auch deren Gründung, festen Regeln. So hat die GmbH bspw. zusätzlich zu ihrem Namen im Geschäftsverkehr den Zusatz „i.L.“ (in Liquidation) zu verwenden, § 71 Abs. 5 GmbHG und das sog. Sperrjahr einzuhalten, § 73 Abs. 1 GmbHG. Erst nach Ablauf dieses Sperrjahres darf das dann noch verbleibende Vermögen der Gesellschaft an die Gesellschafter verteilt werden.

Eine dem Geschäftsführer vergleichbare Rolle kommt in der Phase der Liquidation dem sog. Liquidator zu. Dieser übernimmt quasi die Position des Geschäftsführers. Sollte die Bestellung zum Liquidator weder über einen eigenständigen Gesellschafterbeschluss noch durch eine entsprechende Regelung in der Satzung der GmbH erfolgen, sieht das Gesetz vor, dass der Geschäftsführer der GmbH dieses Amt übernimmt, sobald die GmbH in die Phase der Liquidation eintritt, § 66 Abs. 1 GmbHG. In diesem Zusammenhang wird der Geschäftsführer daher auch als „geborener Liquidator“ bezeichnet.

Aufgabe des Liquidators ist es, die laufenden Geschäfte der Gesellschaft zu beenden, die Verpflichtungen der Gesellschaft zu erfüllen, Forderungen einzuziehen und das Vermögen der Gesellschaft in Geld umzusetzen, § 70 GmbHG. Werden neue Rechtsgeschäfte eingegangen, müssen diese im Dienst der Abwicklung stehen.

Der Liquidator ist der Gesellschaft gegenüber zur ordnungsgemäßen Abwicklung verpflichtet. Die Verantwortlichkeit für schuldhaftes Verhalten, das heißt die Verletzung der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns, kann die Verpflichtung zum Schadensersatz begründen.

Das Amt des Liquidators ist daher in der Praxis mit persönlichen Haftungsrisiken verbunden, wie eine aktuelle Entscheidung des BGH (Urteil vom 13.03.2018 – II ZR 158/16) zeigt.

Hintergrund

Eine der möglichen Grundlagen für Schadensersatzansprüche gegen den Liquidator bildet § 73 Abs. 3 GmbHG. Dieser sieht eine persönliche Haftung des Liquidators u.a. dann vor, wenn er bereits innerhalb des sog. Sperrjahres Vermögen an die Gesellschafter verteilt, obwohl bekannte Forderungen gegen die Gesellschaft noch nicht bedient worden sind.

Für diesen Fall sieht § 73 Abs. 3 GmbHG vor, dass der Liquidator der Gesellschaft gegenüber zum Schadensersatz verpflichtet ist. Umstritten war bislang allerdings die Frage, ob auch ein übergangener Gläubiger seinerseits direkt gegenüber dem Liquidator – in entsprechender Anwendung des § 73 Abs. 3 GmbHG – einen Anspruch auf Ersatz seines Schadens geltend machen kann. Nach Ansicht der Befürworter eines Direktanspruchs des Gläubigers spreche hierfür, dass ohne einen solchen Direktanspruch der Gläubiger bei pflichtwidriger Verteilung des Gesellschaftsvermögens zunächst einen Titel gegen die Gesellschaft erstreiten müsse. Danach erst könne er mit diesem Titel die Pfändung des Anspruchs der Gesellschaft gegen den Liquidator nach § 73 Abs. 3 GmbHG betreiben. Diese komplizierte und langwierige Vorgehensweise sei dem Gläubiger nicht zuzumuten.

Entscheidung des BGH

Diese Frage hat der BGH nun geklärt.

Zwar verneint der BGH einen Direktanspruch des Gläubigers in entsprechender Anwendung des § 73 Abs. 3 GmbHG mit dem Argument, dass § 73 Abs. 3 GmbHG nur mittelbar die Gläubiger der GmbH schützen solle, primär aber dem Schutz der Gesellschaft diene. Allerdings eröffnet der BGH für übergangene Gläubiger die Möglichkeit, in entsprechender Anwendung der aktienrechtlichen Vorschriften des § 268 Abs. 2 i.V.m. § 93 Abs. 5 AktG direkt gegen den Liquidator vorzugehen. Dies sei zumindest dann möglich, wenn die GmbH bereits aus dem Handelsregister gelöscht und lediglich ein Gläubiger vorhanden sei. Im Gegensatz zu § 73 Abs. 3 GmbHG dient § 286 Abs. 2 i.V.m. § 93 Abs. 5 AktG auch ausschließlich dem Gläubigerschutz.

Zur weiteren Begründung führt der BGH aus, dass die Anwendung der aktienrechtlichen Vorschriften den unnötigen Umweg über die Gesellschaft vermeide und damit die Gläubigerbefriedigung vereinfache.

Mit dem Direktanspruch werde zudem die Gefahr gebannt, dass bei einer Geltendmachung des Schadens über den Umweg der Gesellschaft die Befriedigung der Gläubiger vereitelt werden könne.

Daneben sei die Situation bei der AG mit der bei der GmbH vergleichbar. Der Direktanspruch des Gläubigers nach § 286 Abs. 2 i.V.m. § 93 Abs. 5 AktG setze voraus, dass der Gläubiger von der AG keine Befriedigung mehr erwarten könne. Diese Situation liegt regelmäßig dann vor, wenn bereits Gesellschaftsvermögen unter Verstoß gegen Gläubigerschutzvorschriften verteilt worden sei und das übrige Vermögen der AG zur Befriedigung nicht mehr ausreiche oder aber die Liquidation bereits beendet sei. Eben diesen Zweck verfolgen auch die Regelungen über die Liquidation einer GmbH. Auch sie sollen die Befriedigung der Gläubiger der zu liquidierenden GmbH sicherstellen. Ein sachlicher Grund, der eine Übertragung dieses Schutzniveaus des Aktienrechts, auf das Recht der GmbH verbietet, sei nicht ersichtlich.

Praxishinweis

Die Entscheidung des BGH hat ein erhöhtes Haftungsrisiko in der Praxis zur Folge, da die Gläubiger nun nicht mehr den zeit- und kostenintensiven Weg über die Gesellschaft gehen müssen, sondern den Liquidator direkt in Anspruch nehmen können.

Neben das Risiko der direkten Inanspruchnahme gem. § 286 Abs. 2 i.V.m. § 93 Abs. 5 AktG treten für den Liquidator regelmäßig weitere Risiken hinzu, die bei der Ausübung des Amtes – vergleichbar denen bei Ausübung des Amtes des Geschäftsführers – beachtet werden müssen.