Zwischen Großzügigkeit und Vorsicht – Vorweggenommene Erbfolge im Spannungsfeld von Familienbindung und Trennungsrisiko

In der Beratungspraxis nehmen Konstellationen zu, in denen Eltern ihren Kindern bereits zu Lebzeiten einen Teil ihres Vermögens übertragen möchten. Dabei handelt es sich häufig um Eigentumswohnungen oder gar ganze Mehrparteienhäuser. Der Beweggrund für diese Übertragungen ist in den meisten Fällen, steuerliche Freibeträge zu Lebzeiten auszunutzen. Die Eltern selbst sind bereits finanziell abgesichert. Der Wert ihres Gesamtvermögens überschreitet jedoch den erbschaftssteuerlichen Freibetrag von 400.000 € pro Elternteil und Kind.

Oft ist das Kind zudem bereits verheiratet oder lebt in einer festen nichtehelichen Lebensgemeinschaft. Dann stellt sich die Frage, ob auch der oder die Lebensgefährten in die Vermögensübertragung einbezogen werden sollen. Dabei prallen unterschiedliche Interessen, Erwartungen und rechtliche Unsicherheiten aufeinander. Im Folgenden wird aufgezeigt, wie sich die verschiedenen Interessen von Eltern, Kind und Partner bzw. Partnerin in rechtssichere Gestaltungen überführen lassen.

Fiktiver Sachverhalt

Die Eltern (E) besitzen neben ihrem selbst bewohnten Eigenheim eine Eigentumswohnung in zentraler Lage im Wert von 400.000 €. Sie möchten diese bereits zu Lebzeiten schenkweise an ihren einzigen Sohn (S) übertragen. Dieser möchte mit seiner Freundin (F) in die Wohnung einziehen. Das Paar lebt seit vier Jahren zusammen, plant eine langfristige gemeinsame Zukunft, denkt aktuell jedoch nicht an eine Heirat.

Die Eltern stellen sich die Frage, ob sie die Wohnung ausschließlich an S oder gemeinsam an S und F übertragen sollen. Einerseits möchten die Eltern ihren Sohn unterstützen, andererseits sind sie sich unsicher, ob sie F bereits einen Miteigentumsanteil an der Wohnung übertragen sollen. Sie wollen die Wohnung so lange wie möglich innerhalb der Familie halten. Das Eigentum daran soll nicht durch Trennung oder Scheidung verloren gehen.

Was passiert bei einer späteren Trennung des Paares oder, sollte doch eine Ehe eingegangen werden, im Falle einer Scheidung?

F versteht die Bedenken der Eltern, möchte im Trennungsfall aber nicht vollständig von S abhängig sein. Zudem investiert auch sie durch etwaige Renovierungen in die Wohnung.

Rechtliche Gestaltungsmöglichkeiten

Um einen möglichst guten Ausgleich der verschiedenen Interessen der Beteiligten zu erreichen, sind die Vor- und Nachteile der beiden Gestaltungsvarianten gegeneinander abzuwägen.

Die für die Eltern sicherste Variante ist die Schenkung der Wohnung ausschließlich an S, der dann alleiniger Eigentümer wird. Gleichzeitig können die Eltern den vollen schenkungsteuerlichen Freibetrag in Höhe von 400.000 € ausschöpfen. Für den Fall, dass sich das Verhältnis zwischen Eltern und Kind nachhaltig verschlechtert oder der Zweck der Zuwendung (z. B. gemeinsames Wohnen mit der Lebensgefährtin) nicht erreicht wird, kann ein vertraglich vereinbarter Rücktrittsvorbehalt die Eltern absichern. Aus Sicht der Lebensgefährtin kann diese Variante jedoch als problematisch empfunden werden. Trotz gemeinsamer Lebensplanung, persönlicher Investitionen oder Beiträgen zur Haushaltsführung besteht keinerlei rechtliche Absicherung. Im Fall einer Trennung oder im Todesfall bleibt sie rechtlich außen vor.

Bei einer hälftigen Übertragung an S und F kann der steuerliche Freibetrag an den Sohn dagegen nur in geringerem Maß ausgenutzt werden. Zudem verfügt F nur über einen Freibetrag von 20.000 €. Auf den darüber hinausgehenden Betrag fällt Schenkungssteuer an. Bei Trennung oder Meinungsverschiedenheiten bestehen zudem erhebliche rechtliche Blockadepotenziale, etwa bei einer späteren Veräußerung, Vermietung oder Umgestaltung der Immobilie. Ohne vertraglich vereinbarte Rückforderungs- oder Widerrufsklauseln ist ein Rückgriff der Eltern auf das verschenkte Vermögen praktisch ausgeschlossen.

Ein möglicher Mittelweg wäre die alleinige Übertragung an S, wobei F jedoch vertraglich mit einem Wohnungs- oder Nießbrauchsrecht abgesichert werden müsste. Auch eine vertragliche Absicherung im Innenverhältnis zwischen S und F kann für Sicherheit sorgen. Zudem können sich die Eltern den Widerruf der Schenkung für verschiedene Fälle vorbehalten, etwa für den Weiterverkauf der Wohnung ohne deren Zustimmung.

Fazit

Welche Art der Gestaltung gewählt wird, hängt im Einzelfall von der Verhandlungsbereitschaft der Parteien und dem zwischen ihnen bestehenden Vertrauen ab. Eine langanhaltende Beziehung allein ist kein tragfähiges rechtliches Sicherungsinstrument – nur klare vertragliche Regelungen vermeiden späteren Streit und erfüllen die berechtigten Interessen aller Beteiligten. Wichtig sind auf jeden Fall eine fundierte rechtliche Beratung und eine gute Kommunikation zwischen allen Beteiligten.