Rechtsprechungsänderung zu Verfall von Urlaub bei unbezahltem Sonderurlaub

Noch im Jahr 2014 ging das Bundesarbeitsgericht (Urteil vom 06.05.2014, Az: 9 AZR 678/12) davon aus, dass Urlaubsansprüche nach dem Bundesurlaubsgesetz durch die Vereinbarung von unbezahltem Sonderurlaub und dem damit verbundenen Ruhen des Arbeitsverhältnisses nicht beeinflusst werden. Als Konsequenz stand einem Arbeitnehmer, der sich das ganze Kalenderjahr in unbezahltem Urlaub befunden hatte, für dieses Kalenderjahr sein gesamter gesetzlicher Urlaubsanspruch zu. An dieser Rechtsprechung hält das Bundesarbeitsgericht in seinem Urteil vom 19. März 2019, Az: 9 AZR 315/17, nicht mehr fest.

Sachverhalt

In dem der Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalt war die Arbeitnehmerin bei der beklagten Arbeitgeberin seit 1991 zunächst in Vollzeit und in der Folge mit unterschiedlichen Wochenarbeitszeiten beschäftigt. Auf Antrag der Arbeitnehmerin gewährte ihr die Arbeitgeberin zunächst vom 01.09.2013 bis zum 31.08.2014 unbezahlten Sonderurlaub. Dieser Sonderurlaub wurde einvernehmlich bis zum 31.08.2015 verlängert.

Nachdem die Arbeitnehmerin erfolglos außergerichtlich ihre Urlaubsansprüche für die Jahre 2013 bis 2015 geltend gemacht hatte, reichte sie bei dem zuständigen Arbeitsgericht Klage auf Gewährung ihrer Urlaubstage für die Jahre 2013-2015 ein. Im Rahmen der Revision vor dem Bundesarbeitsgericht verfolgte die Arbeitnehmerin nur noch 20 Urlaubstage für das Jahr 2014.

Entscheidung

Entgegen der Ansicht des zuständigen Landesarbeitsgerichtes hatte die Arbeitgeberin vor dem Bundesarbeitsgericht Erfolg. Das Bundesarbeitsgericht verweist zunächst auf § 3 Bundesurlaubsgesetz. Danach beträgt der gesetzliche Mindesturlaubsanspruch 24 Tage bezogen auf eine 6-Tage-Woche. Bei der in Deutschland regelmäßig vereinbarten 5-Tage-Woche entspricht dies einem gesetzlichen Jahresurlaubsanspruch von 20 Tagen pro Kalenderjahr. Um für alle Arbeitnehmer einen gleichwertigen Urlaubsanspruch von vier Wochen im Kalenderjahr zu gewährleisten, ist der Urlaubsanspruch unter Berücksichtigung des für das Urlaubsjahr maßgeblichen Arbeitsrhythmus zu berechnen.

Das Bundesarbeitsgericht hat eine solche Umrechnung im Falle von unbezahltem Sonderurlaub bisweilen abgelehnt und das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses für den Anspruch auf gesetzlichen Urlaub genügen lassen. Ausweislich der veröffentlichten Pressemitteilung ist bei der Berechnung des gesetzlichen Urlaubs entgegen der bisherigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes zu berücksichtigen, dass die Arbeitsvertragsparteien ihre Hauptleistungspflichten durch Vereinbarung von unbezahltem Sonderurlaub ruhend gestellt haben. Die Suspendierung der Hauptleistungspflichten führt nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichtes dazu, dass einem Arbeitnehmer für ein Kalenderjahr, in dem er sich durchgehend in unbezahltem Sonderurlaub befindet, mangels Arbeitspflicht kein Anspruch auf Erholungsurlaub mehr zusteht.

Fazit:

Aus der Pressemitteilung lassen sich die Beweggründe dieser Rechtsprechungsänderung bislang nicht entnehmen. Das Bundesarbeitsgericht stellt aber klar fest, dass für die Berechnung des gesetzlichen Mindesturlaubs Zeiten eines unbezahlten Sonderurlaubs unberücksichtigt bleiben. Diese Entscheidung ist erfreulich, da auf Arbeitgeberseite häufig Unverständnis herrschte, warum ein Arbeitnehmer für Zeiten des unbezahlten Sonderurlaubs noch gesetzliche Urlaubsansprüche erwerben sollte. Dennoch bleibt die vollständige Begründung des Urteils abzuwarten. Bei der Gewährung von unbezahltem Sonderurlaub sollten in der Vereinbarung zukünftig Urlaubsansprüche des Arbeitnehmers bereits berücksichtigt werden, um spätere Streitigkeiten hierüber zu verhindern.