Die Verwendung des Begriffs „oder gleichwertig“ wirft bekanntermaßen vergaberechtlich einige Probleme auf. Aber auch für die Haftung des Architekten ergeben sich Risiken, wie der folgende Fall zeigt: In seiner Ausschreibung für Parkettarbeiten hatte ein Architekt ein bestimmtes Parkettfabrikat benannt und dieses mit dem Zusatz „oder gleichwertig“ versehen. Das OLG Düsseldorf hatte darüber zu entscheiden, ob der Architekt in diesem Fall die Gleichwertigkeit eines anderen Parkettfabrikats, das mit Zustimmung des Auftraggebers eingebaut werden soll, prüfen muss (Urteil vom 15.02.2022 – 23 U 153/20).
Sachverhalt
Ein Wohnungsbauunternehmen (AG) beauftragte einen Architekten mit der Vollarchitektur für den Bau von Wohnungen. Für Parkettarbeiten enthielt die Ausschreibung des Architekten ein konkretes Parkettfabrikat mit dem Zusatz „oder gleichwertig“. Das Parkettverlegeunternehmen schlug die Verwendung eines anderen Fabrikats vor. Der AG stimmte dem zu, und das Parkett wurde in 53 Wohnungen verlegt. Nach dem Einzug der Mieter verformte sich dieses. Ursache hierfür war, dass das verlegte Fabrikat nur bis zu einer Oberflächentemperatur von 26 °C geeignet ist und bei Nutzung der Fußbodenheizung zu heiß wurde. Der AG wusste bereits von einem früheren Bauvorhaben von der grundsätzlichen Problematik der Temperaturbegrenzung. Der AG verklagte den Architekten auf Schadensersatz i.H.v. ca. 800.000 €.
Entscheidung
Das Gericht gab dem AG dem Grunde nach Recht. Ihm stehe ein Schadensersatzanspruch zu. Der Architekt habe eine Pflicht verletzt, da er nicht auf die Notwendigkeit einer Temperaturbegrenzung der Fußbodenheizung hingewiesen habe. Das Angebot des Parkettverlegeunternehmens, ein anderes Fabrikat zu verlege, sei zwar grundsätzlich möglich, da in der Ausschreibung auch ein dem Fabrikat „gleichwertiges“ Parkett genannt sei. Das Angebot hätte aber Anlass für den Architekten sein müssen, die Gleichwertigkeit dieses Parketts mit dem in der Ausschreibung ausdrücklich Genannten zu prüfen. Dazu gehöre – aus Sicht des Gerichts selbstverständlich und als wesentlicher Punkt – die Prüfung, ob das Parkett in gleicher Weise zur Verlegung auf einer Fußbodenheizung geeignet sei. Dass dies nur mit Begrenzung der Oberflächentemperatur der Fall sei, hätte der Architekt ermitteln und dem AG mitteilen müssen. Hierfür hätte der Architekt rechtzeitig vor Beginn der Arbeiten das Technische Datenblatt anfordern und die sich daraus ergebenden Folgerungen dem AG mitteilen müssen.
Das Gericht minderte den Schadensersatzanspruch jedoch wegen Mitverschuldens des AG und sprach diesem nur 1/3 der eingeklagten Höhe zu. Grund hierfür sei, dass der AG in der Vergangenheit Erfahrung mit der Parkettverlegung auf Fußbodenheizungen gewonnen und grundsätzlich von der notwendigen Temperaturbegrenzung gewusst habe.
Praxistipp
Die Entscheidung zeigt, welche Folge die Formulierung „oder gleichwertig“ in der Ausschreibung des Architekten für diesen haben kann. Der Architekt sollte daher bei Änderungen des angegebenen Fabrikats prüfen, ob Gleichwertigkeit vorliegt und den AG hierüber informieren. Er darf sich hierbei nicht allein auf die Aussagen des ausführenden Unternehmers verlassen, sondern muss vor Beginn der Arbeiten technische Datenblätter anfordern. Aus Beweisgründen sollte das Ergebnis der Prüfung schriftlich mitgeteilt werden.
Der Beitrag ist zuerst erschienen in Ausgabe 155 des Immobilienreports Rhein-Neckar.