Vorsicht bei Abfassung des Beschlusstextes betreffend eine bauliche Veränderung!

Ein Beschluss über den Rückbau einer vermeintlich nicht genehmigten baulichen Veränderung genügt möglicherweise dem Bestimmtheitsgebot nicht. Dieses Risiko besteht insbesondere dann, wenn nicht jedem objektiven Dritten unmissverständlich einleuchtet, welche konkreten Maßnahmen von dem einzelnen Eigentümer erwartet werden.

AG Norden, Urteil vom 10.01.2024 – 5 C 2018/23 (noch nicht rechtskräftig)

WEG §§ 18, 44

Problem/Sachverhalt

Der Kläger ist Mitglied der beklagten Eigentümergemeinschaft. Diese fasste im Rahmen einer ordentlichen Eigentümerversammlung den Beschluss, dass der Kläger eine „nicht genehmigte bauliche Veränderung zurückzubauen habe und der ursprüngliche Zustand wiederherzustellen sei“. Dem Kläger war auf Grundlage dieses Beschlusses nicht klar, was von ihm erwartet werde. Konkret beanstandete er im Rahmen einer erhobenen Beschlussanfechtungsklage maßgeblich, dass für ihn nicht erkennbar sei, welche bauliche Veränderung beseitigt werden müsse, welcher Zustand wieder herzustellen sei und binnen welcher Frist dies zu erfolgen habe. Ohnehin gab es -nach Auffassung des Klägers-keine bauliche Veränderung, nachdem in der Vergangenheit lediglich Renovierungsarbeiten durchgeführt wurden. Vor diesem Hintergrund griff der Kläger den gefassten Beschluss im Rahmen einer Beschlussanfechtungsklage an. Anzumerken ist, dass im Jahre 2007 dem Kläger genehmigt wurde, vor dem Flurbereich seiner Wohnungen eine Leichtbauwand errichten zu dürfen.

Entscheidung

Das Amtsgericht wies die Klage ab. Ausweislich zwischenzeitlich ergangener Hinweise des nunmehr zuständigen Landgerichts ist jedoch davon auszugehen, dass das Urteil -bei ausbleibender Einigung- einer berufungsrechtlichen Überprüfung nicht standhalten wird. Nach Auffassung des Amtsgerichts solle der streitgegenständliche Beschluss hinreichend bestimmt sein. So könne zum genauen Verständnis auf den Inhalt des -im Zusammenhang mit der Eigentümerversammlung angefertigten- Protokolls abgestellt werden. Aus diesem lasse sich entnehmen, dass der vorhandene Bodenbelag, diverse Einbauten, die Verlegung der elektrischen Leitung einschließlich der Beleuchtung zu entfernen sei. Zudem ließe sich aus dem Beschluss entnehmen, dass alles zurückgebaut werden müsse, was vormals nicht genehmig worden sei. Dies sei alles, was über die im Jahr 2007 genehmigte Leichtbauwand hinausgehe. Dass mit dem Beschluss nicht auf den Zustand des Erbauungsjahrs zurückgegriffen werde, solle sich bei gesunder verständiger Betrachtung ergeben.

Das nunmehr zuständige Landgericht hat Zweifel an der Rechtsauffassung der ersten Instanz. Es führte im Rahmen richterlicher Hinweise aus, dass Rückbauvorgaben klar definiert sein müssen und sich nicht auf einen vagen ursprünglichen Zustand beziehen dürfen. Die Auffassung der ersten Instanz sei insbesondere deshalb fraglich, weil verkannt wurde, dass es an einer zeitlichen und gegenständlichen Umschreibung für die Definition des ursprünglichen Zustands fehle.

Praxishinweis

Der Fortgang des Verfahrens zeigt, dass im Zuge einer Beschlussfassung über bauliche Veränderungen die erwarteten Maßnahmen unmissverständlich definiert sein müssen. Um sicherzustellen, dass der Beschlusstext dem Bestimmtheitsgrundsatz Genüge tut, empfiehlt es sich, auf einen objektiven Dritten abzustellen. Ist gewährleistet, dass auch solch eine Person absehen kann, welche Maßnahmen von dem Beschluss erfasst sind -ohne konkrete Kenntnisse über die gemeinschaftsspezifischen Hintergründe zu haben, ist dies ein Indikator, dass der Beschluss zumindest nicht mangels hinreichender Bestimmtheit angreifbar ist.

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