Dienstbarkeit begründet Anspruch auf Beseitigung eines eingeschränkten Fahrrechts!

Kann die Existenz eines Geh- und Fahrrechts nachgewiesen werden und ist dieses durch eine behördliche Nutzungsuntersagung eingeschränkt, begründet dies einen Beseitigungsanspruch.

LG Stuttgart, Urteil vom 01.08.2024 (Rechtskraft noch nicht bestätigt) – 53 O 80/24

Problem/Sachverhalt

Die Klägerin begehrte die Nutzung einer zu ihren Gunsten (bzw. einer zulasten der Beklagten) eingetragenen Grunddienstbarkeit und auf dieser Grundlage die Wiedereinräumung der Erreichbarkeit eines Teils ihres Grundstückes. Bei der Beklagten handelt es sich um eine Wohnungseigentümergemeinschaft, deren Grundstück sich neben demjenigen der Klägerin befindet. Behördlich wurde zulasten der Beklagten, d.h. im Zusammenhang mit ihrem Grundstück eine Nutzungsuntersagung für das hierauf befindliche Parkhaus ausgesprochen. Moniert wird ein fehlender Rettungsweg. Diese Nutzungsuntersagung führte dazu, dass die Klägerin das zu ihren Gunsten bzw. das zulasten der Beklagten im Grundbuch eingetragene Geh- und Fahrrecht nicht nutzen kann. Dieser Umstand hatte insgesamt zur Folge das mittels PKW das Grundstück der Klägerin und die dort befindlichen Abstellflächen nicht mehr zu erreichen sind. Für eine Erreichbarkeit ist die Klägerin auf eine Nutzung des von der Untersagung betroffenen Parkhauses der Beklagten angewiesen. Gegen diesen Zustand setzte sich die Klägerin mittels einer Klageerhebung vor dem Landgericht Stuttgart zur Wehr.

Entscheidung

Das Landgericht Stuttgart gibt der Klage statt und verurteilt die Beklagte dazu, eine Erreichbarkeit des klägerischen Grundstücks wieder herzustellen! Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein Anspruch aus § 1027 BGB iVm § 1004 Abs.1 BGB auf Beseitigung der Beeinträchtigung des zu ihren Gunsten bestehenden Geh – und Fahrrechts zu. Unerheblich ist, dass die Klägerin nur als Miteigentümerin des streitgegenständlichen Geh- und Fahrrechts begünstigt ist. So reiche eine Miteigentümerstellung für die Berufung auf § 1027 BGB iVm § 1004 Abs.1 BGB aus. Das Gericht sah insgesamt keinen Anhaltspunkt, dass die durch die behördliche Nutzungsuntersagung festzustellende Beeinträchtigung von der Klägerin hingenommen werden müsse. Eine Beseitigung der Belastung stelle mit Blick auf die Beklagte keine unbillige Belastung dar. So sind nach dem eigenen Vortrag der Beklagten die mit den erforderlichen Baumaßnahmen verbundenen Kosten in einem überschaubaren Rahmen anzusiedeln. Hinzu komme, dass entsprechende Maßnahmen auch der Beklagten selbst zugutekommen werden. Ebenso konnte die Klägerin auch konkret verlangen, dass die Nutzungsuntersagung selbst beseitigt werde. Ein Wahlrecht im Hinblick auf die Beseitigung des Störungszustand war der Beklagten nicht einzuräumen, da die von der Klägerin erstrebte Maßnahme die einzig in Betracht kommende Beseitigungsmaßnahme darstellte. Unerheblich war weiter, dass die Beklagte selbst den Verwaltungsakt nicht beseitigen können wird. So sind von ihr dennoch die Maßnahmen geschuldet, die zu einer Beseitigung der behördlichen Anordnung führen. Insoweit wäre auch nicht ausreichend, wenn die Beklagte lediglich baulichen Voraussetzungen für die Beseitigung der Nutzungsuntersagung schafft. Erforderlichenfalls müsse sich die Beklagte um eine gerichtliche Entscheidung bemühen, sollte die zuständige öffentliche Stelle an ihrer Entscheidung festhalten.

Praxishinweis

Die Entscheidung zeigt, dass eine Grunddienstbarkeit zu nennenswerten Pflichten führt. Ein hierdurch begünstigter Personenkreis muss sich nicht darauf verweisen lassen, dass hieraus resultierende Rechte nur unter erheblichem tatsächlichem und rechtlichem Aufwand wieder herstellbar sind.

Der Beitrag ist zuerst erschienen auf ibr-online.