Gleicher Lohn für gleiche Arbeit – Die Reformierung des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes

Der Bundesrat verabschiedete am 03.07.2020 das Gesetz zur Umsetzung der reformierten EU-Entsenderichtlinie (RL 2018/957/EU). Nach Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt am 16.07.2020 sind die neuen Regelungen zum 30.07.2020 in Kraft getreten.

Nach der Bundestagdrucksache zum Gesetzesentwurf (BT-Drucksache 19/19371) ist Ziel der EU-Entsenderichtlinie, das Verhältnis von Dienstleistungsfreiheit und der Gewährleistung von freiem Wettbewerb auf der einen und der Rechte von entsandten Arbeitnehmern vor dem Hintergrund der Dienstleistungsfreiheit auf der anderen Seite neu auszutarieren. Anders ausgedrückt: Zielsetzung ist, ein Mehr an Schutz für entsandte Arbeitnehmer zu gewährleisten.

Dieser Beitrag gibt einen Überblick über wesentliche Änderungen.

Ausweitung der zwingend anzuwendenden Entlohnungs- und Arbeitsbedingungen

Unternehmen, die Arbeitnehmer nach Deutschland entsenden, hatten bisher die branchenspezifischen Mindestentgeltsätze zu zahlen. Die Neufassung des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes („AEntG“) sieht nicht mehr nur die Gewährung von „Mindestentgeltsätzen“ vor, sondern regelt die Einhaltung aller Entlohnungsbedingungen. § 2a AEntG in der neuen Fassung („n.F.“) definiert den Gegenstand der Entlohnung. Zur Entlohnung zählen neben der Grundvergütung nunmehr insbesondere Zulagen, Zuschläge und Gratifikationen sowie Überstundensätze. Der Arbeitgeber hat grundsätzlich alle Sach- und Geldleistungen für die geleistete Arbeit, wie beispielsweise Weihnachts- und Urlaubsgeld, auch den entsandten Arbeitnehmern zu gewähren.

Eine für die Dauer der Erbringung der Arbeitsleistung im Ausland gewährte Zulage („Entsendezulage“) kann grundsätzlich auf die Entlohnung angerechnet werden. Dies gilt nach § 2b Abs.1 AEntG n.F. jedoch nicht, soweit die Entsendezulage zur Erstattung von Kosten, die infolge der Entsendung tatsächlich entstanden sind („Entsendekosten“), gezahlt werden. Das Gesetz nennt als Entsendekosten explizit Reise-, Unterbringungs- und Verpflegungskosten.

Die Neuregelung stellt in § 2 Abs.1 Nr.5 AEntG n.F. klar, dass die normierten Mindeststandards bezüglich Sicherheit, Hygiene und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz auch auf Unterkünfte Anwendung finden, die Arbeitgeber unmittelbar oder mittelbar, entgeltlich oder unentgeltlich zur Verfügung stellen. Arbeitgeber haben mithin Sorge zu tragen, dass entsendete Arbeitnehmer nicht unter unwürdigen Bedingungen untergebracht werden.

Besonderer Schutz für langzeitentsandte Arbeitnehmer

Arbeitnehmer von einem im Ausland ansässigen Arbeitgeber, die länger als 12 Monate im Inland tätig sind, werden inländischen Arbeitnehmern nahezu vollständig gleichgestellt. Entsprechendes sieht § 13b AEntG n.F. vor. Hiervon ausgenommen sind lediglich die Verfahrens- und Formvorschriften und Bedingungen für den Abschluss oder die Beendigung des Arbeitsverhältnisses einschließlich nachvertraglicher Wettbewerbsverbote sowie die betriebliche Altersversorgung. Eine Verlängerung der Frist zur Gleichstellung, die eine Beschäftigungsdauer im Inland von mehr als 18 Monaten vorsieht, kann durch begründete Mitteilung an die zuständige Behörde der Zollverwaltung erreicht werden.

In diesem Zusammenhang ist beachtlich, dass bei der Berechnung der Beschäftigungsdauer alle Zeiten, in denen der Arbeitnehmer im Rahmen von Dienst- oder Werkverträgen im Inland beschäftigt wurde, berücksichtigt werden. Hieraus folgt für Arbeitgeber, dass Arbeitsverhältnisse mit Arbeitnehmern, die schon lange in Deutschland beschäftigt sind, mit Wirkung zum 30.07.2020 nahezu vollständig dem deutschen Arbeitsrecht unterliegen können.

Auswirkungen auf grenzüberschreitende Arbeitnehmerüberlassung

Neu geregelt wurden in § 15a AEntG n.F. dem Entleiher obliegende Unterrichtungspflichten. Bevor ein Entleiher mit Sitz im In- oder Ausland einen Leiharbeitnehmer eines im Ausland ansässigen Verleihers im Inland beschäftigt, hat er den Verleiher über die wesentlichen Arbeitsbedingungen zu unterrichten. Dies gilt für Arbeitsbedingungen, die im Betrieb des Entleihers für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers gelten, einschließlich der Entlohnung. Ausnahmen sind auch hier nur in wenigen Fällen vorgesehen.

Fazit

Sowohl Arbeitgeber im Ausland, die ihre Arbeitnehmer nach Deutschland entsenden, als auch inländische Arbeitgeber, die diese Arbeitnehmer einsetzen, haben künftig noch strengere Regeln zu beachten, um den Einsatz rechtskonform durchzuführen. Dies wird unweigerlich zu einem höheren Arbeitsaufwand auf Seiten der Arbeitgeber führen. Ebenso wird der Einsatz nur mit einem erhöhten Kostenaufwand umzusetzen sein.