Gedanken an eine eigene Erkrankung oder das fortschreitende Alter können sehr belastend sein, weshalb sich kaum jemand gerne mit ihnen befasst. Gerade wird uns jedoch unsere eigene Verwundbarkeit durch die Corona-Krise täglich vor Augen geführt. Ständig werden wir mit Berichten konfrontiert, in denen es um die Beatmung von an COVID-19 erkrankten Risikopatienten oder ganz grundsätzlich um die Möglichkeiten und Grenzen intensivmedizinischer Behandlung in Deutschland geht – klassische Themen einer Patientenverfügung also. Die aktuelle Situation könnte und sollte daher Anlass sein, die eigene Vorsorge in dieser Hinsicht auf den Prüfstand zu stellen – besonders dann, wenn vom eigenen Wohl und Wehe nicht nur der Betroffene selbst und die eigene Familie, sondern womöglich auch zahlreiche Mitarbeiter im Unternehmen abhängig sind.
Vorsorgende Gestaltung des Unternehmers
Während in einer Patientenverfügung Anordnungen hinsichtlich einer (intensiv)medizinischen Behandlung getroffen werden können, über die man selbst – etwa infolge von Bewusstlosigkeit oder eines künstlichen Komas – in der konkreten Situation nicht mehr entscheiden kann, sieht das Gesetz im Falle der Handlungs- und Geschäftsunfähigkeit des Betroffenen für die Besorgung der übrigen Angelegenheiten die gerichtliche Bestellung eines Betreuers vor (§§ 1896 ff. BGB, 271 ff. FamFG). Dass ein solches Verfahren regelmäßig keinen Königsweg darstellt, erschließt sich sofort: Ohne vorsorgliche Regelung, etwa in einer Betreuungsverfügung, kann der Betroffene auf die gerichtliche Bestellung des Betreuers unter Umständen keinen Einfluss mehr nehmen. Ist der Betroffene zugleich Gesellschafter oder (Allein-) Geschäftsführer eines Unternehmens, besteht zudem ein ernstliches Risiko, dass bis zur Bestellung des – womöglich wirtschaftlich nicht ausreichend erfahrenen und mit den Gegebenheiten des Unternehmens nicht vertrauten – Betreuers oder zusätzlich eines Notgeschäftsführers erhebliche Zeit verstreicht, in der die Gesellschaft schlimmstenfalls handlungsunfähig ist. Für wichtige Entscheidungen benötigt der Betreuer je nach Umfang der gerichtlich eingeräumten Befugnisse zudem die Zustimmung des Betreuungsgerichts, und auch die Befugnisse des gerichtlich bestellten Notgeschäftsführers sind im Regelfall beschränkt. Eine solche Situation gilt es unbedingt zu vermeiden. Probates Mittel ist insoweit die Vorsorgevollmacht. Diese ist – neben einer Vorsorge für den unerwarteten Tod des Unternehmers – zur Sicherung gegen zeitlich begrenzte oder länger andauernde krankheitsbedingte Ausfälle wichtiger Bestandteil einer vorsorgenden Gestaltung. Dies nicht zuletzt deshalb, weil sie sich ohne großen Zeit- und Kostenaufwand realisieren lässt.
Gestaltungsinstrument | Was wird geregelt? |
Testament, Erbvertrag, Ehevertrag, |
Regelungen zur Unternehmensnachfolge im Todesfall; Schutz des unternehmerischen Vermögens. |
Patientenverfügung |
Regelungen zu Behandlungswünschen für eine (intensiv)medizinische Behandlung oder den Abbruch einer solchen für den Fall, dass der Unternehmer diese Wünsche nicht mehr selbst äußern kann. |
Betreuungsverfügung |
Für den Fall der gerichtlichen Bestellung eines Betreuers: Vorgaben zur Person des Betreuers und Wünsche hinsichtlich der Wahrnehmung der Betreuung, z.B. hinsichtlich einer Heimunterbringung u.a. |
Vorsorgevollmacht |
(General-) Vollmacht mit Regelungen zur Vertretung im privaten und geschäftlichen Bereich im Falle einer temporären oder länger andauernden Geschäftsunfähigkeit des Unternehmers, etwa infolge einer schweren Erkrankung. |
Inhalt und Gestaltungsmöglichkeiten der Vorsorgevollmacht, Formerfordernisse
Die Vorsorgevollmacht ist üblicherweise als General(handlungs)vollmacht ausgestaltet. Durch diese erhält der Bevollmächtigte in der Regel uneingeschränkte Vertretungsmacht nach außen, und zwar sowohl im persönlichen wie auch im unternehmerischen Bereich. Er wird damit etwa bevollmächtigt, die Gesellschafterrechte des Betroffenen auszuüben oder mit weitreichenden Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnissen in der Gesellschaft ausgestattet, die etwa auch über den Umfang der Befugnisse eines Prokuristen hinausgehen können. Den Umfang der Vollmacht bestimmt der Vollmachtgeber selbst. Es ist auch möglich, die Vollmacht für den persönlichen Bereich und die Gesundheitssorge von der unternehmerischen Vollmacht zu separieren und jeweils unterschiedliche Bevollmächtigte zu benennen. Die Vollmacht wird sodann üblicherweise durch bestimmte Handlungsanweisungen und -einschränkungen ergänzt, die regelmäßig nicht aus der Vollmacht selbst ersichtlich, sondern im Rahmen einer Vereinbarung über das Innenverhältnis des Vollmachtgebers zum Bevollmächtigten geregelt sind. Um der Vorsorgevollmacht des Unternehmers zur Geltung zu verhelfen, sind je nach Gesellschaftsform oder Ausgestaltung der jeweiligen Gesellschaft unter Umständen zusätzlich ergänzende Regelungen im Gesellschaftsvertrag oder in der Satzung erforderlich, so etwa dann, wenn die Ausübung von Stimmrechten durch einen Vertreter in der Satzung nur einem bestimmten Personenkreis vorbehalten ist. Sofern die Vorsorgevollmacht die Vornahme formbedürftiger Rechtsgeschäfte (etwa die Veräußerung von GmbH-Geschäftsanteilen oder Grundstücksgeschäfte) umfasst, bedarf sie einer notariellen Beurkundung; soll sie Anmeldungen zum Handelsregister umfassen, ist eine notarielle Beglaubigung erforderlich (§ 12 Abs. 1 Satz 2 HGB). Die Vorsorgevollmacht kann, muss aber nicht, im Zentralen Vorsorgeregister der Bundesnotarkammer (ZVR) registriert werden.
Fazit und Handlungsempfehlungen
Eine umfassende vorsorgende Gestaltung zum Schutz des Unternehmens ist jedem Unternehmer dringend anzuraten, insbesondere dann, wenn das Unternehmen bei Ausfall des Betroffenen in die Führungslosigkeit schlittern würde, was gerade bei Personengesellschaften oder beim Inhaber einer Einzelfirma sowie beim Allein-Gesellschafter/Geschäftsführer der GmbH der Fall sein kann. Neben Regelungen zur Unternehmensnachfolge und zum Schutz des unternehmerischen Vermögens im Todesfall ist auch die Situation einer temporären oder länger andauernden Geschäftsunfähigkeit in die gestalterischen Überlegungen mit einzubeziehen und es ist entsprechend Vorsorge zu treffen. Dies gilt nicht nur, aber gerade auch in der heutigen Zeit angesichts der gesundheitlich unsicheren Situation mit SARS-CoV-2.