Arglistiges Verschweigen beim Immobilienkauf

Immer wieder müssen sich Gerichte mit der Frage auseinandersetzen, ob und in welchem Umfang Verkäufer von Immobilien die potentiellen Käufer bzgl. „Problemen“ bzw. Mängeln der Immobilien aufklären müssen. Hintergrund dieser Entscheidungen ist fast stets, dass die Immobilien „gebraucht“ und „wie gesehen“ veräußert werden. Die Haftung für etwaige Mängel wird entsprechend ausgeschlossen. Wegen des Haftungsausschlusses kommt von Gesetzes wegen nur dann eine Haftung in Betracht, wenn dieser Mangel seitens des Verkäufers „arglistig“ verschwiegen wurde (§ 444 BGB). Mit dieser Thematik, wann ein „Problem“ bereits ein Mangel ist, und welche Folgen entsprechend ein Verschweigen des Verkäufers haben kann, hat sich der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 27.10.2023 (Az. V ZR 43/23) auseinandergesetzt.

Sachverhalt

Der Verkäufer veräußerte ein mit einem Einfamilienhaus und einer überdachten Terrasse bebautes Grundstück. Die Terrasse wurde zum einen von einem vom Verkäufer selbst errichteten Kunststoffdach, als auch von einem Dachüberstand des Einfamilienhauses, überdacht. In beiden Teilen der Terrasse kam es zu Eintritt von Regenwasser. Deshalb versuchte der Verkäufer bereits vor dem Kauf mehrfach erfolglos, das Kunststoffdach am Anschluss zum Traufbereich des überstehenden Hausdaches abzudichten. Ohne auf den wiederholten Regenwassereintritt sowie die versuchte Reparatur hinzuweisen, veräußerte der Verkäufer die Immobilie unter Ausschluss der Mängelhaftung. Ein Sachverständiger stellte fest, dass der Regeneintritt zwei Ursachen hatte, zum einen eine mangelhafte Abdichtung des Kunststoffdachs zur Hauswand hin und zum anderen Folienabrisse unter den Dachpfannen des Hausdachs. Die Käufer begehrten nunmehr Zahlung der erforderlichen Abdichtungskosten für das Kunststoffdach sowie den Dachüberstand. Erstinstanzlich wurden dem Käufer lediglich die Kosten für die Abdichtung des Kunststoffdaches zugesprochen.

Entscheidung des Gerichts

Der Bundesgerichtshof (Urteil vom 27.10.2023 – V ZR 43/23) entscheidet, dass der Verkäufer die Kosten für die gesamten Abdichtungsarbeiten zu zahlen hat. Der Verkäufer habe nämlich den Wassereintritt im Sinne des § 444 BGB arglistig verschwiegen. Nicht entscheidend sei die Kenntnis der Ursache des Wassereintrittes, da bereits der Wassereintritt selbst ein Mangel und nicht nur ein sogenanntes Mangelsymptom (äußerliches Merkmal des eigentlichen Mangels, auf das der Verkäufer nicht hinweisen müsste) sei.

Praxishinweis

Auch wenn die Ursache für ein vermeintliches Mangelsymptom nicht bekannt ist, sollte im Falle eines Verkaufes der Käufer vorsichtshalber auf alle ihm bekannten Mängel bzw. deren Symptome hinweisen. Denn aus juristischer Sicht kann es sich auch bei bloßen Symptomen schon um einen Mangel handeln. Zwar können bspw. Feuchtigkeitsflecken in einem alten Lagerkeller theoretisch nur Mangelsymptome sein, da diese den Gebrauch eines einfachen Kellers nicht einschränken und zur üblichen Beschaffenheit eines alten Lagerkellers gehören. Bei Wohnräumen im Keller wird es sich bei Feuchtigkeitsflecken jedoch regelmäßig um einen Mangel handeln. Da die vom BGH vorgenommen Differenzierung zwischen Mängeln und Mängelsymptomen in der Praxis nicht sicher vorzunehmen ist, sollte der Verkäufer umfassend auf alle relevanten Umstände (vermeintliche, potentielle Mangelsymptome) hinweisen. Insbesondere bei größeren Immobilientransaktionen ist es daher üblich, dem Käufer mit Hilfe eines Datenraums die dem Verkäufer zur Verfügung stehenden Informationen und Unterlagen zur eigenständigen Prüfung zu überlassen. Dennoch sollte beachtet werden, dass bei besonders relevanten (insbesondere kostenrelevanten) Themen ggf. zusätzlich ein gesonderter Hinweis erforderlich sein kann.

Der Beitrag ist zuerst erschienen im ImmobilienReport Metropolregion Rhein-Neckar, Ausgabe 182.