Insolvenz des Auftragnehmers: Wofür ist eine Abnahme erforderlich?

Worum geht es?

Über eine sehr praxisrelevante Konstellation hatte der für Insolvenzrecht zuständige Zivilsenat des Bundesgerichtshofs kürzlich bezüglich eines Bauvertrages zu befinden (vgl. BGH, Urt. v. 17.07.2025, Az. IX ZR 70/24):

Der Auftragnehmer eines Bauvertrages wird insolvent. Seine Werkleistung weist Mängel auf. Der Werklohn ist noch nicht vollständig bezahlt. Der Insolvenzverwalter über das Vermögen des insolventen Auftragnehmers wählte nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens „Nichterfüllung“ im Sinne von § 103 InsO. Das bedeutet, dass restliche Werkleistungen (einschließlich der Mangelbeseitigung) nicht mehr erbracht werden müssen. Dies ist der Regelfall in den meisten Bauinsolvenzen, da die Insolvenzschuldnerin meist nicht mehr über die nötigen Ressourcen verfügt, den Bauauftrag weiter zu erfüllen.

In der baurechtlichen Literatur herrschte bislang die Meinung vor, dass die Fälligkeit des Werklohns auch in diesem Fall zusätzlich zu etwaigen anderen Fälligkeitsvoraussetzungen (z.B. Vorlage einer Freistellungsbescheinigung, Stellung einer Schlussrechnung bei VOB/B-Verträgen, etc.) voraussetzt, dass bezüglich der erbrachten Leistungen eine Abnahme erfolgt.

So sahen es auch die ersten beiden Instanzen: Die Klage des Insolvenzverwalters wurde mangels Abnahme jeweils als derzeit unbegründet abgewiesen.

Was sagt der BGH?

Anders nun der Bundesgerichtshof in der Revision. Dieser gibt dem Insolvenzverwalter recht. Mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens spalte sich der Anspruch (wertmäßige Teilbarkeit vorausgesetzt) kraft Gesetzes auf: Einerseits in einen Vergütungsanspruch für den bereits erfüllten (mangelfreien) Teil der Leistung, zum anderen in einen solchen für den noch nicht erfüllten (mangelhaften) Teil. Der Vergütungsanspruch für die mangelfrei erbrachten Leistungen und den mangelfreien Teil der mangelbehafteten Teilleistungen erfordere für die Fälligkeit keine Abnahme. Auch die Gesamtleistung müsse nicht vorher abgenommen werden. Der Insolvenzverwalter könne die Vergütung insofern also sofort verlangen. Der Vergütungsanspruch für den mangelfreien Teil der mangelbehafteten Teilleistung entspreche dem auf die mangelbehaftete Teilleistung entfallenden Anteil der Gesamtvergütung abzüglich der Kosten für die Beseitigung der noch bestehenden Mängel.

Praxishinweis

Der Bundesgerichtshof befasst sich nicht mit der Frage, wie es mit den sonstigen Wirkungen einer Abnahme aussieht. Was ist zum Beispiel mit dem Gefahrübergang oder dem Beginn der Verjährungsfrist für Mängelansprüche („Gewährleistung“)?

Insolvenzverwaltern ist daher zu raten, trotz dieser Entscheidung die Erklärung der Abnahme durch den Auftraggeber zu verlangen, um diese weiteren Rechtswirkungen sicher herbeizuführen.

Der Beitrag ist zuerst erschienen im ImmobilienReport Metropolregion Rhein-Neckar, Ausgabe 194.