Keine Beitragspflicht zur Künstlersozialkasse bei Werbung mit Fußballtrainern

Das Sozialgericht Darmstadt (SG) hat mit Urteil vom 30. August 2021 – S 8 R 316/17 erstmals eine Entscheidung über die Abgabepflicht zur Künstlersozialversicherung (KSV) bei der Beauftragung von aktiven Trainern zu Werbezwecken getroffen. Das SG hat die höchstrichterliche Rechtsprechung zur Beitragsfreiheit bei der Beauftragung aktiver Sportler zu Werbezwecken auf einen aktiven Trainer übertragen, auch wenn dieser in der Tat kein Sportler ist.

Zum Sachverhalt:

Die Parteien streiten über die Abgabepflicht zur Künstlersozialversicherung in den Jahren 2011 bis 2015. Die Klägerin ist ein bekanntes Automobilunternehmen mit Sitz in Rüsselsheim (O). Es hat den damals in der 1. Bundesliga beschäftigten Trainer (K) als Werbeträger unter Vertrag genommen. Mittlerweile ist K in England beschäftigt und einer der erfolgreichsten deutschen Profitrainer. Die Beklagte – die deutsche Rentenversicherung (DRV) – führte im Juni 2016 eine Betriebsprüfung bei der Klägerin durch. Sie kam zu der Auffassung, dass die von O an K gezahlte Vergütung für Werbedienste eine Abgabenpflicht zur KSV nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG) auslöst und setzte eine Nachforderung zur KSV i. H. v. 387.700,46 € fest. Die O wehrte sich dagegen mit dem Einwand, dass der K als Fußballtrainer nicht Künstler im Sinne KSVG sei, somit auch keiner Abgabenpflicht zur KSV unterliegt.

Die Klägerin führte zunächst erfolglos ein Widerspruchsverfahren, blieb aber beharrlich und erhob im Anschluss darauf Klage vor dem zuständigen Sozialgericht. Dort hatte die Klägerin Erfolg. Das Sozialgericht hat der Klage insoweit stattgegeben und angefochtenen Bescheid aufgehoben.

Aus den Gründen:

Nach der Auffassung des SG ist auf Trainer die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG), Urteil vom 24. Januar 2008, Az.: B 3 KS 1/07 R zur Beitragsfreiheit bei der Beauftragung aktiver Sportler zu Werbezwecken auf einen aktiven Trainer übertragen, auch wenn Trainer keine Sportler sind. Denn maßgeblich ist,

  • dass Künstler nur solche Personen sind, die Kunst so nachhaltig ausüben, dass sie als Wesensmerkmal der Person angesehen werden kann;
  • ob jemand Künstler i.S.d. KSVG ist, folglich die jeweiligen Darbietungen des Trainers dem Bereich des Sports oder dem der Kunst zuzuordnen sind. Zum Schutzbereich der Künstlersozialversicherung gehören solche Darbietungen, bei denen der künstlerische Gehalt eindeutig im Vordergrund steht. Für die Abgrenzung ist die Verkehrsauffassung entscheidend und auf das gesamte Erscheinungsbild der zu bewertenden Tätigkeit abzustellen, ebenso wie auf die tatsächlichen Verhältnisse.
  • dass die Tätigkeit eines Trainers, die sich weitgehend als Annex zu seiner Tätigkeit als Trainer darstellt, keiner Beitragspflicht unterliegt.

Nach den Erwägungen des SG ist die Beauftragung des K für den O nicht beitragspflichtig. Wer als Trainer zu Werbezwecken vor die Kamera tritt, ist nicht allein deshalb ein Künstler nach § 2 Satz 1 KSVG.

Die Einkünfte von und mit K werden nicht durch eine selbstständige kreative künstlerische Tätigkeit in der Werbung erzielt, sondern allein auf Grund seiner Popularität im Berufssport. Der K hat seine Einnahmen aus dem Werbevertrag mit O erzielt, ohne dadurch seine Trainertätigkeit aufzugeben. Gleichzeitig wurden der O von K die Persönlichkeitsrechte abgetreten.

Es kommt auch nicht auf einen Vergleich an, dass die Tätigkeit von K auch durch einen berühmten oder bekannten Schauspieler hätte übernommen werden können, woraus sich eine Künstlerstellung und somit eine Beitragspflicht begründen lassen könnte. Dieser Vergleich ist konturenlos, weil auch ein Ersatz durch einen beitragsfreien Auftrag eines aktiven Sportlers statt eines Schauspielers denkbar ist.

Anmerkungen zum Urteil:

Augen auf bei der Partnerwahl! Eine Beitragspflicht gegenüber der KSV ist dann gegeben, wenn der Auftragnehmer ein „Künstler“ im Sinne des KSVG ist. Ob das tatsächlich der Fall ist, bedarf einer konkreten Prüfung im Einzelfall. Sofern aber Trainer als Testemonial Werbedienste als Annex zu ihrer Hauptbeschäftigung an der Seitenlinie erbringen, spricht vieles für eine Beitragsfreiheit.