Einführung
Bauprojekte sind oft von Verzögerungen und Bauunterbrechungen geprägt. Diese können Ansprüche des Bauunternehmers auf Entschädigung zur Folge haben, insbesondere wenn der Auftraggeber seine Vorleistungen nicht rechtzeitig erbringt. Dabei spielt die Verjährung solcher Ansprüche für den Unternehmer eine zentrale Rolle. Eine aktuelle Entscheidung des Landgerichts Kempten (Urteil vom 27.09.2024 – 11O 1705/23 Bau) verdeutlicht, wie wichtig es dabei für den Bauunternehmer ist, die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren im Blick zu behalten.
Sachverhalt
In dem zugrunde liegenden Fall wurde ein Bauunternehmer mit dem Bau einer Halle beauftragt. Während der Bauzeit kam es in den Jahren 2017 und 2018 insgesamt zu drei Bauunterbrechungen, die sich jeweils über mehrere Monate erstreckten. Ursache dieser Verzögerungen waren fehlende Vorleistungen des Auftraggebers. In den darauffolgenden Jahren (2018 bis 2022) fanden immer wieder kurze Verhandlungen zwischen den Parteien statt. Diese Gespräche wurden jedoch über längere Zeiträume pausiert und darauf erneut begonnen. Ende 2023 reichte der Bauunternehmer Klage ein und forderte eine Entschädigung für die Stillstandszeiten gemäß § 642 BGB sowie § 2 Abs. 5 VOB/B. Der Auftraggeber wies die Forderung zurück und machte geltend, dass die Verjährungsfrist für die Ansprüche bereits abgelaufen sei.
Entscheidung des Gerichts
Das Landgericht Kempten gab dem Auftraggeber Recht. § 2 Abs. 5 VOB/B, der Vergütungsansprüche für geänderte Leistungen regelt, fand in diesem Fall keine Anwendung, da es keine besondere Anordnung für eine zusätzliche Vergütung gab. Für den Entschädigungsanspruch des Bauunternehmers nach § 642 BGB war entscheidend, wann die Kosten für die ungenutzte Bereitstellung von Arbeitskraft und Maschinen entstanden sind, und nicht, wann eine Schlussrechnung gestellt wurde. Dieser Entschädigungsanspruch verjährt innerhalb der sog. regelmäßigen Verjährungsfrist.
Die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren begann am Ende des Jahres zu laufen, in dem die Ansprüche entstanden waren. Für die Unterbrechungen im Jahr 2017 begann die Verjährungsfrist somit mit Ablauf des Jahres 2017 und endete am 31. Dezember 2020. Die Ansprüche aus dem Jahr 2018 verjährten folglich Ende 2021. Die Verhandlungen zwischen den Parteien führten zwar zu einer zeitweiligen Hemmung der Verjährung, diese Unterbrechungen waren jedoch nicht dauerhaft und wurden immer wieder durch lange Pausen unterbrochen. Die Verjährung konnte somit nicht ausreichend gehemmt werden.
Das Gericht stellte fest, dass für eine wirksame Verjährungshemmung eine kontinuierliche Verhandlung erforderlich ist, bei der beide Parteien ihre Meinungen austauschen. Eine Verhandlung gilt als unterbrochen, wenn eine Partei die Gespräche verweigert oder diese über einen längeren Zeitraum nicht fortgesetzt werden. Dabei wird den Parteien bereits eine gewisse Untätigkeitszeit zugesprochen. Im vorliegenden Fall akzeptierte das Gericht sogar eine Untätigkeit von bis zu zwei Monaten als zulässig. Diese Zeiten wurden zugunsten des Bauunternehmers bei der Berechnung der Verjährung berücksichtigt.
Fazit
Sollte sich die Entscheidung des Landgerichts Kempten in der Rechtsprechung durchsetzen, hat dies weitreichende Folgen. So ist das Urteil des Landgerichts ein wichtiger Hinweis für Bauunternehmer, ihre Ansprüche auf Entschädigung bei Bauablaufstörungen sorgfältig zu dokumentieren und verjährungshemmende Maßnahmen rechtzeitig einzuleiten. Dabei sollte man dann für den Beginn der Verjährungsfrist nicht auf das Jahr der Schlussrechnungsstellung, sondern auf das Jahr der Entstehung der Kosten infolge der Bauablaufstörung bzw. auf das Jahr der Störung abstellen. Problematisch ist hierbei aber gerade, dass die Ansprüche auf Entschädigung bei langwierigen Bauvorhaben gegebenenfalls sogar noch innerhalb des Bauvorgangs verjähren könnten.